Vor fast vier Jahren hatte Großbritannien angekündigt, einen Weltraumbahnhof aufbauen zu wollen. Aber dank des Brexit hat sich die Entscheidung darüber, wann und wo dieser entstehen würde, immer wieder verschoben. Nun steht es jedoch fest: Die A'Mhoine-Halbinsel im Norden Schottlands soll zum Weltraumzentrum des Vereinigten Königreichs werden. Das hatte die britische Weltraumagentur UK Space Agency verkündet. Die Küstenlage und spärliche Besiedlung bedeute ein geringes Risiko und eine vergleichsweise geringe Lärmbelästigung für Menschen und Tiere.
Mit einem Zuschuss der Regierung in Höhe von 2,8 Millionen Euro soll die lokale Entwicklungsbehörde Highlands and Islands Enterprise gemeinsam mit einem Konsortium von Investoren – zudem unter anderem Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin gehören – einen Startplatz für Raketen errichten. Der soll zumindest vorerst für kleinere Raketen ausgelegt sein. Die sollen bereits in drei Jahren Cubesats in den Orbit schießen, die als kleine Erdbeobachtungs-, Kommunikations- und Experimentalsatelliten verwendet werden. Der britische Raumbahnhof dürfte damit mit dem Launch Complex 1 des Start-ups Rocket Lab in Neuseeland vergleichbar sein.
Die Sache mit dem Brexit
Der Markt für den Start von Cubesats und anderen Schuhkarton-großen Kleinsatelliten wächst derzeit kräftig. Erst vor wenigen Jahren wurden die ersten derartigen Geräte ins All gebracht. Nicht wenige davon werden unter anderem von britischen Firmen konstruiert. Schätzungen zufolge ist der Markt für den Transport dieser Satelliten mittlerweile 289 Milliarden Euro schwer – und soll bis 2045 um das Achtfache anwachsen. Die UK Space Agency rechnet damit, dass der Raumbahnhof über die nächsten zehn Jahre dadurch bis zu zu 4,3 Milliarden Euro pro Jahr ins Land holen könnte. Allerdings warnt die britische Luft- und Raumfahrtindustrie auch, dass der Brexit den wirtschaftlichen Hoffnungen wohl einen Dämpfer versetzen wird.
Während der Raumhafen in Schottland für vertikale Raketenstarts gebaut wird, sollen anderswo noch bis zu drei Anlagen für horizontale Starts entstehen, Also Raumtransportkonzepte wie Stratolaunch,Virgin Orbit oder Virgin Galactic, bei denen Raketen und Raumschiffe zunächst per Trägerflugzeug auf Höhe gebracht und dann gezündet werden. Diese könnten an klassische Flughäfen angeschlossen werden und würden mit bis zu 2,26 Millionen Euro gefördert. Sowohl der Flughafen von Newquay in Südwestengland, der Flughafen in Glasgow Prestwick als auch das walisische Snowdonia sind derzeitig die hoffnungsvollsten Kandidaten.
Der Raketenbahnhof in Schottland wird wohl der erste seiner Art in Europa werden. Denn zwar betreibt die ESA einen Weltraumbahnhof aber der befindet sich in Französisch-Guayana. Erst kürzlich hatte Virigin Galactic gemeinsam mit italienischen Raumfahrtunternehmen angekündigt, einen Raumbahnhof in Tarent in Apulien aufzubauen, der für vertikale Starts ausgelegt sein soll und zum Flughafen Taranto-Grottaglie gehören wird.