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Diese 10 Fluggeräte werden die Luftfahrt revolutionieren

von Chris Köver
Die Luftfahrt erlebt ein neues Pionierzeitalter: Weltweit arbeiten Konstrukteure an neuartigen Fluggeräten, von der Lieferdrohne bis zum Überschalljet. WIRED stellt euch zehn der realistischsten Konzepte vor.

Unser Luftfahrt-Special erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe des WIRED Magazins im Herbst 2016. Wenn ihr die Ersten sein wollt, die einen WIRED-Artikel lesen, bevor er online geht: Hier könnt ihr das WIRED Magazin testen.

CentAirStation & CityBird
Zehn Sekunden nur rast das Flugzeug über die 640 Meter kurze Startbahn, dann zieht es steil nach oben und bringt seine 60 Passagiere vom Berliner Alexanderplatz direkt in die Londoner City statt auf einen Airport weit weg im Umland. Beide Flughäfen liegen im Stadtzentrum und sind über Gleisanlagen der Bahn gebaut. Nun thronen riesige Gebäude über den Schienen, und auf dem Dach starten und landen die neuen CityBird-Jets, die mit besonders leisen Triebwerken ausgestattet sind für den Stadtanflug.

So könnte Fliegen im Jahr 2040 aussehen, wenn es der Münchner Denkfabrik Bauhaus Luftfahrt gelingt, sowohl Stadtplaner als auch Flugzeugbauer für ihr Konzept der CentAirStation zu begeistern. „Das Phänomen von unbebauten Gleisflächen findet man weltweit“, sagt Kay Plötner, Teamleiter Ökonomie und Transport bei dem Institut. Fast einhundert Orte haben die Verkehrsforscher identifiziert, in denen solche innerstädtischen Flughäfen sinnvoll sein könnten, darunter Tokio, Kalkutta, San Francisco und Frankfurt am Main.

Bedarf gibt es praktisch überall, weil mehrere Trends zusammenkommen, die das Fliegen, wie es bisher praktiziert wird, an seine Grenzen bringen. Jährlich soll der Luftverkehr um fast fünf Prozent zunehmen, sagen Prognosen voraus – das würde eine Verdreifachung des heutigen Flugaufkommens bis 2040 bedeuten. Schon heute macht die Abfertigung der weltweit 3,8 Milliarden Passagiere, die für 2016 erwartet werden, Airports Probleme. Zeitgleich soll die Urbanisierung weiter zunehmen. 2050 werden 80 Prozent aller Menschen in Städten leben, schätzen die UN.

Der Gedanke, platzfressende Gleisanlagen zu überbauen und City-Flughäfen daraufzusetzen, sei einem Studenten der Glasgower School of Arts beim Herumsurfen auf Google Maps gekommen, sagt Plötner. Aus der Idee entwickelte die schottische Uni in Zusammenarbeit mit Bauhaus Luftfahrt das Konzept der CentAirStation.

Für Planung, Zulassung und Bau kalkuliert Plötner knapp 25 Jahre ein, dann könnten die ersten Passagiere von Bahnhof zu Bahnhof jetten. Zeitsparend und mit dem Kick des Besonderen, den das Fliegen heute zwischen Luxuslinern und Discount-Dosen verloren hat. „Die Beschleunigung beim Start“, sagt Plötner, „wäre wie in einem Sportwagen.“ Und vor dem Fenster zöge derweil Big Ben vorbei.

Zip – Roboterflugzeug
Flugzeuge können Leben retten, und dieses braucht dafür nur eine Spannweite von knapp zwei Metern: Zip ist ein Roboter-Transportflieger, der ab sofort 23 Kliniken im Westen Ruandas mit Blutkonserven versorgen soll. Das ostafrikanische Land ist verkehrstechnisch schlecht erschlossen; Menschen aber, die im Notfall Bluttransfusionen benötigen, können nicht warten. Die Rettung naht aus der Luft.

Mit 100 km/h transportiert die Zip ihre medizinische Last GPS-geleitet bis zu 150 Kilometer weit, am Ziel wird das Paket einfach abgeworfen. Zip wurde von Ingenieuren entwickelt, die zuvor bei Boeing, SpaceX und NASA gearbeitet haben, und Google hat in das Startup Zipline investiert. Vorerst sollen bis zu 150 Flüge am Tag ausgeführt werden von zunächst 20 Zip-Drohnen, 2017 soll das Projekt auf ganz Ruanda erweitert werden. An Mitteln fehlt es nicht, bisher nur an Wegen. Die sind jetzt frei.

