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Mit ICAROS durch virtuelle Realitäten fliegen wie Superman — WIRED versucht es

von Dominik Schönleben
Das Praktikum von Designer Johannes Scholl ist gerade zu Ende, als sein Chef ihm ein unverschämt gutes Angebot unterbreitet: „Ich verspreche dir auf die Hand: Wenn du hier bleibst, dann ziehen wir das durch und bringen deine Idee auf den Markt.“ Scholls Traum vom Fliegen mit dem eigenen Virtual-Reality-Simulator war plötzlich so real wie nie. Doch kaum entschied er sich zu bleiben, holte ihn die Realität ein: 15 Millionen Euro sind nötig, sonst bleibt seine Erfindung nur eine Blaupause.

Der erste Design-Prototyp des ICAROS ist Scholls Abschlussarbeit. Der junge Industriedesigner träumt von einem Exoskelett, das wie ein Roboter auf seine Bewegungen reagiert. Wer sich in die Maschine legt und eine Virtual-Reality-Brille aufsetzt, erlebt das Gefühl vom Fliegen, kann den Flug sogar mit Arm- oder Beinbewegungen steuern. Anstatt auf dem Stepper oder dem Laufband will Scholl seinen zukünftigen abendlichen Workout in diesem abgespeckten Ironman-Anzug absolvieren — ambitioniert und leider völlig realitätsfern: Als er zusammen mit seinem neuen Chef Michael Schmidt, CEO vom Industrie-Design-Studio HYVE, das Konzept einem Robotik-Hersteller vorstellt, lacht der nur: „Kommt wieder, wenn ihr 15 Millionen Euro für die Entwicklung habt.“

Scholl war niedergeschmettert, knapp ein halbes Jahr hatte er in die Entwicklung seiner Idee gesteckt — sein Stipendium sausen lassen, alles für nichts. Das konnte er nicht akzeptieren, setzte sich zurück ans Zeichenbrett und fing von vorne an. Als ihm zusammen mit Mentor Schmidt die entscheidende Idee kommt, wirkt sie nahezu banal: Er braucht keinen Ironman-Anzug, ein frei-drehbarer Leichtmetall-Rahmen mit einem angeklebten Smartphone tut es auch.

Wenn man hineinsteigt, kippt der aus Aluminium geschnittene ICAROS wie eine Wippe vor und zurück. Ein Bogen mit einem Kugellager in Bauchhöhe lässt zu, dass sich der komplette Rahmen durch eine Verschiebung des eigenen Körpergewichts nach rechts oder links neigt. Diese Bewegungen werden vom Beschleunigungssensor des am ICAROS befestigten Smartphones aufgezeichnet und an den Computer übertragen. Mit angespannten Buchmuskeln behält man dann, durch die vorsichtige Verlagerung des eigenen Hinterns, die Kontrolle über den ICAROS.

Multiplayer ist natürlich ganz klar geplant.

Johannes Scholl, ICAROS-Erfinder

Als mir Johannes Scholl bei seiner Demonstration die Occulus-Rift-Brill aufsetzt, wird ein Menschheitstraum wahr. Ich fliege — wie Superman steige ich in den Himmel auf, einer imaginären Sonne entgegen. Vor mir erhebt sich ein aus kruden Poligonen konstruierter, gigantischer Berg. Ich blicke nach unten, die Flugrichtung ändert sich nicht, und sehe pixelige Tannen, die unter mir hinweggleiten. Der Berg kommt näher und näher, ich versuche meinen Schwerpunkt zu verlagern, drücke meinen Hintern zurück, um aufzusteigen. Ich drehe meinen Körper und der Berggipfel gleitet rechts an mir vorbei.

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Es ist ein faszinierendes Gefühl in die Simulation des ICAROS abzutauchen. Die Grafiken sind simpel, noch im Beta-Status, aber ausbaufähig. Und als Scholl sagt: „Multiplayer ist natürlich ganz klar geplant“, sehe ich bereits das „Super Mario Kart“ der Zukunft vor mir. Bei dem man durch Canyons heizt und seine Freunde mit fliegenden, roten Panzern verfolgt. Doch für den sportlich gebauten Scholl ist das Gerät mehr als nur ein Spielzeug: „Das Spiel muss natürlich den Trainingseffekt unterstützen“, beschreibt er seine Vision: Wer sich regelmäßig mit seinen Kumpels zum gegenseitigen Abballern trifft, muss nie wieder ins Fitness-Studio.

Neben der Anstrengung, durch meine ständig anspannten Bauchmuskeln, merke ich schnell, dass ich nicht zum Jetpiloten geeignet bin. Durch das ständige auf und ab wird mir schummrig, die Welt dreht sich. Ich muss absteigen, damit mir nicht übel wird. Der Trip endet jäh, aber nicht ohne meinen Wunsch noch ein zweites Mal abzutauchen.

ICAROS soll auch mit Google Cardboard kompatibel sein.

Derzeit kostet der Prototyp des ICARUS noch 10.000 Euro. Aber HYVE Chef Michael Schmidt strebt für den marktreifen Superman-Simulator einen Preis von 2800 Euro an. Dazu kommen dann noch die Kosten für eine Virtual-Reality-Brille. Neben der Occulus Rift soll ICAROS aber auch mit Google Cardboard kompatibel sein — der Budget-VR-Brille aus Pappkarton, in die man sein Smartphone steckt.

Wann ICAROS auf den Markt kommen soll, wissen die beiden Designer noch nicht. Aktuell arbeiten Schmidt und Scholl zusammen an einer Crowdfunding-Kampagne. Doch eine konkrete Anfrage für den ICAROS haben sie schon bekommen: Ein Freizeitpark-Besitzer aus Bolivien will das Gerät unbedingt bei sich als Attraktion aufstellen. 

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