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Diese Totenmasken passen auch einem Alien

von Cindy Michel
Der Moment des letzten Atemzugs für immer konserviert – daran arbeitet die Mediated Matter Group vom MIT. Das Ergebnis: außerirdisch schöne Totenmasken aus dem 3D-Drucker.

„Man sagt, dass sich in jedem Lufthauch auch dieselben Moleküle finden, die schon Jesus, Kleopatra oder Cäsar im Moment ihres Todes ausgeatmet haben“, schreibt die Designerin und Wissenschaftlerin Neri Oxman. „Auf eine wissenschaftlich physikalische Art und Weise leben wir also mit den Geistern und sie mit uns.“

Diese Überlegung inspirierte die Leiterin der Mediated Matter Group am MIT zu ihrem Prokekt Vespers. Oxman generiert Totenmasken aus dem 3D-Drucker und eröffnet so mithilfe aktueller Technologien neue Interpretationsansätze eines uralten Phänomens: der Übergang zwischen Leben und Tod.

Am Anfang schuf Oxman die Lufturne Lazarus. Dieses Stück aus dem 3D-Drucker war der Beginn der Vespers-Serie. Mit bekannten Totenmasken wie der gipsernen von Napoleon Bonaparte oder der goldenen des Pharaos Tutanchamun haben ihre Exemplare aus dem Labor wenig gemein. Während die Menschen früher darauf bedacht waren, die Masken realitätsnah darzustellen, ähneln die der MIT-Wissenschaftler eher dem Film-Alien, das der Künstler HR Giger einst für Ridley Scott kreierte.

In ihrer Schale sind nicht nur die Gesichtszüge des Trägers eingearbeitet, sondern auch sein letzter Atemzug. Um dies zu realisieren, nutzte das Team um Oxman Modellierungssoftware aus der Fluiddynamik, einem Teilgebiet der Strömungslehre, das sich mit Flüssigkeiten und Gasen beschäftigt. Außerdem kamen farbige, lichtdurchlässige Harze als 3D-Druckmaterial und einen Multi-Material 3D-Drucker zum Einsatz.

Um den speziellen Look der Masken zu kreieren, teilte das Team jede in ein Außen und ein Innen. Mithilfe eines Algorithmus, der symmetrische Strukturen von historischer und kultureller Signifikanz wie etwa Architektur oder Handwerkskunst imitieren soll, entwarfen die Wissenschaftler die Hülle. Die kräftigen Farben, die die Masken fast schon zu illuminieren scheinen, haben allesamt maßgebliche Bedeutungen in den Religionen der Welt.

Den letzten Lebenshauch manifestierten die Designer in Form von kleinen und großen, mal langgezogenen und mal gestauchten Wirbeln im Inneren der Maske. Dafür untersuchten sie die Strömung menschlichen Atems in einem geschlossen Raum: „Der Hauch wird durch ein sogenanntes Geschwindigkeitsfeld geführt, wie man es aus dem Wetterbericht im Fernsehen kennt“, erklärt der MIT-Forscher Christoph Bader gegenüber WIRED US. Um den Atem noch zu personalisieren, stimmte das Team Dichte und Durchlässigkeit auf die Konturen des Formgeber ab.

Die Gesichtszüge in den Masken sind fiktiv: „Jede repräsentiert einen imaginären Märtyrer, der sich gerade in einer Metamorphose befindet – vom Lebenden zum Toten oder eben vom Toten zum Lebenden“, schreibt Oxman. Die Vespers-Serie soll sich einmal in drei Teile – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – gliedern mit jeweils fünf Masken. Bisher existiert lediglich der zweite Teil, die Gegenwart. Sie soll den Übergang zwischen Leben und Tod veranschaulichen und diesen Moment der Transzendenz für immer einfrieren.

Während sich die Vergangenheit mit der Totenmaske als Relikt vergangener Kulturen beschäftigt, will die Zukunft wieder an den alles entscheidenden Zyklus anknüpfen und die Masken der Toten mit Leben füllen. „Das Leben soll rekonstruiert werden, indem wir Mikroorganismen durch die Maske leiten“, berichtet Oxman von ihren Plänen für den dritten und letzten Teil des Projekts.

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