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E-Roller-Startups erobern Deutschlands Städte

von Gründerszene
In Berlin gibt es bereits einen E-Rollerverleih, weitere Städte und Startups ziehen nach. Die Infrastruktur macht noch Probleme, doch es gibt bereits Lösungen.

Sie stinken nicht und geben kaum einen Mucks von sich – nicht nur Lieferdienste, sondern auch immer mehr Rollerverleihe setzen auf Elektroantriebe. In Berlin ist das Startup eMio seit Juli 2015 mit einer Flotte von 150 E-Rollern deutschlandweit das bekannteste Beispiel für diese Sharing-Kultur. Doch auch in Hamburg, München und NRW verschiebt sich gerade der Markt vom benzinbetriebenen Zweitakter zum umweltfreundlicheren Elektroantrieb.

Das Hamburger Startup Jaano hat hierzulande den ersten Roller-Verleih gelauncht, der die Suche nach Fahrzeugen und die Buchung über eine App regelt. Das im März 2015 gestartete Sharing hat zunächst ausschließlich auf den Benziner gesetzt. Doch das soll sich bald ändern: „Wir wollen unbedingt in das E-Roller-Segment einsteigen“, sagt Marian Jantzen, Marketingchef von Jaano, gegenüber Gründerszene.

„Wenn man das Konzept der Sharing-Mobility zu Ende denkt, dann ist der Wechsel auf Elektro aus unserer Sicht unabdingbar.“ Ein Testprogramm mit unterschiedlichen E-Rollern habe Jaano bereits im vergangenen Jahr durchgeführt. Momentan sei das Startup allerdings noch auf der Suche nach einer besseren Akku-Lösung, da man mit der Speicherkapazität noch nicht zufrieden sei, erzählt Jantzen.

„Wenn Roller, dann nur E-Roller!“, bekräftigt auch Sprecherin Anja Smetanin vom Verkehrsclub Deutschland. Eine 2014 veröffentlichte Studie vom Paul Scherrer Institut in Villigen liefert dazu das beste Argument: Zweitakter stoßen hundert Mal mehr gesundheitsschädliche Schadstoffe aus als andere Fahrzeuge. In China sind die Abgassünder bereits Ende der Neunzigerjahre größtenteils aus dem Straßenbild verbannt worden. Seitdem floriert in China der Markt mit E-Rollern.

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In Asien seien es mittlerweile etwa 22 Millionen gemeldete E-Roller, in Deutschland ungefähr 5.500, erzählt der Gründer von Amberscoot, Heiko Meyenberg. Sein Unternehmen verkauft und vermietet E-Roller in Köln, Essen, Duisburg und Gelsenkirchen. Die Roller bezieht Meyenberg, genauso wie die Hersteller Emco oder auch das Berliner E-Roller-Startup Unu, aus China.

Ein Problem für Amberscoot: die fehlende Infrastruktur für E-Roller. Deswegen setzt das Essener Unternehmen auf lokal gebundene Ladestationen, ähnlich wie der Auto-Sharer DriveNow von BMW – nur dass es keine Kooperationen mit Vattenfall oder RWE gibt, und damit keine passende Ladesäule mit den notwendigen Ladeschnittstellen für E-Roller. Meyenberg hat deshalb seine eigenen, solarbetriebenen Ladestationen in NRW aufgestellt, die er auch vertreibt. Bisher sind es in den vier Städten, in denen Amberscoot aktiv ist, allerdings nur zwölf an der Zahl. Kostenpunkt pro Säule: rund 3000 Euro.

Für einheitliche Ladesäulen, die sowohl von elektronischen Autos als auch Rollern oder E-Bikes genutzt werden können, fehlt es nicht an Ideen, sondern an Abkürzungen bei der Bürokratie. Ubitricity, ein Berliner Startup, das mobile Charging-Systeme entwickelt, arbeitet bereits daran, Straßenlaternen als Ladestationen umzurüsten – zunächst für E-Bikes. Wenn das gut angenommen wird, könne man sich gut vorstellen, auch mit Ladeschnittstellen für E-Roller weiter zu machen, sagt Gründer Knut Hechtfischer zu Gründerszene: „Das Problem ist nicht die Technik, sondern die Bürokratie mit der Abrechnung.“ Es bräuchte eine Messtechnik für die Abrechnung, die einfach per App geregelt werden könne, ergänzt Hechtfischer.

Ladesäulen sind für viele E-Roller-Hersteller und -Verleihe gar nicht die primäre Lösung. Stattdessen setzt man bei den Scootern von Unu, Emco oder auch dem E-Roller-Hersteller Govecs auf Tauschakkus. Die herausnehmbaren Akkus können teilweise auch an jeder beliebigen Steckdose geladen werden.

Der Berliner E-Roller-Verleih eMio, der seine Roller über Emco bezieht, lässt die Akkus in der Nacht von einem Fahrer austauschen. „Damit sind wir nicht auf die Lade-Infrastuktur angewiesen“, sagt Mitgründer Valerian Seither. Dennoch wird auch bei eMio am Ausbau der Infrastruktur gearbeitet: „Ich sehe da ein Potenzial, die Akku-Packs zu standardisieren. Dann kann man sich drüber unterhalten, auch öffentliche Stationen für Akkus aufzubauen. Das würde alles vereinfachen. Es gibt keinen Grund dafür, dass jeder seine eigene Lösung hat.“

Erste Kooperation gibt es bereits: Das Berliner Startup Greenpack, das standardisierte Wechselakku-Systeme entwickelt, befindet sich mit eMio und anderen Partnern in Verhandlungen. Lieferdienste, Kuriere und auch Rikscha-Fahrer hätten ebenfalls Interesse bekundet, sagt Tobias Breyer, Marketingsleiter von Greenpack.

Die Idee: Der Tauschakku soll als Allrounder, ähnlich wie eine 9-V-Blockbatterie, für unterschiedliche Anwendungsfälle genutzt werden können – vom elektrischen Rasenmäher bis zum E-Roller. Die Austauschstationen für Akkus sollen zuerst an Tankstellen aufgebaut werden. 2017 wird es in Berlin losgehen.

Nicht nur die Infrastruktur wird an unterschiedlichen Stellen aufgebaut, auch die Roller-Flotten werden vergrößert: „Wir planen die Flotte in Berlin zu erweitern“, sagt eMio-Gründer Seither. „Es gibt gute Rückmeldungen und mehr Bedarf in Berlin.“ Danach sei die Expansion in andere Städte geplant – Rom oder Barcelona etwa.

Dass der Blick auch ins Ausland schweift, kommt nicht von ungefähr. Amberscoot-Gründer Meyenberg findet dafür klare Worte: „In Deutschland gibt es gleich mehrere Hindernisse: Die Verkehrsregelung mit 45 km/h, man darf nicht auf Radwegen fahren wie in Holland und für E-Roller gibt es keine Förderung so wie fürs E-Autos. Es fehlt die Attraktivität. Wir haben über die Jahre das Rollerthema ziemlich aus den Augen verloren.“

Dieser Artikel ist zuerst bei Gründerszene erschienen. Das Original findet ihr hier

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