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Nackt im Wald nur mit dem Wissen aus Wikipedia überleben? Ein Film fragt, ob das wirklich geht

von Dominik Schönleben
Wikipedia ist zum Symbol für etwas geworden, das im Internet selbstverständlich ist: Fremde stellen einander Wissen zur Verfügung, geben sich Rat und schaffen ein riesiges Archiv an Informationen. Yahoo Answers, FragMutti oder Chefkoch.de — alle sind nur Beispiele für den kollektiven Wissensaustausch im Netz. Wer mit dem Internet verbunden ist, ist mit der Welt verbunden. Doch kann man auch einen Schritt weiter gehen? Die beiden französischen Künstler Stéphane Degoutin und Gwenola Wagon versuchen diese Frage mit ihrem Film „World Brain“ zu beantworten.

Gezeigt wurde der Film zum ersten Mal auf der transmediale 2015. WIRED Germany sprach mit Stéphan Degoutin, der in „World Brain“ seine Vision vom Internet der Zukunft zeichnet. 

WIRED: Im Film sieht man Menschen, die in den Wald gehen und versuchen dort nur mit Wikipedia zu überleben. Sind diese Szenen dokumentarisch oder fiktiv?
Stéphan Degoutin: Teils, teils. Wir haben Menschen gefunden, die Interesse daran hatten für dieses Experiment im Wald zu leben. Wir brachten sie zusammen und ließen sie im Wald schlafen. Es war einerseits gescripted, aber andererseits real. Zum Beispiel, wenn sie im Film Feuer machen, dann gelingt ihnen das wirklich — deshalb sind sie so begeistert. Sie haben das aus Wikipedia gelernt. Die Idee ist, dass sie von der Stadt in den Wald kommen, um das Feuer neu zu entdecken. Und am Ende sind sie nackt und mit dieser grünen Paste bedeckt. Das ist ziemlich seltsam.

WIRED: Was soll das bedeuten?
Degoutin: Sie lassen nach und nach los von allem außer ihren Verbindungen. Das ist weit weg von unserem heutigen Internet. Eine physische Verbindung mit den Pflanzen, den Bäumen und anderen Menschen. Es ist eine Gruppe von Forschern, die verrückt sind und etwas völlig Neues schaffen wollen.

WIRED: Kann man also draußen in der Natur überleben, nackt, nur mit dem Wissen aus dem Internet?
Degoutin: Ich würde es nicht überleben.

WIRED: Aber ist es möglich?
Degoutin: Ja, aber eigentlich ist es eine Metapher. Die Frage ist nicht, ob wir es heute könnten. Man muss sich stattdessen ein System wie Google Glass vorstellen. Du gehst nackt hinaus in die Wildnis und bekommst kontextbasierende Informationen eingespielt. Das System könnte dann von anderen Menschen im Wald und von Menschen an anderen Orten lernen. Wir würden ein sich selbst verbesserndes System des Wissens schaffen. So könntest du lernen, Feuer zu machen oder Nahrung und Unterschlupf finden.

WIRED: Ist das nicht genau so, wie wir schon das Internet nutzen? Wenn ich ein Problem habe, wenn ich zum Beispiel nicht weiß, wie ich meine Waschmaschine installieren muss, dann gehe ich online und finde jemanden, der es mir auf YouTube oder in einem Forum erklärt.
Degoutin: Ja, das ist exakt die Art und Weise, wie wir das Netz heute nutzen. Aber anstatt Werkzeuge wie YouTube zu verwenden, würden wir in meiner Version mit dem Netz zurück zur Natur gehen.

WIRED: Sprichst du dabei vom Internet of Interior, das in Kontrast zu unserem Internet of Things steht?
Degoutin: Wenn man sich heute mit dem Internet verbinden will, muss man das bewusst tun. Würde man Neuronen direkt verbinden, wäre das nicht mehr nötig. Du könntest deine Sinne mit denen von anderen Menschen vernetzen und mit der Menschheit verschmelzen.

WIRED: Ist diese Verschmelzung das „World Brain“?
Degoutin: Es gibt zwei Arten, die Grenzen des Gehirns zu überschreiten. Eine geht nach außen, das Gehirn wird in Datenbanken externalisiert. Riesige Informationsmengen werden miteinander verknüpft. Der andere Ansatz ist es, Gehirne zu verbinden. Wenn man beide Grenzen überschreitet, dann schafft man nicht nur eine Art Superhirn, sondern eine eigene Super-Identität, die ein eigenes Bewusstsein besitzt. 

Den kompletten Film gibt es unter worldbrain.arte.tv zu sehen.

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