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Kann man Donald Trump mit Künstlicher Intelligenz besser verstehen?

von Karsten Lemm
So viele Kandidaten, so viel Verwirrung: Was für ein Typ ist Donald Trump wirklich? Ein Computersystem soll Durchblick im US-Wahlkampf schaffen: Mit Künstlicher Intelligenz untersucht es, was die Kandidaten sagen, und zeigt, wo Unterschiede liegen — und so manche verblüffende Übereinstimmung.

Für ihre Analyse haben Computerwissenschaftler der Firma Darwin Ecosystems öffentliche Aussagen aller Präsidentschaftskandidaten an ihr KI-System verfüttert, das sich auf IBMs Supercomputer Watson stützt. Durch Auswertung von Reden, Büchern, Tweets, Facebook-Einträgen und anderen Quellen ermittelte Watson für jeden US-Kandidaten — und die eine Kandidatin Hillary Clinton — einen Zahlenwert für bestimmte Charakter-Eigenschaften, darunter Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Liebenswürdigkeit und „emotionale Bandbreite“. Hinter dem letzten Begriff verbergen sich Dinge wie Zorn, Melancholie und Neigung zum Sorgenmachen. Auch Eigenschaften wie Neugierde, Harmoniestreben und emotionale Stabilität versucht das System durch linguistische und statistische Analysen aus den Redetexten herauszulesen.

Die Ergebnisse sind zum Teil verblüffend. Die größte Abenteuerlust etwa erkennt der Rechner beim Texaner Ted Cruz. Donald Trump kommt — trotz seiner großen Klappe — gemeinsam mit einigen anderen auf den geringsten Wert. Bei Extrovertiertheit dagegen liegt der Immobilenmagnat, der seit Jahren auf allen Kanälen für sich trommelt, tatsächlich sehr weit vorn — wird allerdings noch von Präsident Obama übertrumpft. Die höchsten Werte erzielt Trump bei „Offenheit für Wandel“, Melancholie und Hedonismus — dem Glauben, dass „Lust und Genuss das höchste Gut des Lebens“ sind, wie der Duden erklärt.

Dass manches haargenau zu passen scheint, anderes eher weniger, zeigt nicht zuletzt, wo die Selbstdarstellung der Kandidaten von der öffentlichen Wahrnehmung abweicht. Durch Analyse von Texten und Äußerungen ermittelt das KI-System ein Persönlichkeitsprofil, das nach Ansicht der Software-Entwickler präziser als klassische Persönlichkeitstests wiedergibt, welche Charakter-Eigenschaften sich nach außen zeigen.

Mit ihrer Hightech-Analyse wendet sich die Firma normalerweise an Unternehmenskunden, die Topmanager schulen wollen. Den KI-Vergleich der Präsidentschaftskandidaten dagegen gibt es gratis im Netz, als interaktive Tabelle inklusive der Möglichkeit, kreuz und quer Vergleiche zu ziehen. Da zeigt sich dann zum Beispiel, dass Hillary Clinton mehr mit dem Republikaner Marco Rubio gemeinsam hat als mit ihrem demokratischen Parteirivalen Bernie Sanders. Oder auch, dass die Republikaner Chris Christie und Ben Carson sich eigentlich ganz gut mit Präsident Obama verstehen müssten.

Donald Trump dagegen zeigt sich als Außenseiter: In vielerlei Hinsicht verkörpert er den Gegensatz zu den meisten seiner Rivalen. Seltsam eigentlich, denn ausgerechnet ein Hang zur Harmonie gehört laut den Berechnungen des KI-Systems zu seinen hervorstechendsten Eigenschaften. Aber vielleicht waren das nur Lippenbekenntnisse? 

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