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re:publica / „Wenn ein KI Kunst erzeugt, ist immer der Programmierer der Künstler“

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Ob Googles Deep Dream oder Projekte wie The Next Rembrandt – neuronale Netze und lernfähige Algorithmen kreieren erstaunliche Kunstwerke. Aber wer hat eigentlich das Urheberrecht an Kunst, die von Künstlichen Intelligenzen generiert wird? Das hat WIRED den britischen Juristen, Wissenschaftler und Copyright-Experten Andres Guadamuz gefragt, der am Mittwoch auf der re:publica in Berlin spricht.

Als Google im vergangenen Jahr sein neuronales Netz Deep Dream vorstellte, war die Aufregung groß: Ein künstliches Gehirn, das wie ein Mensch denkt und im Schlaf bizarre Kreationen träumt, das gab es in dieser Form davor noch nicht.

Auch andere Projekte zeigen, wie uns Künstliche Intelligenzen den Rang als Erzeuger von Kunst ablaufen können: Beim Visual Turing Test des Tübinger Unternehmens DeepArt etwa gilt es zu erkennen, ob ein Mensch oder ein Computer ein Bild gemalt hat – was den Betrachter vor eine schwierige Aufgabe stellt.

Und jüngst machte das Projekt The Next Rembrandt, eine Kooperation zwischen Microsoft, der TU Delft, den Museen Mauritshuis (Den Haag) und Rembrandthuis (Amsterdam) sowie der holländischen Großbank ING, auf sich aufmerksam: Hier wird mithilfe eines eigens kreierten Algorithmus und eines aufwändigen 3D-Druck-Verfahrens der niederländische Künstler Rembrandt verblüffend originalgetreu nachgeahmt.

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Es drängt sich die Frage auf: Werden menschliche Künstler bald vollständig durch Maschinen ersetzt? „Nein, das glaube ich nicht“, sagt Andres Guadamuz im Gespräch mit WIRED. „Auch wenn es immer mehr von Künstlichen Intelligenzen kreierte Kunst gibt, der Mensch wird nie aufhören, künstlerisch und kreativ tätig zu sein. Kann er gar nicht“, glaubt Guadamuz, der als Dozent an der Universität Sussex arbeitet und wissenschaftlicher Mitarbeiter der CREATe ist, ein Zentrum für Copyright und neue Geschäftsmodelle in der Creative Economy.

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Allerdings sei es spannend, dass heutige KI-Künstler im Gegensatz zu früher die Fähigkeit besäßen, menschliches Denken nachzuahmen. Schon der Philosoph und Computerkunst-Pionier Desmond Paul Henry in den 1960er Jahren, die seit 1973 stetig weiterentwickelte Software AARON oder Experimente in den 90ern hätten demonstriert, wie Maschinen Kunst erschaffen können. „Doch was wir heute erleben, ist der Beginn eines völlig neuen Zeitalters: Computer fangen an, künstlerische Entscheidungen zu treffen, basierend auf neuronalen Netzen und maschinellem Lernen“, sagt Guadamuz.

Für ihn stellt sich gar nicht erst die Frage, ob es sich bei den Kreationen von Deep Dream und Co. um Kunst im klassischen Sinne handelt. „Es stellt auf jeden Fall eine Form von Kunst dar, ob sie nun hochwertig ist oder nicht. Die Frage ist doch aber vielmehr: Wer ist der Künstler?“. In diesem Punkt vertritt Guadamuz, der neben seinen Lehr- und Forschungstätigkeiten die World Intellectual Property Organization berät, in den vergangenen Jahren vielfach mit der Non-Profit-Organisation Creative Commons zusammengearbeitet und zwei Bücher veröffentlicht hat, eine klare Meinung. „Wenn ein KI Kunst erzeugt, ist immer der Programmierer der Künstler.“ Er sei sich jedoch nicht sicher, ob man in einigen Jahren womöglich anders darüber denke, sobald Maschinen anfingen, noch komplexere Entscheidungen zu fällen.

Ein Problem sei dabei zudem, dass es noch keine einheitliche Gesetzgebung gebe, was das Urheberrecht von digitaler Kunst betrifft. „Das Gesetz in Großbritannien ist einzigartig in dem Sinne, dass hier festgelegt ist, dass der Entwickler der Software die Rechte am von der KI generierten Kunstwerk hält“, sagt Guadamuz. Die USA hingegen habe eine sehr hohe Schwelle, wenn es darum gehe, ob ein Originalwerk unter das Urheberrecht fällt. „Hier kann es durchaus möglich sein, dass computergenerierte Kunst nicht geschützt ist.“

In Europa wiederum sei innerhalb der Gesetzgebung festgelegt, dass ein Kunstwerk die Persönlichkeit des Schöpfers reflektieren müsse. „Maschinelle Kunst wie das Rembrandt-Projekt oder die Deep-Dream-Bilder entsprechen diesem Standard vermutlich nicht“, sagt Guadamuz. Ihm seien zwar trotz intensiver Recherche keine Fälle bekannt, in denen es um Copyright-Verletzungen hinsichtlich von Künstlichen Intelligenzen erzeugter Kunst gehe, das Gesetz müsse in dieser Hinsicht aber dringend vereinheitlicht werden.

„Noch sind sich KI-Kunst und Urhebergesetz nicht in die Quere gekommen. Das liegt aber vor allem daran, dass diese Art von Kunst bislang nicht sonderlich weit verbreitet ist“, sagt der Copyright-Experte. „Doch eines Tages wird sich das ändern, und dann müssen wir darauf vorbereitet sein.“

Andres Guadamuz beschäftigt sich auf der re:publica mit der Frage „Do androids dream of electric copyright?“ (Mittwoch, 4. Mai 2016, 15:30 bis 16:00 Uhr). Auf seinem Blog TechnoLlama schreibt er regelmäßig über Techlaw-Themen.

Die re:publica findet vom 2. bis 4. Mai 2016 in Berlin statt. Die WIRED-Berichterstattung zur Konferenz findet ihr hier

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