Amazon-Lieferdrohne
Paul Misener, Amazons Vice President für Innovation, hat eine klare Vorstellung davon, wie seine Drohnen das Einkaufserlebnis von Menschen verändern sollen. Egal, was sie online bestellen, 30 Minuten später wird das Produkt bei ihnen sein. Statt eines verschwitzten Kuriers, der heute noch an der Haustür klingelt, auch beim neuen Ein-Stunden-Lieferservice Prime Now, wird eine Drohne über dem eigenen Garten oder Balkon schweben und die Order abladen.

Die ersten Tests für Amazon Prime Air finden derzeit in England statt, unter strenger Geheimhaltung. Augenzeugen berichten aber, dass in der Nähe von Cambridge – wo Amazon eine Entwicklungsabteilung unterhält – bereits Drohnen durch die Luft düsten. Laut eigenen Angaben testet der Online-Händler mehr als ein Dutzend Prototypen, denn am Ende soll es für jede Liefersituation die perfekte Drohne geben. Der Abwurf im ländlichen Garten funktioniert schon, für Großstädte mit Häuserschluchten aber fehlt noch die richtige Drohne. Eine der Herausforderungen ist, dass diese leiser werden müssen.

Einige Standards hat Amazon für alle seine künftigen Fluggeräte gesetzt: 2,2 Kilo Gewicht sollen sie transportieren können (denn nur die wenigsten Amazon-Pakete wiegen mehr), und zwar nahezu vollautomatisch bis zu 24 Kilometer weit. Das neueste Konzept sieht aus wie eine Mischung aus Helikopter und Flugzeug, der senkrecht startet und den dann ein Heckrotor auf Tempo bringt.

Nur eine Sache wäre noch zu klären: Wo werden Lieferdrohnen überhaupt fliegen dürfen? Bislang fehlen dazu weltweit gesetzliche Regelungen. Auch da aber hat Paul Misener klare Vorstellungen: Exklusiv für Lieferdrohnen soll ein Luftkorridor zwischen 60 bis 120 Metern Höhe eingerichtet werden. Damit aber könnte Amazon sich ausgerechnet die Leute zu Gegnern machen, die heute Drohnen gegenüber bereits extrem aufgeschlossen sind – Hobbydrohnenpiloten müssten fortan mit ihren Multikoptern unter der 60-Meter-Marke bleiben. Da liegt Streit in der Luft.

Jetman Yves Rossy
Er war Pilot der Schweizer Luftwaffe, später flog Yves Rossy die Boeing 747 für die Swissair. Mit dem von ihm entwickelten Jetpack braucht er keine Hülle mehr um sich herum.

WIRED: Herr Rossy, wenn Sie Ihr Jetpack auf dem Rücken tragen – sind Sie dann eher Flugzeug oder Vogel?
Yves Rossy: Das hängt von der Perspektive ab. Bisherige Fluggeräte lenkt man mit Steuerkommandos, man folgt der Maschine. Unsere Flugmaschine funktioniert genau umgekehrt: Der Körper ist das Steuersystem – wie bei einem Vogel.

WIRED: Was ist die andere Perspektive?
Rossy: Die rechtliche. In der Schweiz oder in Deutschland gelte ich einfach als Skydiver: Ich springe am Anfang aus einem Flugzeug, und am Ende lande ich mit einem Fallschirm. In anderen Ländern wie den USA aber wird es absurd. Um den Grand Canyon zu überfliegen, musste ich als experimentelles Flugzeug zugelassen werden.

WIRED: Im vergangenen Jahr sind Sie über Dubai neben einem Airbus A380 hergeflogen. Welche Vorbereitungen waren dafür nötig?
Rossy: Ich schaffe maximal 170 Knoten, das sind 315 Kilometer pro Stunde. Wir mussten besprechen: Was ist das geringste Tempo, mit dem ein leerer Airbus sicher fliegen kann? Das waren etwa 250 km/h. Damit konnten wir die Formation halten.

WIRED: Was wäre passiert, wenn Sie mit dem A380 kollidiert wären?
Rossy: Dem Airbus nichts. Der wiegt 560 Tonnen, ich mit dem Flügel 160 Kilo. Für den A380 bin ich eine Mücke.

