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Knick Knack: Bald können wir Bildschirme falten

von Moritz Geier
An biegsamen Elektronik-Geräten werkelt die Industrie seit Jahren. Forscher aus Israel könnten jetzt die Entwicklung einen großen Schritt weiter bringen. Ihre Erfindung: eine neuartige Struktur aus einer Peptid-Nukleinsäure. Das Material fluoresziert in allen Farben, auch als Reaktion auf elektrische Spannung, und ist dadurch prädestiniert für Bildschirme.

Unser Material ist leicht, organisch und umweltfreundlich.

Ehud Gazit, Tel Aviv University

Den Computerschirm einfach schnell einrollen, damit er bequem in die Handtasche passt: Für Visionäre ist das die Zukunft der Technik. Ein israelisches Forscherteam um Ehud Gazit von der Tel Aviv University hat jetzt eine neuartige Struktur aus einer Peptid-Nukleinsäure vorgestellt, mit der ultradünne, transparente und flexible Bildschirme hergestellt werden könnten. Die Molekularbiologen, Biotechnologen und Chemiker veröffentlichten ihre Erfindung in der Fachzeitschrift Nature Nanotechnology.

„Unser Material ist leicht, organisch und umweltfreundlich“, sagt Gazit. In ihrer Studie fokussierten sich die Wissenschaftler auf PNA, Peptid-Nukleinsäure, ein Mischmolekül aus DNA und Peptiden. Ein Peptid ist eine organische Verbindung, die als kleines Protein betrachtet werden kann. „Wir haben verschiedene PNA-Sequenzen konstruiert, künstlich hergestellt und Strukturen aus ihnen gebaut“, erklärt Or Berger, dessen Doktorarbeit die Studie anregte.

Nanobiotechnologen machen sich die Struktur der DNA zunutze, um neue Technologien mit Eigenschaften zu entwickeln, die anorganische Stoffe wie Plastik oder Metall nicht liefern können. DNA (Desoxyribonukleinsäure) ist der Grundbaustein des Lebens: ein Biomolekül, das in allen Lebewesen vorkommt und Erbinformationen trägt.

 

Beim Experimentieren mit dem PNA-Material entdeckten die Wissenschaftler, dass die organische Struktur natürlich fluoreszierend ist — also bei Bestrahlung mit Licht von selbst leuchten kann. Im Gegensatz zu anderen fluoreszierenden Materialien, die nur in einer bestimmten Farbe scheinen, kann die Struktur Licht in allen Farben ausstrahlen. Auch als Reaktion auf elektrische Spannung war ein Leuchten zu beobachten — eine Eigenschaft, die das Material geeignet für Bildschirme elektronischer Geräte macht.

Displays dieser Art könnten  elektronische Zeitungen und Etiketten oder flexible Sensor-Armbänder ermöglichen.

„Eine einzige Lage der Struktur strahlt ein Lichtspektrum aus, für das bisher starre, mehrschichtige Strukturen nötig sind“, sagt Gazit. Durch die Reduzierung könne man Produktionskosten sparen und letztlich für den Konsumenten billigere Geräte auf den Markt bringen. Displays dieser Art könnten auch elektronische Zeitungen und Etiketten oder flexible Sensor-Armbänder ermöglichen. Die israelischen Forscher bauen derzeit an einem Bildschirm-Prototyp, der auf der PNA-Struktur basiert.

Im Herbst letzten Jahres stellten Forscher um Andrea Ferrari von der University of Cambridge ein biegsames Display aus dem Nanomaterial Graphen vor. Der Prototyp des ebenfalls ultradünnen Bildschirms war aber noch schwarz-weiß und hatte eine relativ geringe Auflösung. Auch hier haben die Entwickler die Massenanfertigung im Blick. Dafür muss die Verfahrenstechnik aber noch verbessert werden, um irgendwann den Weg aus den Laboratorien in die Industrie zu finden.

Samsung soll die Massenproduktion von faltbaren Smartphones schon im Blick haben.

Auch dort wird gebastelt. Seit Jahren stecken die finanzstarken Großkonzerne der Branche wie LG und Samsung viel Geld in die Forschung und Entwicklung faltbarer und einrollbarer Geräte. Gekrümmte und leicht biegsame Smartphones sind bereits auf dem Markt — sie sind aber noch weit davon entfernt, flexibel zu sein. Bildschirme sind dabei gar nicht das Hauptproblem: Schwer biegsam zu gestaltende Komponenten wie Batterien, Prozessoren oder Kameras stehen der Verwirklichung faltbarer Smartphones und einrollbarer Tablets bisher im Weg.

Kürzlich verkündete die südkoreanische Zeitschrift BusinessKorea, dass Samsung die Massenproduktion faltbarer Smartphones im Blick habe und neue Geräte bereits 2016 auf den Markt bringen wolle. Geduld scheint dennoch angebracht: Vor wenigen Jahren sollte es nämlich schon 2015 so weit sein.

Vielleicht wird die Entwicklung der Forscher aus Tel Aviv auch für die Elektronik-Giganten aus Südkorea interessant: Die Wissenschaftler ließen verlauten, dass sie sich bereits in Gesprächen mit führenden Konzernen der Unterhaltungselektronik befinden. 

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