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Kommt das Lufttaxi der Zukunft aus Karlsruhe?

von Dirk Peitz
Während Airbus und Co. an den fliegenden Taxis der Zukunft tüfteln, lässt sich Alexander Zosel in Karlsruhe davon nicht aus der Ruhe bringen. Er nimmt seine Wettbewerber ebenso ernst wie den Erfolg seines eigenen Volocopters.

Konzepte für kleine, drohnenähnliche Fluggeräte, in denen Menschen in Zukunft auf kurzen Strecken durch die Gegend geflogen werden sollen, gibt es einige. Doch nur eines hat bislang eine Zulassung, sagt Alexander Zosel, Mitgründer und Geschäftsführer des Karlsruher Startups e-volo: Der Volocopter VC200, den Zosel selbst konzipiert hat, darf in Deutschland bereits abheben.

Der weiße Zweisitzer, der 2018 auf den Markt kommen soll, sieht mit seinen 18 Rotoren und der Kanzel darunter wie eine Mischung aus Hubschrauber und Drohne aus. Zosel hat den Volocopter Ende März dann auch selbst gesteuert, als der zu seinem bemannten Erstflug abhob. Doch was macht Zosel eigentlich so sicher, dass der Volocopter sich durchsetzen wird gegen die weltweite Konkurrenz, die Ehang 184, Lilium und CityAirbus heißt? Im WIRED-Interview erklärt er es.

WIRED: Herr Zosel, was unterscheidet den Volocopter von anderen Konzeptfliegern, die eine neue Luftfahrt-Ära urbaner Mobilität einläuten sollen? Es gibt da etwa die chinesische Personendrohne Ehang 184, die mit vier Rotoren auskommen soll statt mit 18 wie der Volocopter.
Alexander Zosel: Ehang ist tatsächlich unser direkter Vergleich. Wenn man die betrachtet, fällt einem auf, dass es bei der einige sicherheitskritische Aspekte gibt, beispielsweise eben die lediglich vier Rotoren – was bei einem Ausfall von nur einem der Systeme ein Problem darstellen dürfte. Dazu kommt die sehr kleine Rotorfläche, durch die die Ehang extrem laut sein und extrem viel Energie verbrauchen dürfte. Doch wir nehmen das Konzept der chinesischen Kollegen sehr ernst.

WIRED: Der Volocopter wird zumindest einstweilen noch von einem Piloten geflogen, während die Ehang autonom unterwegs sein soll. Wieso brauchen Sie noch die menschliche Hand am Steuer?
Zosel: Die Technologie ist nicht so sehr das Thema, sondern die Rechtslage. Autonomes Fliegen ist nicht erlaubt, es muss heute ein Pilot in einem solchen Fluggerät sitzen. Das respektieren wir. Doch wir testen den Volocopter seit zwei Jahren bereits im autonomen Flugbetrieb. Wenn in fünf, sechs, vielleicht auch sieben Jahren autonomes Fliegen zugelassen sein wird, werden wir die Technik bereits validiert haben.

Wir könnten das sein, was heute Gondelbahnen sind, nur ohne Seil

WIRED: Was wäre – außer dass es einem vielleicht ein wenig unheimlich würde als Passagier so ganz ohne Pilot – der große Unterschied?
Zosel: Für einen Hersteller wie uns wäre das sofort ein anderer Business Case. Ganz einfach: Wenn man den Piloten nicht mehr bezahlen muss, wird die Idee eines fliegenden Taxis unmittelbar geschäftlich interessant. Wir gehen davon aus, dass wir vor der Umstellung auf autonomes Fliegen vergleichsweise kleine Stückzahlen des Volocopter produzieren werden, im Bereich von einigen Hunderten. In dem Moment, wo autonomes Fliegen erlaubt wird, rechnen wir mit einer boomartigen Entwicklung, die von den Stückzahlen beinahe in Richtung Autoproduktion gehen könnte.

WIRED: Wer soll die vielen Volocopter denn kaufen?
Zosel: Für Shuttle-Strecken etwa könnten Gemeinden ganze Flotten von Volocoptern kaufen. Die könnten das sein, was heute Gondelbahnen sind, nur ohne Seil. Nehmen wir ein Beispiel wie München: Eine Volocopter-Flotte könnte Menschen vollkommen emissionsfrei von der Stadt zum Stadion bringen, an den Alpenrand oder zu einem Messe-Event, und zwar ohne dass die Infrastruktur am Boden dafür groß geändert werden müsste. Sogar Airbus denkt mit seinem CityAirbus-Konzept ja schon in Richtung urbanes Fliegen.