WIRED: Und was wäre Ihnen geschehen?
Rossy: Der worst case ist: Es gibt eine Kollision – mit dem Airbus, mit einem Vogel oder einem anderen Jetman –, und ich werde bewusstlos. Dann würde es sehr schnell abwärts gehen, und auf 250 Metern würde sich automatisch mein Fallschirm öffnen. Die Risiken sind überschaubar. Aber das Leben ist halt gefährlich, am Ende sind wir alle tot.

WIRED: Wann können auch wir anderen endlich wie ein Vogel fliegen?
Rossy: In den nächsten fünf Jahren sollten wir etwas auf dem Markt haben. Das wird allerdings nichts, was man einfach kaufen kann wie einen Ferrari. Man muss damit erst fliegen lernen. Und es wird recht teuer, ein Jetpack kostet 120.000 Euro. Das ist Hightech, ein Triebwerk allein kostet 20 000 Euro – und wir brauchen ja vier davon.

Volocopter – Personendrohne
Mal eben ein Air-Taxi nehmen für den Weg zum Fußballstadion, um über die Autos im Stau hinwegzufliegen: Diverse Firmen arbeiten gerade an kleinen Fluggeräten auf Basis von Drohnentechnik, um Menschen in und aus der Stadt hinaus zu befördern. Luftfahrtgigant Airbus stellte im Sommer das Konzept eines CityAirbus vor; das Münchner Startup Lilium wiederum hat den Verkaufsstart seines Drehmotor-Jets für zwei Leute bereits auf Januar 2018 terminiert; und der chinesische Drohnenhersteller Ehang versucht ab 2017, eine US-Zulassung für den ersten autonom fliegenden Personen-Quadrocopter zu bekommen, die Ehang 184.

„Wir sind die Einzigen, die schon eine Genehmigung für bemanntes Fliegen haben“, sagt Alexander Zosel, Chef des Karlsruher Startups e-Volo. Er steuerte den Volocopter seiner Firma selbst bei dessen bemannten Jungfernflug im März. Der VC200 hat 18 elektrisch angetriebene Rotoren und wirkt wie eine Mischung aus Helikopter und Drohne. In anderthalb Jahren soll der Zweisitzer auf den Markt kommen.

Die Volocopter-Leute testen auch bereits das Fliegen ohne Pilot, doch das autonome Transportieren von Menschen in der Luft ist noch nirgendwo erlaubt. In frühestens fünf Jahren wird sich das ändern, glaubt Zosel, „dann sind wir bereit“. Erst mal soll der Volocopter von Menschen geflogen werden, Zosel sieht in Shuttle-Services auf kurzen Strecken die größten Chancen. Eine Akkuladung wird zunächst für 30 Minuten Flug reichen – vom Münchner Marienplatz wird man locker bis zur Allianz Arena kommen. Dann ist nur noch die Frage, ob das Spiel so aufregend wird wie der Flug.

Carplane – Fliegendes Auto

Weil ein anderer vom Himmel fiel, muss John Brown weiter am Boden bleiben. „Unser Carplane war bereit“, sagt der 53-Jährige. Sein Traum vom fliegenden Auto sollte sich nach knapp zehn Jahren Planung endlich erfüllen: ein Motor, zwei separate Kabinen, 200 km/h Fluggeschwindigkeit. Von zu Hause aus wollte Brown gemütlich zum Flugfeld fahren und von dort aus – abheben eben. Doch dann stürzte im vergangenen Jahr das slowakische Konkurrenzmodell AeroMobil ab, und die deutsche Bürokratie wollte auf Nummer sicher gehen bei der Zulassung des Carplane, das in Braunschweig konzipiert wurde. „Wir bauen jetzt neue Landeklappen und müssen wieder ans Reißbrett“, sagt Brown. Anfang 2017 soll nun alles bereit sein.

Fahren und Fliegen in einem, das ist gar nicht so leicht. „Wir müssen zwei Herren dienen“, sagt Brown. Um abzuheben, braucht der Motor eine bestimmte Leistung. Die aber produziert Abgaswerte, die für die Zulassung zum Straßenverkehr zu hoch sind. Alle Teile am Carplane müssen genormt sein und eine Seriennummer haben, wenn es nicht nur Flugzeug, sondern auch Auto sein soll. Die Scheinwerfer des Carplane stammen deshalb von Porsche, die Räder vom Smart, Chassis und Karosserie wiederum von anderen Sportwagen, möglichst leicht muss alles sein.

