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Was ihr über Venezuelas Kryptowährung Petro wissen müsst

von Klemens Kilic
Venezuela hatte im Februar 2018 eine eigene Kryptowährung angekündigt: den Petro. Er sollte dabei helfen, das Land aus der Wirtschaftskrise zu bringen. Die Seriosität des Projektes darf allerdings stark angezweifelt werden. WIRED erklärt, warum der Petro so viele Kritiker hat.

Am 20. Mai soll in Venezuela wieder gewählt werden. Nicolás Maduro, der amtierende Präsident, stellt sich erneut zur Wahl. Da es bereits jetzt viele Anzeichen für Wahlbetrug gibt und die größte Oppositionspartei mitgeteilt hat, die Wahlen zu boykottieren, ist davon auszugehen, dass Maduro auch in der kommenden Legislaturperiode den Präsidenten stellen wird.

Das von US-Sanktionen und Hyperinflation gebeutelte Land hätte eine wirtschaftliche und politische Neuausrichtung bitter nötig. Stattdessen wird das Land unter Maduro jetzt eine eigene Kryptowährung bekommen: den Petro. Er soll das Inflationsproblem lösen und die Sanktionen der amerikanischen Regierung umgehen. Innerhalb kurzer Zeit hat die Regierung für dieses Projekt bei einem ICO (Initial Coin Offering) über fünf Milliarden US-Dollar eingesammelt.

Was kann der Petro?

Seinem Whitepaper zufolge geht der Gedanke hinter dem Petro auf Hugo Chávez zurück, den Vorgänger Maduros. Er hätte bereits zu seiner Amtszeit von einer nationalen Währung geträumt, die durch die reichhaltigen Bodenschätze Venezuelas gedeckt sei. Aus dieser Version sei nun der Petro-Token (PTR) entstanden, welcher parallel zur Nationalwährung Bolivar eine alternative Zahlungsmöglichkeit darstellen soll.

Das Konzept hinter Petro ist simpel: Das Land gibt eine Kryptowährung heraus, die vom natürlichen Rohstoff Öl gedeckt ist. Und davon hat Venezuela nicht wenig: Laut Schätzungen der US-Energieinformationsbehörde EIA soll das Land das größte Ölvorkommen der Welt besitzen – noch vor Saudi Arabien.

Hinter jedem Token steht ein Faß Öl. Ähnlich also wie Tether, eine Kryptowährung, die an den US-Dollar gekoppelt ist, soll der Petro an das venezolanische Öl gekoppelt sein. Dadurch sollen den extremen Kursschwankungen, der Volatilität von Kryptowährungen, entgegengewirkt werden.

Am 20. Februar wurden die ersten Petro-Token über ein ICO ausgegeben. Die Regierung sammelte bei dieser Crowdfunding-Kampagne umgerechnet 5 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Rechnet man alles Geld zusammen, welches 2017 in ICOs gesteckt wurde, kommen dabei gerade einmal 5,6 Milliarden US-Dollar zusammen. Eines steht also fest: Ob seriös oder nicht, rentabel war Maduros nationale Kryptowährung allemal.

Wie seriös ist der Petro?

Maduros Ankündigung, eine staatliche Kryptowährung herauszubringen, hat anfangs viele Fans von Kryptowährungen begeistert. Wenn ein Staat eine eigene, offizielle Kryptowährung herausbringt, dann gibt das dem Hype-Thema Kryptowährungen neuen Aufschwung und kann als Bekenntnis für Blockchain-Technologien betrachtet werden. Bei näherer Betrachtung stellen sich jedoch viele Fragen, die die Seriosität des Petros in Zweifel ziehen.

Das offizielle Whitepaper liest sich zunächst ähnlich wie viele Thesenpapiere anderer Digitalwährungen. Nur technische Details fehlen gänzlich. Auch das Entwicklerteam des Petro ist unbekannt, so dass keinerlei Kompetenzen im Bereich der Blockchain-Technologie nachgewiesen werden können. Auch eine Roadmap fehlt – also ein Zeitplan, der die Etappenziele für die Entwicklung der Währung zeigt. Würde keine Regierung hinter dem Petro stehen, wären dies die ersten Anzeichen dafür, dass es sich um einen ICO-Scam handelt.

Vieles deutet darauf hin, dass die Regierung Venezuelas mit dem Petro eine gute Möglichkeit gefunden hat, schnell an Geld zu kommen. Sie springt auf den Krypto-Hype auf und lässt sich die Staatskasse füllen. Ein weiteres Argument, das diese These stützt: Kurz nach dem Launch des Petros gab Maduro bekannt, dass er eine weitere Kryptowährung mit dem Namen Petro Gold plane. Sie soll von Venezuelas großem Edelmetallvorkommen gedeckt werden.

Maduro will also ein zweites Mal Geld einsammeln, obwohl seine erste Währung noch lange vor ihrer Veröffentlichung steht. Auch Gründe, warum eine zweite Kryptowährung vonnöten wäre, hat Maduro bisher nicht formuliert.

Wie geht es mit dem Petro weiter?

Die USA hat auf die Kryptowährung der venezolanischen Regierung mit weiteren Sanktionen reagiert. So unterzeichnete Trump etwa ein Dekret, welches US-Bürgern den Erwerb des Petro-Token verbietet. Das war aber lange nachdem bereits internationale Investoren eine beispiellose Menge an Geld in das staatliche Projekt gepumpt hatten.

Auch der von der Opposition geführte Kongress Venzuelas kritisierte den Petro. So betonte Jorge Millan von der rechtsliberalen Oppositionspartei Primero Justicia, dass es illegal und verfassungswidrig sei, die nationalen Ölreserven zu verpfänden. Maduro hat sein Vorhaben dennoch unbeirrt umgesetzt.

Wie seriös das Konzept hinter dem Petro tatsächlich ist, ist schwer abzusehen. Klar ist aber: Viele Fragen zur rechtlichen Zukunft oder technischen Umsetzung des Petro sind ungeklärt. Selbst der Programmcode des Tokens blieb bisher unter Verschluss. Wer also in den Petro investieren möchte, muss all diese Unwägbarkeiten mit einbeziehen und auch mit einem Totalausfall rechnen. Abschließend muss jeder auch für sich selbst entscheiden: Ist es moralisch vertretbar, Geld in ein Land zu investieren, das die eigene Bevölkerung verhungern lässt, und auf dem besten Weg in die Diktatur ist?

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