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Wenn deine GoPro dich verrät: Videos aus der Ich-Perspektive bedeuten keine Anonymität

von Katharina Brunner
Israelische Forscher haben es geschafft, in Kopfkamera-Videos biometrische Merkmale der Träger auszumachen. Damit könnten irgendwann auch diejenigen identifiziert werden, die das Video aufgenommen haben, selbst aber gar nicht darin vorkommen.

Wackelige Bilder zwischen den Regalen eines Supermarkts, immer wieder taucht von unten eine schwarze Pistole auf: Das YouTube-Video zeigt einen Überfall aus der Sicht des Räubers, der an seinem Kopf eine GoPro-Kamera befestigt hat. Solche Filme aus der Ich-Perspektive sind kein Genuss für Cinéasten: Die Bilder sind oft unscharf und verwackelt, die Kamera schwenkt zu schnell. Und genau diese technischen Fehler sind es, die es nun möglich machen, Filmemacher mit Kameras am Kopf mithilfe von lernender Software zu identifizieren. 

Verräterische biometrische Merkmale: Körpergröße, Schrittlänge oder die Art und Weise, zu gehen.

„Da Kameras, die am Kopf getragen werden, das Gesicht und den Körper nicht aufnehmen, scheint es, als könnte die Anonymität des Träger gewahrt bleiben, auch wenn das Video öffentlich verbreitet wird“, schreiben Yedid Hoshen und Shmuel Peleg von der Universität Jerusalem in ihrem Aufsatz „Egocentric Video Biometrics“. Auch wenn eine Person nicht direkt erkennbar sei, habe sie doch eindeutige biometrische Eigenschaften, etwa die Körpergröße, die Länge ihrer Schritte oder die Art und Weise, zu gehen. 

Hoshen und Peleg testeten ihre theoretischen Überlegungen mit zwei unterschiedlich ausgelegten Datensätzen. Für die öffentlichen „First-Person Social Interactions“-Daten trugen fünf Männer und eine Frau einen Tag lang eine GoPro-Kamera am Kopf und nahmen ihren Tagesablauf auf. Das Resultat waren lange Videos einer kleinen Anzahl von Nutzern, aus denen Hoshen und Peleg vor allem die Szenen nutzten, in denen die Probanden laufen. Um im Gegensatz dazu auch kurze Videos von einer großen Anzahl von Nutzern testen zu können, erhoben die beiden Forscher den „Egocentric Video Biometrics“-Datensatz: 47 höchstens ein paar Minuten lange Filme von insgesamt 34 Personen, die mit an Baseball-Caps befestigten Kameras aufnahmen, wie sie in einer ähnlichen Umgebung unter freiem Himmel spazieren gingen.

Probleme gibt es, wenn sich Testpersonen zu schnell bewegen oder in der Nähe großer Objekte stehen.

80 Prozent der so gewonnenen Daten speisten die Wissenschaftler in ein „Convolutional Neutral Network“ ein. Das ist ein Modell künstlicher Neuronen, wie standardmäßig für die Erkennung von Gesichtern, Sprache und Bildern eingesetzt wird. Die Software nehme Gesetzmäßigkeiten wahr und kann so die restlichen Videos aus den Datensätzen „ziemlich zuverlässig“ identifizieren, sagen die israelischen Forscher. Noch funktioniert das Programm nur bei gehenden Personen. Probleme gibt es, wenn sich die Testpersonen zu schnell bewegen oder in der Nähe großer Objekte wie etwa Autos stehen. 

Praktische Anwendungsmöglichkeiten sehen die Forscher zum Beispiel darin, Kopfkameras nur für ihre Besitzer verwendbar zu machen und so das Diebstahlrisiko zu senken. Aber auch Polizei und Geheimdienste würden sich sicher über die Technologie freuen, die bei Ermittlungen hilfreich sein kann. Die wichtigste Schlussfolgerung aus ihren Forschungsergebnissen sei jedoch, „dass sich die Menschen bewusst sein sollten, dass das Teilen von Videos aus der Ich-Perspektive keine Anonymität gewährleistet“, sagen Hoshen und Peleg. Um Personen final zu identifizieren, braucht es allerdings andere Videos, in denen sie zu sehen sind, um die biometrischen Eigenschaften abzugleichen. Der Räuber aus dem YouTube-Video vom Anfang muss sich deshalb keine Sorgen machen, dass er enttarnt wird. 

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