Die Hamburger Tech-Agentur Nerdindustries bezeichnet sich selbst als „Deutschlands erste Innovationsagentur“. Der ehemalige Werber Mathias Keswani hat sie 2010 zusammen mit dem Computerwissenschaftler Christoph Mäschig gegründet. Statt traditionelle Kampagnen zu entwerfen, entwickeln die beiden lieber — ganz im DIY-Spirit der Punk-Szene, in der Keswani früher unterwegs war. Der „Test Drive Cube“ für Audi kam dabei schon heraus, ein Wirbelsäulenscanner für den führenden Hersteller von orthopädischen Schuheinlagen, oder eine 360-Grad-HD-Kamera, mit der man reale Orte für die Oculus Rift festhalten kann. „Sinnvolle Innovationen, die zur Marke passen“, nennt Keswani diese Basteleien. Genau der richtige Mann also, um zu bewerten, welche CES-Neuvorstellungen man sich merken sollte — und welche man getrost vergessen kann.
Die Tops der CES 2015:
1. Virtual Reality — jetzt aber wirklich
Oculus Rift hatte die richtige Idee zur richtigen Zeit und konnte damit wieder Bewegung in einen lange brachliegenden Markt bringen. Jetzt erscheinen neue Player auf der Bildfläche: Project Morpheus, Razer OSVR, Zeiss VR One, Samsung Gear VR und so weiter. So entsteht gerade ein neuer, aufregender Markt mit sehr viel Potenzial. Wenn die Entwickler jetzt noch das Eye-Tracking in den Griff kriegen, wird man Virtual Reality ganz neu bewerten müssen.
2. Ultra-Kurzdistanz-Beamer
„Surround“ brachte man bisher nur mit Akustik in Verbindung. Doch nicht mehr lang nur damit. Einige Hersteller arbeiten längst an der 360-Grad-Video-Projektion. Den Anfang hat Catopsys aus Frankreich mit dem Immersis-Beamer gemacht. Einem 3000-Lumen-Ultrakurzdistanz-Projektor, der per Crowdfunding finanziert wird. Der beherrscht zwar noch keine 360 Grad, kann aber immerhin auf drei Wände gleichzeitig projizieren.
3. Neue Grafik-Chips
Was Nvidia macht, ist mal wieder der Wahnsinn! Mobile Grafikchips werden unglaublich schnell. Das ist für hochauflösende Live-Video-Übertragung, besonders aber auch für Spiele unerlässlich. Das Unternehmen hat dafür viel Aufmerksamkeit bekommen, leider größtenteils nur von den Fach-Nerds.
4. Toyota macht seine Wasserstoff-Technologie Open Source
Toyota macht es Tesla nach und legt all seine Wasserstoff-Patente offen. Das ist eine ziemliche Kracher-Meldung, von der deutsche Unternehmen nur lernen können. Da muss man echt nicht mehr lange überlegen, warum Tesla der innovativste und Toyota der größte Automobilhersteller der Welt ist.
5. Die VR-Brille von FOVE
Virtual-Reality-Technologie mit hoher Auflösung und exaktem Eye-Tracking — eine große Herausforderung, vor der auch Oculus Rift gerade steht. Leider fehlt es fehlt (noch) an einem smarten Controlling-Element. Erst wenn die Frage nach einer funktionierenden und intuitiven Navigationsmechanik geklärt ist, kann die VR-Technologie so richtig durch die Decke gehen. Dann ergeben sich über das Gaming hinaus ganz neue Einsatzmöglichkeiten: Dokumentbearbeitung zum Beispiel oder virtuelle Business-Meetings.
Die Flops der CES 2015:
1. Fitness-Apps für Wearables
Bitte nicht noch eine Fitness-App, die meinen Puls beim Treppensteigen misst. Das will wirklich niemand mehr haben, das braucht keiner. Außer die Apps überwachen Kleinkinder und alte Menschen. Aber bitte nicht noch mehr Hipster mit Fitness-Armbändchen. Danke!
2. Smartwatches
Eigentlich spricht überhaupt nichts gegen smarte Uhren. Aber derzeit wird eher gezeigt, was technisch so alles möglich ist, als sinnvolle Devices an den Start zu bringen. Die Laufzeiten sind unter aller Kanone (teilweise weniger als 24 Stunden) und meistens muss ein Smartphone in Reichweite sein. Außerdem wird der winzige Touchscreen für fitzelige Interfaces missbraucht. Lifestyle-Scheiß!
3. Curved-Displays
Auch hier wird wieder nur der Beweis geliefert, was technisch möglich ist, ohne dass ein klarer Nutzen für den Endverbraucher dabei herauskommt. Trotzdem singen die Marketing-Abteilungen der Hersteller brav das Lied vom immersiven Fernseherlebnis. Wahnsinn? Nein, Unsinn!
4. Smart-TVs
„Smart“ wird langsam echt zum Unwort des Jahres. Technik-Freaks klemmen sich lieber die Lieblings-SetTop-Box oder den Laptop an den heimischen Fernseher, als ein sogenannten Smart-TV zu kaufen. Und dabei stellt sich dann die Frage: Brauche ich eine Amazon-Box, eine Netflix-Box, Telekom-Box, Apple-TV Box und so weiter — oder wäre es nicht schlauer, diese Dienste als Apps über ein einziges, zentrales Gerät zu steuern?
5. Einparken per App:
Warum, bitte?