Vielleicht ist ein alternativer Antrieb auch die Lösung, Brown hat bereits Gespräche mit Siemens geführt, es ging um einen Hybridmotor. „Ich bin ein Fan von E-Motoren, die können überall im Fahrzeug sitzen, lösen das Abgasproblem und sind leise“, sagt er.

Auch wirtschaftlich deutet sich Bewegung an. Seit im Sommer bekannt wurde, dass Alphabet-CEO Larry Page in zwei amerikanische Flying-Car-Startups investiert hat, Zee.Aero und Kitty Hawk, „rufen andauernd Investoren bei uns an“, sagt Brown. Eben noch bremste ihn das Crash-Pech eines Mitbewerbers, nun beflügelt ihn das Geldglück von zwei anderen Konkurrenten. Er könnte glatt abheben.

Airlander – Transport-Luftschiff

Es dauerte nur eine Woche, bis aus einem gefeierten neuen Fluggerät ein Witz geworden ist. Am 17. August startete das derzeit größte Fluggerät der Welt, der Airlander 10, zu seinem Jungfernflug im englischen Bedfordshire – und sieben Tage später landete es beim zweiten Flug unsanft auf der Nase.

Die Konstrukteure des 92 Meter langen Luftschiffs werden angesichts des rasch kursierenden Handyvideos vom zeitlupenartigen Absturz nicht gelacht haben, dafür steht für sie zu viel auf dem Spiel: Sie wollen beweisen, dass Luftschiffe wieder eine Zukunft besitzen, etwa als tagelang in der Luft schwebender militärischer Beobachtungsposten oder als Transportmittel für Güter.

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Während in Deutschland der Traum vom Zeppelin-Nachfolger mit der Pleite des Cargolifter-Projekts im Jahr 2002 ausgeträumt war, durfte die britische Firma HAV an ihren Entwurf eines long endurance multi-intelligence vehicle glauben – denn HAV gewann damit 2009 eine 500 Millionen Dollar schwere Ausschreibung der U.S. Army. Die wollte das Luftschiff dann aber doch nicht einsetzen. So kaufte es HAV zurück und entwickelte es in Bedfordshire zum Airlander 10 fort. Der soll eine Art Vorstufe sein für den geplanten, noch größeren Airlander 50, der fünfmal so viel Gewicht wuchten können soll wie das bestehende Modell: 50 Tonnen.

Was aus dem Airlander nun wird nach dem Crash? HAV teilte sofort mit: Man werde die Entwicklung ohne Verzögerung vorantreiben.

Boom – Überschallflugzeug

Vor zwei Jahren kündigte Blake Scholl bei Groupon, weil der Mittdreißiger einen verwegenen Traum hatte – den vom Überschallfliegen. Scholl will mit seinem Startup Boom einen Jet konstruieren, der den Luftverkehr revolutionieren soll.

WIRED: Mister Scholl, die Concorde wurde vor 13 Jahren aufgegeben. Seitdem wollte kein Flugzeugbauer mehr die Schallmauer durchbrechen. Warum wollen Sie es? Blake Scholl: Weil es schlicht keinen Sinn hat, dass wir in jedem Bereich technische Fortschritte erzielen – nur Flugzeuge fliegen heute noch genauso langsam wie vor 50 Jahren.

WIRED: Und wieso ändern Airbus und Boeing daran nichts?
Scholl: Die haben derzeit andere Sorgen, Boeing und Airbus sind in allen Modellklassen miteinander in Preiskämpfen verstrickt. Die nächsten technischen Innovationen kommen deshalb von Startups wie unserem.

WIRED: Der Betrieb der Concorde wurde eingestellt, weil zu wenige Menschen 20 000 Dollar für ein Ticket ausgeben wollten. Wie soll Boom sich einmal rechnen?
Scholl: Das Grundproblem der Concorde war ihr hoher Kerosinverbrauch. Die Boom wird 30 Prozent effizienter fliegen. Das ist nicht leicht zu erreichen, aber möglich. Und wir konstruieren ein Flugzeug mit der richtigen Anzahl an Sitzplätzen, damit die Airlines es vollkriegen. Die Boom wird 40 Plätze haben statt der 100 der Concorde, der Hin- und Rückflug von New York nach London wird nur 5000 Dollar kosten.

