Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Mit der Sonne um den Globus: Die Technik des Solarflugzeugs „Solar Impulse 2“

von Mark Wolverton
Allein von der Kraft der Sonne beflügelt haben die Schweizer Bertrand Piccard und André Borschberg es geschafft, mit ihrem Flugzeug Solar Impulse 2 die Welt zu umrunden. Was macht so ein Flugzeug eigentlich aus? Wir gegen einen Überblick über die wichtigsten Features.

Update: Am 26. Juli 2016 ist die Solar Impulse II dort gelandet, wo sie vor 16 Monaten losgeflogen war: in Abu Dhabi. Ein historischer Moment, ist das Flugzeug doch das erste, das allein mit Hilfe der Sonnenenergie die 42.000 Kilometer um den Erdball hinter sich brachte. Hier lest ihr, was das ungewöhnliche Flugzeug eigentlich ausmacht und welche Features für so eine Weltumrundung wichtig sind: 

Tagsüber kann der Ultraleichtflieger, befeuert von 17.000 Solarzellen, auf bis zu 8.500 Meter in die Höhe steigen, nachts hält er sich mit Batterieantrieb über Wasser — braucht zum Aufladen am nächsten Tag aber wieder blauen Himmel. Piccard hat bereits ein ähnliches Abenteuer hinter sich: 1999 reiste er als Erster im Heißluftballon um die Erde — nonstop, in 20 Tagen. Diesmal sind für die Strecke von 35.000 Kilometern 25 Flugtage und zwölf Zwischenlandungen vorgesehen. Nach dem verzögerten Start in Abu Dhabi geht’s bis August weiter über China, die USA und Südeuropa zurück in die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Reise kann hier im Livestream verfolgt werden. Hello, sunshine!

Die wichtigsten Features des Solar Impulse 2:

Photonensammler
17 248 Solarzellen bedecken Flügel, Rumpf und Höhenleitwerk — jede von ihnen mit 135 Mikron kaum dicker als ein Haar. Ein fluorhaltiger Copolymer-Film macht die Zellen elastisch genug, um sich an die Flügelform anzupassen, und schützt vor UV-­Licht, das die Effizienz verringert. Auf knapp 270 Quadratmeter Fläche fangen die Siliziumzellen tagsüber Sonnen­kraft ein, um nachts die Elektromotoren anzutreiben.

Elektroantrieb
Lithi­um-­Polymer-Akkus mit hoher Energiedichte, gemein­sam 633 Kilo schwer, speisen vier Elektromotoren mit jeweils 17,4 PS. Die Propeller sind auf 525 Umdrehungen pro Minute optimiert; je nach Flughöhe kommt der Solarflieger damit auf 36 bis 90 km/h.

Ultraleicht, extrastark
Für optimale Aero­dynamik strecken sich die Tragflächen auf 72 Meter Spannweite — mehr als beim 747-Jumbo. Zugleich wiegt die SI2 nur so viel wie ein kleiner Liefer­wagen: 2300 Kilo. 140 Kohlefaserrippen geben den Flügeln Kraft und Flexibilität. Eine Beschichtung an der Unterseite schützt vor dem Nass der Wolken.

Mission Control
In zwölf Jahren für etwa 150 Millionen Euro entwickelt, wird die SI2 von nur einem Piloten gelenkt. Doch ein Team aus Ingenieuren, Meteorologen und Logistikern begleitet jede Etappe. Via Satellitenüber­tragung wird die jeweils optimale Flugroute im Mission Control Center berechnet. 2013, bei einem Flug des Solar-­Impulse-Prototypen durch die USA, konnte sich das Konzept bereits bewähren.

Zimmer mit Aussicht
Das Cockpit bietet nur Platz für einen. So wechseln sich die SI2-­­Väter Piccard und Borschberg beim Fliegen ab. Je nach Etappe müssen sie vier bis fünf Tage und Nächte in ihrer Einzelzelle verbringen. Der Sitz dient auch als Bett und Toilet­te. Ein Auto­pilot übernimmt beim Kurzschlaf das Kurshalten. Die Kabine ist mit Spezial­schaum isoliert, aber nicht beheizt. Sie bietet auch keinen Druck­ausgleich. Ab etwa 3600 Meter Höhe tragen die Piloten Sauerstoff­masken.Für Notfälle liegen Fallschirm, Schlauchboot und Haiabwehrmittel parat.

Mensch + Maschine
Es brummt im Ärmel des Pilotenanzugs, sobald sich das Flugzeug um mehr als fünf Grad zur Seite neigt. Intelligentes Nylonmaterial gleicht Temperaturschwankungen aus: Bei Kälte leitet der smarte Stoff Infrarotwärme auf die Haut um; wird es in der Kabine zu heiß, nimmt er Wärme auf. Zu essen gibt es Astronautenfutter – vakuumverpackte Trockennahrung, dazu Wasser und Sportdrinks. Tagelang solo in einer ungemütlichen Kabine zu sitzen, die mal Frost bringt, mal zur Sauna wird, bedeutet für die Piloten auch eine mentale Herausforderung. Gegen Platzangst und Langeweile vertraut Piccard auf Selbsthypnose, Borschberg setzt auf Yoga und Atem­­übungen. „Wenn Sie anfangen, die Stunden zu zählen, wird es sehr schwierig“, sagt Borschberg. „Man muss lernen, sich vom Ziel zu lösen und im Hier und Jetzt zu leben.“ Gymnas­tik soll helfen, Thrombosen zu verhindern; dazu hat der Sitz etwas Extra-Beinfreiheit.

GQ Empfiehlt