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WIRED: Genau in München entwickelt ein Startup namens Lilium derzeit auch ein gleichnamiges rotorgestütztes Kleinfluggerät, das wie der Volocopter im Jahr 2018 auf den Markt kommen soll. Noch ein ernster Konkurrent?
Zosel: Wir sind mit den Leuten von Lilium ähnlich wie mit den Ehang-Kollegen in gutem Kontakt. Deren Konzept ist ein anderes als unseres. Die Lilium ist ein Senkrechtstarter, der einen Transformationsflug ausführt, das heißt die Rotoren oder Flügel werden nach dem Abheben fürs Vorwärtsfliegen gedreht. Bei Start und Landung brauchen solche Senkrechtstarter viel mehr Leistung als unser Volocopter, bei dem die Rotoren starr angebracht sind. Dadurch sind Senkrechtstarter erheblich lauter beim Abheben, sind dafür aber beim Vorwärtsfliegen wesentlich schneller. Gegen deren massenhaften Einsatz in Städten dürfte also allein der damit verbundene Lärm sprechen. Die Lilium ist jedoch für längere Strecken geeigneter.

WIRED: Wird die Lilium also schlicht für andere Zwecke benutzt werden?
Zosel: Ja, wir gehen davon aus, dass es in Zukunft einen Mix aus verschiedenen Fluggerätetypen geben wird. Die einzelnen werden auf bestimmte Einsätze und Strecken in und außerhalb von Städten spezialisiert sein. Multirotorflügler wie der Volocopter haben im urbanen Bereich und auf kurzen Strecken Vorteile vor anderen Konzepten.

WIRED: Wird das fliegende Auto, von dem so lange schon geträumt wird, auch zu diesem Mix gehören?
Zosel: Sagen wir so: Es ist ökonomisch unvorteilhaft, das Gewicht, das ein Auto haben muss, um es im Straßenverkehr bewegen zu können, dann auch im Flug mitzuschleppen. Das hat sich noch nie gerechnet.

WIRED: Wie genau wird so ein Flug in der Stadt mit dem Volocopter aussehen?
Zosel: Zunächst muss man mal 100, 150 Meter aufsteigen, um ausreichend Höhenabstand etwa zu Hochhäusern zu bekommen. Dann wird man vielleicht drei, fünf oder zehn Kilometer weit zum nächsten Hub fliegen. Dafür muss man dann keine 300 oder 400 Stundenkilometer schnell sein wie etwa ein Senkrechtstarter.

WIRED: Der Volocopter ist auf 100 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit konzipiert. Klingt nicht rasend schnell.
Zosel: Man muss dazu wissen, dass man für die Zulassung eines Fluggeräts vorher eine maximale Geschwindigkeit angeben muss. Danach richtet sich dann auch die Struktur des Fluggeräts und wie viel Kräfte die aushalten muss. Erhöht man das angestrebte Maximaltempo, muss die Struktur angepasst werden. Wir hätten unseren Flieger auch auf 120 oder 150 Stundenkilometer hin ausrichten können, doch dann wäre er erheblich schwerer geworden, weil man viel mehr Material hätte verbauen müssen, damit das Fluggerät die höheren Lasten aushält. Wir hätten auch schwerere Batterien benutzen müssen. So haben wir uns für die 100 Stundenkilometer entschieden, die für urbanes Fliegen unserer Ansicht nach völlig ausreichen werden. Wir wollen ja auch nicht mit einer Akkuladung 100 Kilometer weit fliegen, sondern nur kürzere Strecken bedienen.

WIRED: Wie lange könnte Ihr Flieger also in der Luft bleiben?
Zosel: Wir gehen zunächst von einer halben Stunde aus bei dem Modell, mit dem wir in anderthalb bis zwei Jahren auf dem Markt sein wollen. Wir werden Wechselakkus benutzen, die etwa an einer Flugschule innerhalb von fünf Minuten ausgetauscht werden können, wenn sie leer sind.

WIRED: Zunächst soll es einen zweisitzigen Volocopter geben, in dem neben dem Piloten nur eine Person mitfliegen kann. Das ist also eher etwas für den Flugsport. Zumindest auf Ihrer Website existiert aber bereits das Konzept eines Viersitzers. Ist das der nächste, entscheidende Schritt hin zum Lufttaxi?
Zosel: Wir sind derzeit in einer neuen Finanzierungsrunde und sprechen mit großen Unternehmen nicht nur in Deutschland, sondern auch darüber hinaus. Wir haben zwar schon recht viel Geld auf dem Konto, doch diese Finanzierungsrunde wird uns in die Lage versetzen, als nächstes unter anderem auch den Viersitzer zu bauen – und ja, das ist dann ein weiterer wichtiger Schritt hin etwa zum Airtaxi der Zukunft.

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