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Bye Bye, eBay. Hello, Facebook Marketplace!

von Johnny Haeusler
Dass Facebook sehr genau auf das Verhalten seiner Nutzer*innen schaut, ist oft ein Fluch und manchmal ein Segen. In erster Linie ist es aber ein Zeichen von Geschäftssinn, wie der neue Facebook Marketplace zeigt, meint unser Kolumnist.

Mehr als 450 Millionen Menschen treiben nach Beobachtung von Facebook privaten Handel auf seinem sozialen Netzwerk. In selbstorganisierten Gruppen wird von Videogames bis zu Wandschränken all das fleißig ge- und verkauft, was eben so anfällt. Für diesen privaten Handel ist der ehemalige Platzhirsch eBay vielen digitalen Flohmarktgängern zu kommerziell geworden. Und der Versuch, darauf mit dem eigenen Portal eBay Kleinanzeigen zu reagieren, scheint ebenso mittelprächtig zu funktionieren wie die Versuche der zahlreichen neuen Anbieter, die den schnellen An- und Verkauf für Privatpersonen vereinfachen wollen.

Kein Wunder, dass die privaten Händler zu Facebook gehen. Viele Menschen sind eben längst dort (einige leider ausschließlich) und so haben sie die Sache mithilfe von Gruppen in den letzten Jahren selbst in die Hand genommen.

Facebook reagiert darauf nun mit Facebook Marketplace, einer zusätzlichen Funktion der Site und der Facebook-Apps, die es Nutzerinnen und Nutzern einfacher machen soll, den privaten An- und Verkauf abzuwickeln. Interessierte können Waren anbieten und Angebote Dritter nach Standort, Preis und Kategorien durchsuchen. Jedes Angebot lässt sich mit Fotos und Beschreibungen detaillierter darstellen und potentielle Käuferinnen oder Käufer können sich Waren vor dem Kauf „merken“. Die Kaufabwicklung selbst findet dann über Direktnachrichten statt. Facebook hält sich aus dem finalen Geschäft und den Lieferungen (noch?) komplett raus, wahrscheinlich, um Ärger bei Versicherungsfällen, Betrug und Versand zu vermeiden.

Die genaue Beobachtung des Verhaltens der eigenen Kundschaft ist bei Facebook oft Fluch, manchmal Segen, wie in diesem Fall zu sehen aber vor allem klug und geschäftstüchtig. Menschen, die Facebook kennen, werden kaum Eingewöhnungszeit für Marketplace brauchen, sie benötigen keinen zusätzlichen Login, kein weiteres Passwort und sie verpassen keine Anfrage, wenn sie ohnehin den halben Tag auf der blauweißen Website verbringen. Wir haben Facebook gelernt, also können wir auch Marketplace.

Und es wird wohl nicht lange dauern, bis Facebook mit dem generell kostenlosen Zusatzangebot auch ordentliche Zusatzeinnahmen macht. Zum einen ist da die Option, die Suchergebnisse der Marketplace-User auszuwerten, was den Werbekunden dann als weiteres Targeting-Merkmal angeboten und somit monetarisiert werden kann. Und zum anderen hat Facebook die Möglichkeit, in naher Zukunft auch Privatanbieter zu Facebook-Werbekunden zu machen. Denn wer sein Rennrad in Berlin-Mitte nach einer Woche immer noch nicht losgeworden ist, könnte bereit sein, ein paar Euro für höhere Aufmerksamkeit bei den potentiellen Käufern auszugeben.

Und so haben wir mit Marketplace mal wieder einen dieser Facebook-Schachzüge, für die man bei aller oft berechtigten Kritik am Unternehmen auch Respekt haben kann. Und die ob der schieren Marktmacht der Kalifornier das Potenzial haben, ganze Märkte neu zu definieren.

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