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Was die WiFi-Entscheidung der EU für Deutschland bedeutet

von Helena Kaschel
Lange gab es keine Rechtssicherheit für freies WLAN in Deutschland. Es ging um offene Fragen wie: Wer haftet eigentlich bei einem illegale Download über ein offenes Netz? Jetzt hat der Europäische Gerichtshof entschieden: Private Anbieter von WiFi-Hotspots in Deutschland müssen für Rechtsverletzungen von Nutzern grundsätzlich nicht haften – mit einer Einschränkung. Ähnlich handhabt das die EU in ihren Plänen, WiFi in bis zu 8000 europäische Städte zu bringen.

Bruttoinlandsprodukt, Arbeitslosenquote, Krankenversorgung: Im EU-Vergleich schneidet die Bundesrepublik oft gut ab. Beim Thema freies WLAN sieht das ganz anders aus. In der Internet-Wüste Deutschland ist die Abdeckung mit offenem WLAN deutlich schlechter als in anderen europäischen Ländern.

Ein Grund dafür ist die Rechtslage. Bisher galt die so genannte Störerhaftung: Wer ein offenes WLAN-Netz betreibt, muss unter Umständen für Rechtsverletzungen durch Nutzer haften. Konkret heißt das: Nutzt jemand das freie WLAN, um zum Beispiel illegal Serien zu streamen, wird nicht der Nutzer abgemahnt, sondern der Anbieter des Hotspots. Im Mai 2016 einigte sich die Große Koalition darauf, die Störerhaftung abzuschaffen.

Auch der Europäische Gerichtshof hat sich mit der Problematik beschäftigt – und jetzt ein Grundsatzurteil zur WLAN-Störerhaftung in Deutschland gefällt. Im verhandelten Fall klagte der Piratenpolitiker Tobias McFadden 2015 vor dem Münchner Landgericht gegen den Musik-Giganten Sony. Das Unternehmen forderte von McFadden eine Geldstrafe von rund 800 Euro, weil ein Nutzer über ein von ihm betriebenes freies WLAN-Netz illegal Musik heruntergeladen haben soll. Der Streit landete vor dem EuGH, dessen Generalanwalt sich im März für eine Abschaffung der Störerhaftung ausgesprochen hatte.

Jetzt hat das Gericht entschieden: Private Anbieter von offenen WLAN-Netzen in Deutschland müssen grundsätzlich nicht für Rechtsverletzungen von Nutzern haften. Für McFadden und Hotspot-Anbieter in ganz Europa zumindest ein Teilerfolg.

Eine Einschränkung gibt dann aber doch: Wird ein offenes WLAN mehrfach für illegale Downloads benutzt, muss es vom Betreiber passwortgeschützt werden. Julia Reda, die für die Piratenpartei im Europaparlament kämpft, kritisiert deshalb die Entscheidung des EuGH: „Das kann nicht nur Privatpersonen treffen, sondern auch kommerzielle oder von öffentlicher Hand betriebene Access Points, wie die Kommission sie nun fördern will – doch das steht den erklärten Zielen der Aktion entgegen.”

Mit der Aktion meint Reda die Pläne der Europäischen Union: Sie hat verkündet, bis 2020 in allen europäischen Städten kostenloses WiFi zur Verfügung zu stellen. „Wir müssen verbunden sein,“ sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einer Rede am Mittwoch. „Unsere Wirtschaft braucht es. Menschen brauchen es. Und wir müssen jetzt in diese Verbindungsfähigkeit investieren.”

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Dazu sollen alle großen sozioökonomischen Treiber wie Schulen, Universitäten, Forschungsstätten und Verkehrsknotenpunkte Zugang zu Verbindung im Gigabit-Bereich haben. Darüber hinaus, öffentliche Dienste wie Krankenhäuser, Verwaltungsbehörden und Unternehmen, die sich auf digitale Technologien verlassen. Außerdem soll an einem Plan gearbeitet werden, high-speed 5G mobiles Internet bis 2020 verfügbar zu machen. Alle Stadtgebiete, große Straßen und Schienenbahnen sollen über 5G-Netz verfügen. Dazu kommen WiFi4EU-Spots.

Städte und Gemeinden, die an den Hotspot-Plänen interessiert sind, bekommen die finanziellen Mittel zur Realisierung, müssen aber nachweisen, dass keine Konkurrenz mit bereits existierenden privaten oder öffentlichen WiFi-Angeboten besteht. Öffentliche Einrichtungen sollen dann den Betrieb übernehmen. Die Frage zur Rechtsverletzung wäre dann geklärt: Die Anbieter des WiFi-Service wären zwar verantwortlich für die aufkommenden Kosten, nicht aber für die Inhalte, die sie mit der Internetverbindung überliefern. 120 Millionen Euro möchte die EU investieren, um ihre Pläne zu realisieren und die technische Ausstattung sowie Installation der WiFi4EU-Hotspots möglich zu machen. 

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