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So verlegen Schiffe die Tiefseekabel des Internets

von GQ
Das Schiff Pierre de Fermat verlegt und repariert Tiefseekabel, damit unsere Internetverbindung stabil bleibt. WIRED UK ist an Bord gegangen.

Auf der Pierre de Fermat ist Internet ein rares Gut. Um online zu gehen, steht Matrosen des Schiffs nur eine spezielle Internetkabine mit Satellitenverbindung zur Verfügung. Paradox, denn die 80 Personen starke Crew ist ein unabdingbarer Partner bei der Wartung und dem Ausbau der Infrastruktur des Netzes. Sie repariert und verlegt tausende Kilometer an Tiefseekabeln, damit die Welt ins Internet kann.

Die hochleistungsfähigen Datenkabel verlaufen von Malaysia bis Südafrika, von Grönland bis Kanada, unten auf dem Meeresgrund. Wenn sie einmal brechen – durch Haie, Erdbeben und Schiffe – ist es die Aufgabe der Pierre de Fermat und anderer Kabelverlegeschiffe, sie wieder zu reparieren. Dabei haben sie nicht nur mit schlechtem Wetter zu kämpfen, sondern auch mit Piraten und Haien.

WIRED UK hat das Schiff in Weymouth, Südengland, besucht. Es liegt dort vor Anker, um neue Kabel für den nächsten Einsatz zu laden. „Als nächstes fahren wir in die Nordsee, wo wir drei oder vier Tage lang Zeit haben, ein beschädigtes Kabel zu reparieren“, erzählt der Kapitän, Guillaume Le Saux. Er hat fast zehn Jahre Erfahrung als Kapitän auf Kabelverlegeschiffen.

Im Zeitalter von Digitalisierung und Automatisierung ist das Beladen von Tiefseekabeln eine überraschend manuelle Aufgabe. Das Kabel wird von einer Trommel in einem Lagerhaus – in diesem Fall von der British Telecommunication Group – abgewickelt und schlängelt sich ins Innere des Schiffs, wo es auf eine große Kabeltrommel gelegt wird. An jedem Abschnitt steht ein Team, das den Ablauf kontrolliert und steuert.

Das 100 Meter lange Schiff, welches 2014 seine Jungfernfahrt absolvierte, kann 9.000 Kilometer an Tiefseekabeln aufnehmen, die jedesmal von Hand aufgespult werden müssen. Für die 20-tägige Fahrt in die Nordsee werden aber nur neun Kilometer geladen, was mehrere Stunden in Anspruch nimmt.

Sieben Matrosen führen die Kabel dafür langsam per Hand auf die Trommel im Inneres des Schiffs. An Deck stehen weitere Ingenieure bereit, speisen das Kabel ins Schiff ein und kontrollieren den Glasfaserkern. Dazu schneiden sie das Kabel durch und testen anschließend die Datenübertragung. Willy Poulain, Chefingenieur des Schiffs, erzählt, dass Generatoren an Bord 10.000 Volt produzieren können, die durch das Kabel geschickt werden. So können sie sichergehen, dass die Glasfaser bereit sind, den Internetverkehr der Welt zu stemmen.

Die richtige Arbeit beginnt aber erst, wenn die Pierre de Fermat am Ort der Kabelstörung ankommt. „Den Fehler zu lokalisieren, ist das Schwerste“, sagt Poulain. Für diese Aufgabe wird ein riesiger Roboter eingesetzt, der auf den Meeresgrund herabgesetzt wird. Hector, der ferngesteuerte U-Boot-Roboter, kann bis zu 2000 Meter tief tauchen, um defekte Kabel aufzufinden. Das Neun-Tonnen-Fahrzeug besitzt Kameras und Greifarme, die von der Crew gesteuert werden. „Wenn wir das Kabel nicht finden können, wurde es meistens von einem Schiff verschoben“, erklärt Le Saux.

Und so etwas passiert überraschend häufig. „Zwei Mal pro Woche geht irgendwo auf der Welt ein Kabel kaputt“, sagt Tim Stronge. Er ist Vize-Präsident des Unternehmens Telegeography, welches detaillierte Unterwasserkarten von den Kabeln erstellt. Er sagt, dass ein Großteil der Kabelstörungen von Menschen in der Nähe von Fischfanggebieten verursacht wird. Boote und Schleppnetzfischer verhaken sich versehentlich in die Glasfaserkabel und reißen sie auf. Seltener seien Unterwassererdbeben und Stürme für Störungen verantwortlich.

Für Le Saux gibt es auch noch weitere Gefahren. Beim Mittagessen erzählt er, dass Piraten in der Vergangenheit Schiffe angegriffen und Diebe Teile von Kabeln an Land gestohlen haben. Glücklicherweise waren diese nicht in Betrieb. Auch Tiere sind ein Problem: „Wir haben Haibisse an den Kabeln festgestellt. Dann verstärken wir die Kabel mit Metallrohren.“

Stronge fügt hinzu: „Es gibt auch an der Küste Großbritanniens viele Kabelstörungen, weil dort viel gefischt wird. Davon bekommt aber selten jemand etwas mit, da es dort so viele Kabel gibt.“  Die meisten Störungen würden sich ohnehin nicht direkt auf die Internetverfügbarkeit auswirken. Die meisten Länder sind durch mehrere Kabel mit dem Internet verbunden. Wenn eins offline geht, werden die Daten einfach umgeleitet. Trotzdem kam es 2008 zu einem Ausfall von 70 Prozent des Internets in Ägypten. Und auch in Indien gab es schon einen Ausfall von 60 Prozent des Netzes.

Wenn Hector das beschädigte Kabel gefunden hat, beginnt die Arbeit für ein Team von Reparatur-Spezialisten. Im Reparaturraum, der wie ein wissenschaftliches Labor wirkt, wird das defekte Kabel in einem ersten Schritt über eine Werkbank gelegt. Dann werden neue Abschnitte in die beschädigte Stelle eingefügt. Der Prozess hat sich in den vergangenen Jahren nicht geändert, sagt Poulain, und wird es in Zukunft auch nicht. „Wo sich die Technologie verbessern wird, ist in den Fabriken und bei den Kabellieferanten. Die Glasfaserkabel müssen immer mehr leisten. Der Fortschritt basiert also auf der Weiterentwicklung der Materialien.“

Dieser Artikel erschein zuerst bei WIRED UK.

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