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FAZ-Bericht: Mutmaßliches Botnetz im Umfeld der AfD

von GQ
Einem Medienbericht zufolge setzen Unbekannte ein automatisches Bot-Netz ein, um Wahlwerbung für die AfD auf Facebook zu verbreiten. Die rechtspopulistische Partei hatte im Oktober versprochen, die Technologie nicht einsetzen zu wollen – und bleibt dabei.

Norbert Pillman hat drei Gesichter. Eins gehört dem niederländischen Rechtspopulisten Gerd Wilders, eins seiner französischen Kameradin Marine LePen und eins der AfD-Chefin Frauke Petry. Nur selbst hat Pillman kein Gesicht, stattdessen prangt in seinem Facebook-Account das Logo der AfD als Profilfoto. Pillman postet regelmäßig, manchmal sogar doppelt. Seine Texte haben immer den gleichen Aufbau, ziehen ihren Inhalt von rechten Webseiten. Pillman verwaltet auch zahlreiche Facebook-Gruppen, teilt und postet tapfer, 15 Beiträge in den vergangenen 24 Stunden (Stand Mittwochmittag). Alles deutet darauf hin: Norbert Pillman ist kein echter Mensch, sondern ein Fake-Profil. Vielleicht, so legt ein Recherche von FAZ.net jetzt nahe, ist er sogar ein Bot.

Schon vorher hatten Blogger berichtet, „Norbert Pillman“ sei nur einer in einer ganzen Reihe von Account-Namen wie „Anja Bahl“, „Norbert Bill“ oder „Maik-Brain Stahl“. Laut FAZ.net gehören diese Accounts zu einem Bot-Netzwerk, mit denen Unterstützer und auch Mitglieder der AfD den Wahlkampf per Roboter begonnen haben.

Ende des vergangenen Jahres kochte das Thema „Social Bots“ erstmals in der öffentlichen Debatte hoch. Es handelt sich dabei um von Programmen gesteuerte Social-Media-Accounts, die gezielt und automatisch für eine bestimmte Sache trommeln und Zustimmung fingieren sollen. Solche Software spielte auch im Wahlkampf von Donald Trump eine Rolle, den sich die europäischen Rechten für ihre eigenen Kampagnen zum Vorbild genommen haben. Dennoch versprach die AfD im Oktober, keine Social Bots im deutschen Wahlkampf einzusetzen. Daran kommen jetzt Zweifel auf.

Viele dieser Profile innerhalb der mutmaßlichen Botgruppe verhalten sich nicht wie Menschen

FAZ.net

„Viele dieser Profile innerhalb der mutmaßlichen Bot-Gruppe verhalten sich nicht wie Menschen“, schreiben Justus Bender und Marvin Oppong in ihrem FAZ-Artikel. Auffällig sei, dass all diese Profile im Grunde keine persönlichen Informationen teilten, sondern nur mechanisch Beiträge erstellten – mit emotionaler und persönlicher Sprache haben vor allem einfache Social-Bot-Programme noch immer Probleme. Dazu komme, dass die Accounts sich vor allem gegenseitig teilen und nicht auf Diskussionen auf ihren Profilen eingehen. Freunde werden hingegen regelmäßig hinzugefügt, die Accounts „Axel Schönhaupt“ und „Susanne Lanowski“ seien schon bei der Obergrenze von 5000 angekommen, heißt es in dem Bericht.

Besagte Profile verwalten außerdem zusammen mit echten Usern zahlreiche Facebook-Gruppen, die die AfD verbal unterstützen. Auch Frauke Petry und Alice Weidel, die den Einsatz von Social Bots bestritten hatte, sind Mitglieder solcher Gruppen. Beim „AfD-FanCLUB“ gehören etwa sieben der mutmaßlichen Bots zu den Administratoren. Der direkte Kontakt zu ihnen war bisher nicht möglich.

Auf Anfrage der FAZ-Kollegen blieb die AfD bei ihrer Behauptung, nichts mit den Programmen zu tun zu haben. Die Partei benutze „selbstverständlich keine Bots und plant auch nicht, dies im anstehenden Wahlkampf zu tun. Sollten solche Bots im Namen der AfD auftauchen, so sind diese nicht autorisiert und wir würden – wie bei allen anderen möglichen Missbräuchen in unserem Namen – dagegen vorgehen“. Das kann allerdings kaum im Interesse von Petry, Gauland, Höcke und Co. sein. Selbst, wenn sie nicht involviert ist, würde sie mit Beschwerden bei Facebook wegen falscher Nutzung ihres Namens und ihrer Banner gegen die eigenen Unterstützer vorgehen.

Dazu kommt, dass die falschen Profile nicht darüber hinwegtäuschen können, dass sich Fake-Content in rechtsgesinnten Social-Media-Gruppen rasant verbreitet und es in solchen mit teils über 20.000 Mitgliedern gar keine Bots braucht, um sich Gehör zu verschaffen. Auch ein Verbot der automatischen Technologie, wie es große Teile des Bundestags fordern, ist schlicht sinnlos, allein weil die Urheber eines Bots sich kaum dingfest machen lassen.

Immerhin, auf die FAZ-Recherche hin konnte WIRED zahlreiche der mutmaßlichen Roboter-Accounts nicht mehr erreichen, und auch zahlreiche der beschriebenen Gruppen sind verschwunden. Doch Norbert Pillman ist noch da.

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