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Neues vom Admin / Erst denken, dann sharen!

von Armin Hempel
Nichts verbreitet sich schneller als Dummheit. Unser Admin hätte vor Kurzem fast einen Hoax bei Facebook geteilt und fragt sich nun, was Falschmeldungen in sozialen Netzen eigentlich so faszinierend macht.

Als ich gestern in einer Pokémon-Pause gedankenverloren durch Facebook scrollte, mogelte sich ein nachdenklich wirkender, junger Donald Trump in meinen News Feed. Er wurde zitiert mit:

„If I were to run, I’d run as a Republican. They’re the dumbest group of voters in the country. They believe anything on Fox News. I could lie and they’d still eat it up. I bet my numbers would be terrific.“

Unterzeichnet ist das mit einer großen Portion Sepia-Authentizität aufgepumpte Foto mit: Donald Trump, People Magazine, 1998.

Mein Finger schwebte bereits über dem Like-Button, ich wollte das Bild sogar teilen. Denn das Trump-Zitat schien glaubhaft und gerade so passend zum Nominierungsparteitag. Es wirkte wie die letzte Chance, um den Trump-Anhängern noch einmal vor Augen zu führen, wie sehr der Präsidentschaftskandidat sie als dummes Stimmvieh missbraucht und was er wirklich von ihnen hält.

Doch dann zögerte ich kurz und gab das Zitat nochmal bei Google ein, um sofort auf unzählige Hoax-Warnungen zu stoßen. Also kommentierte ich das Posting mit einem knappen und etwas belehrend klingenden „Hoax!“, um andere Facebook-Nutzer vom Weiterverbreiten abzuhalten. Und ärgerte mich – denn fast wäre ich selbst drauf reingefallen und hätte diesen Quatsch weiterverbreitet.

Soziale Netzwerke sind der ideale Nährboden für Hoaxes. Nie war es leichter, hunderten von Menschen die gleiche Lüge ohne jegliche Angst vor Konsequenzen aufzutischen. Und nie breiteten sich Falschmeldungen im Netz schneller aus als in diesen Tagen. Immer, wenn ich auf ein solches Posting stoße, frage ich mich, wie man dazu kommt, solchen offensichtlichen Schwachsinn weiterzuverbreiten. Warum hinterfragen die notorischen Sharer nicht, ob es sich vielleicht um eine Ente oder gar eine glatte Lüge handeln könnte?

Wie kann man sich so leichtgläubig davon überzeugen lassen, dass Facebook ab nächsten Monat plötzlich Geld verlangen könnte oder bald einen Dislike-Button einführen wird? Glauben wir das alles, weil es uns plausibel erscheint? Weil wir uns insgeheim wünschen, dass er wahr ist? Oder doch nur, weil wir einfach alles glauben, was irgendwo steht?

Wie die drei Jugendlichen auf einem Parkplatz in Mecklenburg-Vorpommern, die offenbar genau das tun: alles glauben, was irgendwo steht. Eine von ihnen erzählt dem NDR die Geschichte von einem Mädchen, dass wohl „von so einem Flüchtling vergewaltigt“ wurde. Darauf ergänzt ihre Freundin: „Eine Fünfjährige wurde gegessen. Lebendig. Vom Flüchtling.“ Ursprung der Geschichte ist nicht – wie sonst so häufig – eine schamlose Lüge, sondern ein Postillon-Artikel mit der Überschrift „Flüchtling renkt seinen Unterkiefer aus und verspeist blondes deutsches Kind bei lebendigem Leib“.

Klar, kein Mensch ist in der Lage, seinen Unterkiefer auszurenken und dann ein Kind bei lebendigem Leibe im Supermarkt zu verspeisen. Trotzdem muss sich der Artikel irgendwann von klar erkennbarer Satire zu einer Urban Legend weiterentwickelt haben – zur modernen Version der Spinne in der Yucca-Palme, befördert durch die unterschwellige Angst, dass doch was dran sein könnte.

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Diese Angst, kombiniert mit einer Prise allgemeiner Leichtgläubigkeit, ist für Hoaxes und Lügengeschichten der perfekte Dünger. Ob es sich dann um das Ende der deutschen Weihnachtsmärkte oder um Lügengeschichten über vergewaltigende und mordende Geflüchtete dreht – Furcht vor Überfremdung ist ein schlechter Ratgeber beim Klick auf den Share-Button.

Wir glauben gern an alles, was wir uns wünschen – und teilen es

Natürlich durchschaut jeder, der nicht mit dem Klammerbeutel gepudert ist, sofort derlei Geschichten und wird sie auch nicht weiter verbreiten. Gefährlich wird es aber dann, wenn sich für selbst für ausgesprochen reflektierte und gebildete Menschen nicht mehr mit Sicherheit sagen lässt, was wahr und was falsch ist. Mit Bravour demonstriert hat das Jan Böhmermann mit dem Grimme-prämierten Varoufake. Über Tage war die versammelte Medienkompetenz des Landes nicht in der Lage, zu entscheiden, ob es sich beim ausgestreckten Mittelfinger des griechischen Finanzministers um eine Videomanipulation oder um eine wahre Begebenheit handelte. Böhmermann hat uns erinnert: Wir glauben gern an alles, was wir uns wünschen. Und wir teilen es. Ob es sich um den Glauben an Homöopathie, an religiöse Heilsversprechen oder an das Perpetuum mobile handelt, spielt dabei keine Rolle.

Man sagt, dass Glück das einzige ist, was sich verdoppelt, wenn man es teilt. Leider trifft das ebenso auf jeden Facebook-Hoax zu. Besonders, wenn es sich um Meldungen handelt, die Rassismus, Sexismus und andere ausgrenzende und herabsetzende Inhalte befördern, müssen wir alle einen Gang zurückschalten und mindestens kurz prüfen, was wir liken oder teilen. Denn Googlen kostet nichts, aber das Weiterverbreiten von Unsinn kann Schäden anrichten, die niemals wieder gutzumachen sind. 

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