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Wissenschaftler brauchen die Blockchain

von Anna Schughart
Für manche Probleme ist die Blockchain eine gute Lösung, für andere weniger. Auch in der Forschung fragt man sich: Kann die Blockchain-Technologie die Wissenschaft verbessern?

Die Wissenschaft muss offener werden. Das fordern viele Forscher und Forscherinnen schon seit Jahren. Daten sollen geteilt, Experimente klar nachvollziehbar und der Review-Prozess der wissenschaftlichen Verlage transparenter werden – Open Science, offene Wissenschaft also. Doch bei der Umsetzung hapert es noch.

Die Blockhain-Technologie könnte das bald ändern: „Blockchain ist jetzt die Möglichkeit, alles offen zu machen“, sagt Sönke Bartling vom Thinktank „Blockchain for Science“. Denn die Blockchain, glauben einige Forscher, könnte im wissenschaftlichen Betrieb ziemlich nützlich sein. Sie kann nicht nur zur Forschung genutzt werden, sondern auch, um die wissenschaftliche Kommunikation zu verbessern.

Im Grunde ist eine Blockchain eine geteilte Datenbank, die es erlaubt, Daten sicher, verschlüsselt und mit Zeitstempel zu speichern. Das heißt: Jeder Schritt eines Experiments, eines Forschungsprojekts oder Review-Prozesses könnte darin dokumentiert werden. Das könnte viele Vorteile haben.

Zum Beispiel erfahren Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von der Arbeit ihrer Kolleginnen und Kollegen meist nur dann, wenn diese sie in einem Journal veröffentlicht haben. Medien wie Science und Nature bevorzugen dabei allerdings „geglückte“ Experimente. Doch auch wenn eine Hypothese nicht aufgeht, das Experiment nicht zeigt, was man erwartet, ist das eine Erkenntnis – die oftmals nicht das Tageslicht erblickt. Wenn alle Daten in der Blockchain gespeichert werden, ist das anders. Dann ist es auch leichter nachzuvollziehen, wer wann welche Idee hatte oder wer ein bestimmtes Experiment zuerst gemacht hat.

Auch Betrug oder das Feilen an Daten – damit sie beispielsweise ein bestimmtes Ergebnis zeigen – ließe sich so vielleicht verhindern. „Die Blockchain würde es möglich machen, dass man die Datenerhebung- und Nachbearbeitung genau beweisen kann“, sagt Bartling. „Sie macht die Daten unfälschbar.“ Wenn alle Zwischenschritte, alle Daten mit Zeitstempel versehen und gespeichert werden, wäre es auch einfacher, Forschungsergebnisse zu reproduzieren. Und auch der Peer-Review-Prozess, bei dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor der Veröffentlichung die Arbeit ihrer Kollegen und Kolleginnen unter die Lupe nehmen, könnte transparenter werden, wenn jedes Hin und Her festgehalten würde. Vielleicht würden Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen dem viel kritisierten Prozess so wieder mehr vertrauen.

Doch im Grunde würden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Blockchain vor allem als dezentrale Datenbank nutzen – und genau das wird von manchen kritisiert. Wofür eine komplizierte Blockchain bauen, wenn eine Datenbank auch ausreicht? „Wenn sie nicht absolut notwendig sind, sollte man Blockchains vermeiden“, sagt der Datenwissenschaftler Daniel Himmelstein gegenüber Physics Today. Verglichen mit zentralen Datenbanken seien sie zu ineffizient und könnten – einmal etabliert – nur schwer geändert werden.

Zudem stellt sich die Frage, ob man mit der Blockchain nicht ein Ziel anstrebt, auf dem man die erste Etappe noch gar nicht geschafft hat: Wenn Institute, Journals und auch Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sich aktuell schwierig mit dem Gedanken einer völlig offenen Wissenschaft tun, warum sollte sich das durch die Blockchain ändern?

Wegen der Token, sagt Bartling. Denn: „Dieses Mal ist auch die Forschungsfinanzierung von der Revolution betroffen.“ Er stellt sich dabei eine Art Crowdfunding über die Blockchain vor: Wer an eine Idee glaubt und in sie investieren möchte, kann den Token dazu kaufen – und hoffen, dass der Wert mit dem Fortschritt des Projekts steigt. Und während man aber beim Crowdfunding als Belohnung für seine Investition mal ein T-Shirt bekommt, habe man durch die Token später vielleicht Anteile an einem Patent oder könne sie weiter verkaufen, sagt Bartling.

Er findet auch: „Wenn es um Forschungsdaten geht, sollten wir Abstand davon nehmen, dass wir irgendeiner Firma oder einem Serviceprovider vertrauen müssen.“ Das heißt: Lieber alles dezentral in der Blockchain speichern, als fürchten zu müssen, dass eine dritte Partei vielleicht Forschungsergebnisse unterschlägt.

Mit „Blockchain for Science“ organisiert Bartling deshalb Konferenzen und Events, bei denen die verschiedenen Projekte, die es bereits gibt, zusammen kommen können. Im November findet die erste internationale „Blockchain for Science“-Konferenz in Berlin statt. Bartling ist sich sicher: Auch wenn es vielleicht ein langer Prozess wird, irgendwann werde die Blockchain auch in der Forschung ankommen.

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