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Zehn Jahre Hashtag sind genug!

von Johnny Haeusler
Herzlichen Glückwunsch #Hashtag! Alle Welt feiert das zehnjährige Bestehen der Raute, die sich vom Twitter-Kniff zum kulturellen Netzphänomen entwickelte. Nicht so unser Kolumnist Johnny Haeusler. 

Der Hashtag wird zehn Jahre alt und kein Medium lässt es sich nehmen, darauf hinzuweisen (so auch WIRED Germany). Wer hat’s das erste Mal verwendet; wie viele Hashtags werden pro Tag genutzt; heißt es nun „der“ oder „das“; wie nutze ich Hashtags richtig …? Hashtag Sommerloch. 

Und nun auch noch ich. Hashtag Nachmacher. 

Reden wir doch mal über die Schattenseiten. Nachdem uns die Werbeindustrie jahrelang mit der Nutzung des “@„ als Symbol für „Guckt mal, wir haben Internet!“ genervt und sogar URLs damit versehen hatte, setzte sich mit nur neunjähriger Verzögerung das „#“ als Symbol für „Guckt mal, wir haben auch Social Media!“ durch. Gerne mit Leerzeichen verwendet, also falsch, und am liebsten auf Facebook, wo Hashtags eine ebenso große Rolle spielen wie Nachdenken vor dem Teilen einer Meldung. Also keine. Hashtag Zielgruppenverfehlung. 

Es gilt die alte Faustregel: Sobald Marketingagenturen etwas für die Werbung entdeckt haben, darf man es selbst unter keinen Umständen mehr verwenden oder gut finden. Das schmerzt manchmal, zumal Hashtags zur Verschlagwortung von Inhalten (nichts anderes sind sie ja) eigentlich sehr praktisch sind, ganz besonders bei akutem Platzmangel wie bei Twitter. Aber da muss man durch. Denn wer will schon Leser*innen, Friends oder Follower, denen man den Bezug eines Satzes mit einem Hashtag erklären muss? Wo bleibt da die Subtilität, die Magie, der Raum für Eigeninterpretation? Wenn es sogar für die Tatsache, dass man etwas oder jemanden explizit NICHT erwähnt, einen eigenen Hashtag braucht (nonmention) … dann haben wir unsere Kommunikation endgültig an Buchhalter abgegeben. Hashtag langweilig, Hashtag unkreativ. 

Überhaupt, diese konstante Ernsthaftigkeit im Internet. Das Spiel mit absichtlich irreführenden oder albernen Hashtags beherrschen nur wenige, dafür erobern sich Instagram-Kids mit endlosen Hashtag-Reihen Follower- und Like-Zahlen, für die manche Marken viel Geld bezahlen. Es gibt eigene Apps für Instagram-Hashtags, welche tagesaktuell die derzeit erfolgreichsten Hashtags listen, damit man diese in seine eigenen Posts kopieren kann, um mehr Likes zu erhalten. Hashtags auf Instagram sind eine eigene Währung – und sie funktionieren. Solange einem völlig egal ist, warum jemand ein Foto mag und auch, ob er oder sie es wirklich mag.

Probiert es aus, veröffentlicht das Foto eines sein Geschäft verrichtenden Hundes mit dem Hashtag „totaleclipse“ und ich garantiere ungeahnte Like-Zahlen. Packt ihr noch den Hashtag „likeforlike“ hinzu, vergesst danach nicht, ein Foto derer zu herzen, die eures geklickt haben, und schon bald flattern euch Angebote für die neue Influencer-Kampagne eines Deorollers für Hamster ins Haus. Hashtag ihrspinntdochalle. 

Der Mechanik der letzten 20 Internet-Jahre folgend müsste uns im Herbst eine Flut von Buchveröffentlichungen bevorstehen. „Erfolgreich im Internet mit Hashtags – so geht‘s!“; „Hashtags ganz einfach selbst programmieren“; „Die 1000 lustigsten Hashtags“; „Der eigene Hashtag – Strategien und Praxistipps“. Es folgen abendliche Lesungen der besten Hashtagger auf der re:publica und der „Deutsche Hashtag-Award“, vergeben im Rahmen des Grimme-Online-Awards, Sponsoring von W&V. Dann ist es vorbei. Und es kommt etwas Neues. Hashtag zehnjahresindgenug!

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