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Russlands kalter Smartphone-Krieg gegen iOS und Android

von Thorsten Schröder
Dass Russland nur wenig davon hält, mit den Amerikanern zusammenzuarbeiten, haben die vergangenen Monate deutlich gezeigt. Jetzt hat das abgekühlte Verhältnis auf diplomatischer Ebene auch Folgen für die Zusammenarbeit in der Tech-Branche.

In dieser Woche hat die Regierung in Moskau den Startschuss für einen Plan gegeben, mit dem Googles Android und Apples iOS in den sogenannten BRIC-Staaten Russland, Brasilien, Indien und China zurückgedrängt werden sollen. Ziel ist es, die Nutzung nicht-russischer mobiler Betriebssysteme bis 2025 auf unter 50 Prozent zu drücken. Die Übermacht der Amerikaner auf Smartphones und Tablets soll gebrochen werden.

Auf Hilfe hofft Russland dabei von einem direkten Nachbarn. Nikolai Nikiforov, Minister für Kommunikation und Massenmedien, traf sich vor Kurzem mit dem finnischen Tech-Unternehmen Jolla, um über die Möglichkeit eines neuen, eigenen mobilen Betriebssystems für die Region zu sprechen. Als Basis soll dafür Jollas Open-Source-System Sailfish OS dienen. Der offene Zugang für Entwickler und die Unabhängigkeit von US-Technologie macht das gestenbasierte System offenbar zu Putins Favoriten.

Das ist der Start eines finnisch-russisch-chinesischen Unternehmens zu dem bald auch Indien, Brasilien und Südafrika gehören sollen.

Nikolai Nikiforov, russischer Minister für Kommunikation und Massenmedien

Das Betriebssystem, twitterte der Minister nach dem Treffen mit den Finnen voller Begeisterung, sei der Start eines „finnisch-russisch-chinesischen Unternehmens”, zu dem schon bald auch Indien, Brasilien und Südafrika gehören sollten. Russland drängt die IT-Unternehmen der übrigen BRIC-Staaten, es ihren Angestellten zu erlauben, 20 Prozent ihrer Arbeitszeit in internationale Initiativen zu stecken, um unabhängiger vom Westen zu werden.

Leicht wird es jedoch nicht, mit der Übermacht des Silicon Valley zu brechen. Allein Googles Android-Plattform läuft derzeit auf rund 81 Prozent aller russischen Smartphones, Apple macht mit iOS immerhin 15 Prozent aus. Der Anteil von Sailfish OS liegt dagegen gerade mal bei 0,5 Prozent — und damit noch hinter Windows Mobile und Blackberry.

Dabei hat Jallo die nötige Expertise. Hinter der Firma steckt ein Team ehemaliger Nokia-Entwickler, die den finnischen Handy-Konzern 2011 verließen und ihr eigenes Projekt starteten, als dieser das hauseigene Betriebssystem MeeGo zugunsten einer engeren Zusammenarbeit mit Microsoft aufgab. Das Know-How aus dem MeeGo-Projekt nutzte das Team für die Entwicklung von Sailfish, das 2012 auf den Markt kam. Neben Sailfish hat die Firma inzwischen auch eigene Smartphones und Tablets entwickelt.

Der leistungsstärkste Mikroprozessor, der je in Russland hergestellt wurde 

Moscow Center of Sparc Technology

Auch im Hardware-Geschäft setzt Russland auf Wertarbeit aus der Heimat. MCST, ein direkter Nachfolger des Staatsunternehmens SPARC Technologies, hat erst vor wenigen Wochen mit dem Elbrus-4C seinen eigenen Mikroprozessor auf den Markt gebracht. Die Rechenleistung hinkt laut Kennern der Konkurrenz aus dem Westen hinterher, der Hersteller selbst spricht jedoch vom „leistungsstärksten Prozessor, der je in Russland hergestellt wurde”. Er soll vor allem beim Militär und in Behörden zum Einsatz kommen.

Neben dem Prozessor hat MCST auch den ersten eigenen Rechner vorgestellt, dessen Architektur mit der Standard-Software aus dem Westen zurechtkommt, die sonst auf Prozessoren von Intel und AMD angewiesen ist — zumindest theoretisch. In der Praxis verzichtet der Konzern auch hier lieber auf die US-Unterstützung und setzt stattdessen auf eine Linux-Variante aus dem eigenen Haus. 

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