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Erst kämpfte der Chatbot eines 19-Jährigen gegen Strafzettel, jetzt gegen Obdachlosigkeit

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Der Standford-Student Joshua Browder hat einen Chatbot programmiert, der Usern beim Einspruch gegen fälschlicherweise ausgestellte Strafzettel hilft. Offenbar mit Erfolg: Bislang soll der digitale Anwalt in London und New York Bußgeld-Rückzahlungen in Höhe von vier Millionen Dollar erreicht haben.

Update, 16. August 2016: Joshua Browder hat seinen Chatbot inzwischen erweitert, um ein weiteres Problem anzugehen: drohende Obdachlosigkeit. In Großbritannien, wo der 19-Jährige Stanford-Student geboren und aufgewachsen ist, bietet der Staat Notunterkünfte für Menschen, die ihre Wohnung verlieren. Allerdings muss man dazu einen Antrag stellen – und ohne juristische Kenntnisse oder das Geld für einen Anwalt scheitern viele in dieser Situation.

Schätzungen der Organisation Centrepoint zufolge, die sich für obdachlose Jugendliche engagiert, landet ein Großteil der Jugendlichen deswegen auf der Straße. Nur etwa 10 Prozent bekamen die Unterstützung, obwohl sie ein Anrecht darauf gehabt hätten. Gleichzeitig verlieren in Großbritannien derzeit so viele Menschen ihre Wohnung wie nie zuvor: Dem Guardian zufolge wurden im vergangenen Jahr 42,728 Menschen aus ihren Wohnungen geworfen – die Konsequenz von steigenden Mieten und sinkenden Sozialausgaben.

Browder hat für den Chatbot Daten dazu ausgewertet, auf welcher Basis Anträge für eine Notunterbringung angenommen werden. Wie schon für seinen Anti-Parkschein-Bot müssen Nutzer dazu auch dem neuen Bot Fragen beantworten, etwa den Grund für ihre Obdachlosigkeit benennen, etwaige Behinderungen oder Krankheiten auflisten. Der Bot generiert auf Basis dieser Informationen automatisch einen Antrag, der die Chancen des Betroffenen auf eine Unterbringung maximiert – tut also das, was auch ein Anwalt tun würde. Gab der Betroffene zum Beispiel an, unter Depressionen zu leiden, würde das im Mittelpunkt des Antrags stehen.

Der Bot funktioniert derzeit nur in Großbritannien. Browder würde den Dienst gerne auch auf San Francisco und New York ausweiten, beides Städte mit einem gigantischen Obdachlosigkeitsproblem. Allerdings seien die Gründe für Obdachlosigkeit dort andere als in Großbritannien, der Service müsse also entsprechend angepasst werden.

„Menschen, die Parkstrafen bekommen, sind die Verwundbarsten unserer Gesellschaft“, sagt Joshua Browder. Sie würden nicht absichtlich das Gesetz brechen, stattdessen würden die Stadtverwaltungen sie „als Einnahmequelle missbrauchen“. Deshalb hat der 19-Jährige, der an der renommierten Standford University in Kalifornien studiert, den Gratis-Service DoNotPay entwickelt.

Dahinter verbirgt sich ein Chatbot, den Browder als „weltweit ersten Roboter-Anwalt“ bezeichnet. Dieser ermittelt anhand einfacher Fragen, ob die Betroffenen Einspruch gegen einen Strafzettel erheben können. Ist dies der Fall, erstellt der Bot ein Widerspruchsschreiben, das der Nutzer dann an die entsprechende Stelle versenden kann.

DoNotPay kann seit 2015 in London und seit März 2016 in New York genutzt werden. Die Erfolgsquote ist dabei ziemlich beeindruckend: Von bisher 250.000 reklamierten Strafzetteln wurden 160.000 annulliert – das sind fast zwei Drittel aller Einsprüche. Laut Browder hat DoNotPay seinen Nutzern zu Rückerstattungen in Höhe von rund vier Millionen Dollar verholfen.

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Nun will Browder, dem die Idee zu DoNotPay kam, nachdem er in London selbst über 30 Tickets für Falschparken kassiert hatte, seinen Service auf andere Städte ausweiten. Als nächstes ist Seattle geplant, aber auch eine deutsche Version sei denkbar, sagt der Entwickler. Außerdem soll Browders Chatbot künftig bei Rückerstattungen für verspätete Flüge helfen.

Überhaupt seien Chatbots für den Studenten „eine Goldmine an Möglichkeiten“, um zahlreiche Dienste zu automatisieren. Deshalb plant er für die Zukunft weitere kostenlose Services, darunter beispielsweise Plattformen, auf denen Chatbots Flüchtlingen bei ihren Asylanträgen helfen oder HIV-Infizierte über ihre Rechte aufklären. 

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