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Test: Das ist kein Auspuff, sondern eine Musik-Box von Porsche Design

von Bernd Skischally
Schwerer und opulenter als das Modell von Porsche Design ist derzeit keine Soundbar. Sie wiegt fast 20 Kilogramm und heißt schlicht „911“ – die Typnummer des legendären Sportwagens von Porsche. Doch was bringt so eine Monster-Box im Wohnzimmer? WIRED-Redakteur Bernd Skischally hat den Bass-Test gemacht.

Eigentlich sind die Hersteller seit Jahren aus gutem Grund bemüht, neue Soundbars möglichst schlicht, leicht und platzsparend zu designen. Die multifunktionalen Musikboxen sollen sich schließlich flexibel verschiedensten Räumlichkeiten und Interieur-Stilen anpassen. Sich nicht aufdrängen, sondern zweckdienlich unterordnen. Die 911 Soundbar von Porsche Design bollert dererlei Devotion mit einem wanderschütternden Tiefbass zur Seite. Bei ausgereiztem Subwoofer vergisst man tatsächlich kurz, dass man eben noch kopfschüttelnd vor diesem rostig-metallenen Monstrum stand und sich mit einer Portion Fremdscham über dessen Prolligkeit geärgert hat. Doch der Reihe nach.

Auch wenn das Erscheinungsbild die Kreativität anregt, alternative Einsatzmöglichkeiten zu suchen: die 911 Soundbar ist am Ende auch nur ein 2.1-Bluetooth-Musiksystem mit Virtual-Surround-Boxen. Kein BBQ-Smoker. Kein Ersatzteil zum Motor-Tuning. Kein alternativer Sportauspuff zum Pimpen des Autohecks. Auch wenn Letzteres dem Design-Ursprung am nähesten kommt.

Denn auf den mit Hochtönern ausgestatten Sockel sind Original-Endschalldämpfer und Endrohrblende des Porsche 911 GT3 als Subwoofer-Erweiterung montiert. Zum auf maximale Boliden-Authentizität ausgelegten Look gehört dabei, dass die Schweißnähte wie frisch von der Werkbank wirken, Rostrückstände inklusive. Neben Michael-Schumacher-Fans und Neureichen, die ohnehin alles aus der Porsche-Design-Kollektion besitzen, dürfen sicher auch Golffahrer, die heute noch von ausgiebigen, selbst erledigten Reparatur-Exzessen aus 3er-Modell-Zeiten schwärmen, zur Zielgruppe gezählt werden.

Mit einer Leistung von 200 Watt spielt das Gerät technisch in etwa in einer Liga mit Boses neuem Solo 5 Soundsystem oder Bowers & Wilkins Panoramo 2. Während diese und andere vergleichbaren Modelle in etwa 500 bis maximal 1500 Euro kosten, beträgt der Preis für die extrem unikate und geschmacksabhängige Porsche-Design-Soundbar satte 2900 Euro. Womit sich der Kreis zum VW Golf schließt, der gebraucht und einigermaßen in Schuss auch nicht viel mehr kostet.

Aber was interessieren am Ende schon Zahlen, schließlich geht es um Musik. Hat man die knapp 20 Kilogramm der Soundbar ohne Rückenzerrung irgendwohin gewuchtet – in unserem Fall in den Konferenzraum der WIRED-Redaktion (Hilfsmittel: Aufzug und Sackkarre) – geht alles recht fix. Stromstecker angeschlossen, die Soundbar via Fernbedienung auf Bluetooth eingestellt und schon taucht eine „911 Soundbar“ im Bluetooth-Menü des Smartphone auf. Da die zu Subwoofer-Ausgängen umfunktionierten Vergaser-Rohre einem regelrecht „B.A.S.S“ ins Gesicht brüllen, wähle ich als erste Referenzstücke die Songs der neuen EP von Massive Attack. Besonders beim Stück „Ritual Spirit“, das mit „Teardrop“-Gedächtnistakten beginnt und sich dann mit immer bedrohlicher werdenden Basswellen und gespenstischem Gesang entwickelt, schiebt sich der Virtual-Surround-Klang mächtig beeindruckend durch den Raum. Musik und Stimme umzingeln einen regelrecht. Selbst bei Zimmerlautstärke (die blaue LED-Anzeige am Sockel zeigt auf „45 Prozent“).

Mit den verliebten Worten „Symphonie eines Sportwagens“ umschreibt der Hersteller die Inspiration für seine Soundbar und meint damit den dröhnenden Autolärm eines Porsche 911. Ich stelle mir nun also die Geräuschkulisse vor, die ein solcher Sportflitzer allein bei der Anfahrt in unserem Konferenzraum verursachen würde (mal davon abgesehen, dass er nicht weit käme), und will wissen, ob die Soundbar da wirklich mithalten kann. Also drehe ich auf. Mittlerweile läuft Massive Attacks zappelige Hip-Hop-Soul-Single „Voodoo In My Blood“. Als die LED-Anzeige auf „85 Prozent“ steht, reicht es. Ich muss wieder leiser machen. Ich habe das Gefühl, der Song schiebt mich mit körperlicher Gewalt gegen die Wand. Too much noise. Der Rennwagen-Test kann lautstärkentechnisch als gelungen gewertet werden. Was auch die Kollegen einen Stock über mir bestätigen als sie sich wenig später erkundigen, warum Boden und Wände eben gewackelt haben.

Natürlich gibt es nicht nur Noise- und Bass-Musik. Also höre ich zur Entspannung Berlins verträumte Songwriterin Miss Kenichi und ein bisschen PJ Harvey über das Soundbar-Monster. Auch ruhigere Stücke ertönen ausbalanciert und einladend aus den Boxen. Nicht zu viele Höhen, nicht zu dumpf mittig.

Doch bei aller Freude über den Musikgenuss kommen sofort wieder Zweifel, denn: Je weniger krawallig der Sound, desto weniger kann ich mich als Nicht-Autofan an die brachile Optik des Riesen-Gadgets gewöhnen. Diplomatisch ausgedrückt. Eigentlich wende ich meinen Blick fortwährend leicht erschrocken ab. Und ohnehin: Ist absolute Hi-Fi-Qualität in dieser Preiskategorie nicht eine pure Selbstverständlichkeit?

Aber was ist schon selbstverständlich bei einem Gadget dieser Art? Ich packe es jedenfalls gerne wieder ein. Platz für eine derart platzverschwendende Soundbar – Maße: 74 mal 28 mal 32 Zentimeter – hätte ich selbst beim besten Willen nirgendwo. Nicht im Büro. Nicht in der Wohnung.

Im Überlick:
– Die Virtual-Surround-Soundbar punktet mit exzellenter Akustik, wobei der erweiterte Subwoofer als Resonator voll ausgespielt wird.
– Das Design ist dermaßen speziell, dass sich selbst Auto-Freaks gut überlegen sollten, ob sie die Investition tätigen wollen – außer Musikabspielen kann die Soundbar nämlich nichts.

Die 911 Soundbar lässt sich für 2900 Euro über die Website von Porsche Design bestellen. 

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von WIRED Editorial