Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Wearables gegen Vergewaltigungen: Emergency Buttons sollen im Notfall Alarm schlagen

von Sonja Peteranderl
Emergency Buttons und Apps versprechen Hilfe auf Knopfdruck. In Notsituationen sinnvoll, verändert Technologie allerdings nichts am grundsätzlichen Problem von Gewalt und Rape Culture.

Ihrer kleinen Schwester, die als Teenager überfallen wurde, konnte Jacqueline Ros nicht helfen — mit ihrem tragbaren Notfall-Button möchte die Gründerin jetzt Menschen in ähnlichen Notlagen unterstützen. Das erste Wearable ihres Startups Revolar lässt sich unauffällig unter der Kleidung verstecken oder am Schlüsselbund tragen und kann im Notfall durch Knopfdruck aktiviert werden.

Per Textnachricht oder E-Mail erfahren Kontaktpersonen von der Notsituation, der aktuelle Aufenthaltsort wird übertragen und in Echtzeit aktualisiert. Freunde und Familie können so schneller zur Hilfe eilen — oder sofort die Polizei alarmieren.

Das Sicherheitsgadget von Revolar, das ab Frühling 2016 ausgeliefert wird, ist eines von mehreren neuen Emergency-Wearables. Auch die smarten Schmuckstücke von Cuff wirken wie Mini-Alarmanlagen. Das Grundprinzip der digitalen Notfallhelfer ist nicht neu: Auch Apps wie der kostenlose Panic Button von Amnesty International alarmieren vorher festgelegte Kontakte auf Knopfdruck.

Die Notfallhelfer sind immer nur so smart wie das Sicherheitskonzept, das dahinter steckt

Mit der von Studenten der Universität Regensburg entwickelten App KommGutHeim kann man sich in Echtzeit auf dem Heimweg von Freunden zumindest digital begleiten lassen — der Wegverlauf wird ihnen auf einer Karte angezeigt. Und in Indien haben Schüler als Antwort auf die Massenvergewaltigungen von Inderinnen Unterwäsche mit Sensoren entworfen, die Angreifer mit Stromstößen abwehrt und die GPS-Position an die indische Notruf-Hotline sendet. Die neue Notfallhelfer-Generation von Wearables lässt sich unauffällig aktivieren, man muss nicht erst sein Smartphone zücken — so dass kein potenzieller Täter etwas bemerkt. In Zukunft könnten dank elektrischem Garn und immer kleiner werdenen Sensoren auch Hoodies oder andere Kleidungsstücke einen Alarm auslösen, indem man nur noch leicht an ihnen zupft.

Die digitalen Notfallhelfer sind allerdings immer nur so smart wie das Sicherheitskonzept, das dahinter steckt. „Einen Alarm zu senden verbessert nur die Sicherheit, wenn deine Kontakte wissen, was sie tun müssen, um dir zu helfen”, warnt Amnesty International. Wer für den Notfall gerüstet sein will, sollte seine Kontakte vorher informieren — und mit ihnen besprechen, wie sie reagieren sollen.

Auch das grundlegende Problem der Rape Culture lösen die digitalen Helfer nicht: Die Notfall-Buttons folgen der Logik, dass Frauen und andere potenzielle Opfer von Gewalt sich mit digitalen Keuschheitsgürteln schützen müssen, wenn sie unbeschadet bleiben wollen. Unbeantwortet bleibt die Frage, wie es immer wieder geschehen kann, dass Menschen selbst in U-Bahnen, auf belebten Plätzen, inmitten von Menschenmengen belästigt werden, sogar, wenn die Polizei fast daneben steht.

GQ Empfiehlt
Apps, die ihr für eure guten Vorsätze braucht

Apps, die ihr für eure guten Vorsätze braucht

von Benedikt Plass-Fleßenkämper