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Spionagetechnik half beim Bau dieses Handys, das keine Batterie braucht

von Cindy Michel
Immer dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann, ist beim Telefon der Akku leer. Dieses nervige Problem könnte schon bald der Vergangenheit angehören: Amerikanische Forscher haben ein Mobiltelefon entwickelt, das ohne Batterie funktioniert.

„Das Smartphone ist eines der nützlichsten Dinge, die es überhaupt gibt. Nun stellen Sie sich vor, der Akku des eigenen Gerätes wäre leer und trotzdem könnten Sie damit noch Textnachrichten schreiben und jemanden anrufen“, sagt Joshua Smith, Informatiker und Elektroingenieur an der University of Washington im Gespräch mit WIRED US. Dieser Gedanke sei ausschlaggebend gewesen, ein Mobiltelefon zu entwickeln, das ohne Batterie auskommt, so Smith. Den Prototypen eines solchen Gerätes haben er und sein Team nun vorgestellt und eine Studie dazu veröffentlicht. 

Schon zu Beginn der Forschungsreihe sei für Smith und sein Team klar gewesen, wenn sie ihre Vision in die Tat umsetzen wollten, dann müssten sie die Funktionsweise von Smartphones komplett über- und neudenken. Die Herausforderung: Ein Mobiltelefon ohne Batterie zu betreiben, kann nur dann funktionieren, wenn es extrem wenig Energie verbraucht und die dafür nötige aus der direkten Umgebung ziehen könnte – zum Beispiel aus der Luft. 

Und so lösten die Forscher das Problem: Der Strombedarf des kleinen Geräts, das sie nun vorstellten, liegt bei gerade mal 3,5 Mikrowatt. Die Energie dafür gewinnt es aus Hochfrequenzsignalen und Licht. Beides zieht das Telefon aus der Umgebung. Ein reiskorngroßes Solarmodul nimmt das Licht auf, eine Basisstation stellt eine Stromversorgung durch Hochfrequenzsignale bis zu einer Reichweite von zehn Metern sicher. Laut Studie soll sich die Technologie der Basisstation einfach in jede Mobilfunkbasisstation und/oder Router einbauen lassen, so dass eine flächendeckende Stromversorgung von Mobiltelefonen gesichert wäre.

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Ein großer Energiefresser bei Smartphones heutzutage ist die Umwandlung des analogen Sprachsignals in ein digitales. Also haben die Wissenschaftler diesen Schritt überdacht und sich dazu entschieden, komplett analog zu bleiben: Mithilfe von Mikrofonen wird die Sprache nun als Vibration erfasst. Diese Schwingungen werden anschließend von einer Antenne in Veränderungen eines Radiosignals umgewandelt und über die Basisstation übertragen. Dieser Prozess basiert auf der sogenannten Backscatter-Technologie, entwickelt von Joshua Smith. 

Dem Informatikspezialist wurde beim Entwickeln der analogen Backscatter-Technologie bewusst, dass er gerade eine alte Spionagemethode aus Zeiten des Kalten Kriegs neu erfand. Und zwar eine sowjetische Abhörtechnik, die als Das Ding in die Geschichte einging. Sowjetische Wissenschaftler sollen dafür in einer Holzschnitzerei Wanzen versteckt haben, die keine eigene Energiequelle hatten und erst bei bestimmten Radiowellen-Frequenzen aktiviert wurden.   

„Mein Vater war ein Spion im Kalten Krieg, also habe ich viele Geschichten über Das Ding gehört“, sagt Smith. „Ich habe mich gefragt, ob analoges Backscatter auch von Software gesteuert werden könnte und man so eine Technologie entwickeln könnte, die vielen Menschen hilft.“ Die Antwort lautet ja, denn in Zukunft soll Backscatter dabei helfen, WLAN-Geräte mit minimaler Stromzufuhr zu betreiben – und zwar als so genanntes „Passives WLAN“. Um dieses weiterzuentwickeln hat Joshua Smith übrigens das Startup Jeeva Wireless gegründet. 

Bis wir tatsächlich ganz ohne Ladegerät und frei von Akkuproblemen mit diesem Mobiltelefon durch die Gegend spazieren können, wird es noch einige Jahre dauern, schätzen die Forscher. Der Prototyp läuft noch nicht autonom, einige Funktionen müssen noch von einer Basisstation bereitgestellt werden, die selbst mit Strom versorgt wird, und aktuell müssen Nutzer noch manuell zwischen Senden sowie Empfangen umschalten, in etwa wie bei einem Funkgerät. Aber überzeugt sind die Wissenschaftler von ihrem Gerät: „Wir haben das, so glauben wir, erste funktionierende Mobiltelefon gebaut, das fast komplett ohne Strom auskommt“, so Shyam Gollakota, einer der Autoren der Studie. 

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