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Ist Facebook für den Wahlsieg von Donald Trump verantwortlich?

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Wie konnte Donald Trump die US-Präsidentschaftswahl gewinnen? Schuld sei unter anderem Facebook, sagen viele. Der Algorithmus des sozialen Netzwerks habe nicht nur Falschmeldungen im großen Stil verbreitet, auch das Prinzip Filterblase habe Trump zur politischen Macht verholfen. Andere sagen: Die etablierten Medien sind selbst verantwortlich. WIRED hat die wichtigsten Netz-Meinungen für euch gesichtet und zusammengestellt.

Donald Trump wird der neue Präsident der USA. Das sorgte weltweit für Überraschung, denn viele Medien und Fachleute gingen ganz sicher davon aus, dass Hillary Clinton die Präsidentschaftswahl gewinnen würde. Doch es kam bekanntermaßen anders – und nun ist die mediale Ernüchterung groß. Also suchen viele Pressevertreter nach den Gründen – oder besser gesagt: dem Schuldigen dafür, dass Trump sich aller Unkenrufe zum Trotz gegen seine Rivalin durchsetzen konnte.

Für manch einen scheint ein wichtiger Faktor festzustehen: Die sozialen Netzwerke haben Trump zum unerwarteten Sieg verholfen, allen voran Facebook. Stimmt das? Oder ist das nur Humbug? WIRED hat sich dazu unterschiedliche Pressestimmen angeschaut.

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„Facebook wurde mittlerweile zum Abflusskanal für Desinformation“, schreibt Joshua Benton auf NiemanLab. Das Social Network werde einerseits durch Ideologien angetrieben, aber hauptsächlich funktioniere es durch seine ökonomische Struktur. Die Filterblase, also die algorithmisch getriebene Auswahl von Themen, sorge dafür, dass sich Falschmeldungen wie ein Buschfeuer verbreiten, sagt Benton. Billig produzierte Fake-Schlagzeilen à la „Hillary Clinton ruft einen Bürgerkrieg aus, wenn Trump gewählt wird“ oder „Der Papst billig Donald Trump als Präsident“ erhielten zigtausende Likes und würden genauso eifrig geteilt, wodurch sie bei Facebook an zusätzlicher Popularität gewännen.

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Die Frankfurter Allgemeine schreibt in diesem Zusammenhang von der „zwiespältigen Rolle der sozialen Medien“: Einerseits hätten sich die Wähler so gut wie noch nie über die Aussagen der Kandidaten und über die Zusammenhänge informieren können, weil es im Internet nahezu unbegrenztes Material dazu gebe. Anderseits diene das Netz – insbesondere die sozialen Medien – dazu, um Emotionen zu multiplizieren. Oder wie es FAZ-Online-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron ausdrückt: „Mit Facebook, Twitter, Snapchat und WhatsApp jedenfalls haben die Wut-Bewegungen dieser Welt eine nahezu perfekte Technologie an die Hand bekommen.“

Ähnlich argumentiert die Süddeutsche Zeitung. Im Beitrag „Präsident Troll“ wird Donald Trump als beleidigender, faktenfreier Mensch charakterisiert. Eben als das, was einen Internet-Troll ausmacht. Zudem habe Facebook der SZ zufolge ein Problem mit der Wahrheit. Das hätte Trump zu seinem Vorteil genutzt.

Dass spätestens nach der US-Wahl klar sei, wie groß der Einfluss von Facebook auf uns ist, diese Meinung vertritt auch TechCrunch. „Die Facebook-Blase ist gerade geplatzt“, schreibt Autorin Sarah Perez in der Einleitung ihres Artikels. Doch je mehr die Menschen sich darüber aufregen würden, desto mehr steige die Verweildauer auf dem sozialen Netzwerk. Und damit stiegen wiederum die Gewinne von Facebook. Am Ende profitierten Mark Zuckerberg und seine Firma von Falschmeldungen, welche die Meinungen beeinflussen. Zu einer Filterung käme es nicht. Denn das Zuckerberg-Credo sei ja: „Facebook ist kein Medienunternehmen.“ 

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Wolfgang Blau, ehemaliger Chefredakteur von Zeit Online und heute Chief Digital Officer bei Condé Nast, sieht ebenfalls einen Grund-Fehler im System, wenn einem trotz demonstrierten Interesses an vielfältigen Meinungen von Facebook hauptsächlich das angezeigt werde, was der tatsächlichen eigenen Überzeugung entspreche. Auf Facebook schreibt er über Facebooks Filterblase: „Das muss repariert werden.“

Wie viele gezielt gestreute Falschinformationen es bei Facebook gibt, erklärte BuzzFeedNews schon Ende Oktober in einem Beitrag. Laut der Analyse des Portals bestehen 38 Prozent der Inhalte von politisch rechtsorientierten Seiten aus Desinformationen. Aber auch bei eher linksgerichteten Seiten seien Fake-Posts vorzufinden, allerdings nur zu 20 Prozent.

Das Wall Street Journal zeigt indes, wie die gescholtene Sortierung von Inhalten funktioniert. Über die interaktive Seite „Blue Feed, Red Feed“ lässt sich gegenüberstellen, wie ein News-Feed eines liberalen und eines konservativen Facebook-Nutzers zu Themen wie Waffen, Abtreibung oder ISIS aussieht. Auf einen Blick wird klar: dazwischen liegen Welten. Die deutsche Tech-Website t3n meint deswegen zum Thema Filter-Bubble: „Egal, wie wohl wir uns in dieser fühlen. Und wie ungemütlich es an anderer Stelle sein mag. Es ist an der Zeit auszubrechen!“

Ist also das größte soziale Netzwerk die Wurzel allen Übels? Nein, heißt es bei Recode. „Wenn du Facebook für die Ergebnisse der Präsidentenwahl beschuldigst, bist du ein Idiot“, lautet dort eine provokante Überschrift. Nicht der Algorithmus sei schuld, sondern die vom Status Quo mächtig enttäuschten Menschen selbst: Die Leute fielen auf gefälschte Meldungen rein, weil sie sie glauben möchten und sie sich mit ihrem Weltbild vereinen ließen.

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