WIRED: Wie schwierig ist es, einen Überschallflieger zu konzipieren?
Scholl: Die Technologien und Materialien sind alle schon vorhanden, auch Airbus und Boeing verbauen etwa schon Verbundstoffe an ihren Flugzeugen, aus denen wir die Boom konstruieren. Vergleicht man die Summe der Einzelteile eines Flugzeugs mit einer Farbpalette, so benutzen wir dieselben Farben wie die anderen Hersteller – wir malen damit nur ein völlig anderes Bild.

WIRED: Sie konnten Virgin als Partner gewinnen. Welche Vorteile hat das?
Scholl: Virgin ist zugleich Kunde und Produktionspartner. Wegen der Weltraumsparte Virgin Galactic betreibt die Firma zum Beispiel ein Testgelände für Überschallflüge, das wir nutzen können. Und auch bei der Herstellung unseres Flugzeugs kooperieren wir mit Virgin.

WIRED: Wie weit sind Sie schon?
Scholl: Seit Mitte vergangenen Jahres arbeitet unser Team am Prototypen. Das Ziel ist, Ende 2017 mit ersten Testflügen zu starten. Wir sind auf einem guten Weg, das zu schaffen.

WIRED: Sind Sie selbst überhaupt schon im Überschalltempo geflogen?
Scholl: Eben nicht! Dafür musste ich erst diese Firma aufmachen. Wenn man auf 18.000 Metern Höhe fliegt statt auf 12.000 wie bei herkömmlichen Interkontinentalflügen, erkennt man die Krümmung der Erde. Und das Blau des Himmels ist so tief, wie man es noch nie gesehen hat.

Bloostar – Strato-Ballon
José López-Urdiales’ Plan beweist, dass immer noch Pioniertaten am Himmel möglich sind: Der Spanier will im Oktober zum ersten Mal einen Ballon dazu benutzen, um ein Raketensystem in die Stratosphäre hochzuziehen, die 18 000 Meter überm Äquator beginnt, „dann kappen wir das Kabel, die Rakete fällt für einen Moment – wie die Bombe eines Kampffliegers“. Daraufhin zündet die Rakete und rast weiter in den Orbit, um ihre Ladung ins All zu entlassen: Kleinstsatelliten.

López-Urdiales positioniert seine Firma Zero 2 Infinity und ihren High-Altitude-Balloon Bloostar als Alternative zu Weltraumbehörden, in deren Raketen etwa Tech-Firmen bislang teuren Restraum kaufen müssen, um ihre Kommunikationssatelliten ins All zu schaffen. Während SpaceX und Virgin Galactic die Privatisierung der Raumfahrt mit Raketentechnik anstreben, glaubt López-Urdiales an eine größere Zuverlässigkeit seines Ballons, der von einem Testgelände in Spanien abheben wird. Dass zuletzt eine SpaceX-Rakete am Boden in Flammen aufging und ihre Ladung gleich mit, ein Facebook-Satellit, scheint ihn vorläufig zu bestätigen.

In ein paar Jahren will López-Urdiales auch Menschen in die Stratosphäre bringen. Bloon heißt das Projekt, ein Ticket wird 110 000 Euro kosten. Die Konkurrenz ist da schneller und billiger: World View aus Arizona will schon 2017 Passagierflüge in ihrem Voyager-Ballon anbieten, den Ausblick von 30 Kilometern Höhe aus wird es für 75 000 Dollar geben. Und auch die chinesische Firma KuangChi will ins Höhenrennen einsteigen. Ihr Ballon Traveller wird es aber nur auf 24 000 Meter bringen – langweilig!

SpaceShipTwo –Raumschiff
Richard Branson ist ziemlich gut darin, Versprechungen zu machen. Aber nicht so gut darin, Deadlines einzuhalten. Spätestens in zwei Jahren, verkündete der Virgin-Galactic-Gründer im Jahr 2009, würden die ersten Passagiere mit seinem Raumschiff SpaceShipTwo ins All fliegen, um sechs Minuten lang schwerelos zu sein als Weltraumtouristen. Doch die Testflüge des SpaceShipTwo brachten nicht die gewünschten Ergebnisse, das Raumschiff von der Größe eines Privatjets flog nicht schnell und hoch genug, ein neuer Treibstoff musste her. Und so verstrichen weitere Deadlines für den kommerziellen Erstflug, bis im Oktober 2014 der GAU geschah: Bei einem Testflug über der Mojave-Wüste explodierte das Raumschiff, der Copilot starb, der Pilot überlebte schwer verletzt. Richard Branson aber ist kein Typ, der aufgibt.

In diesem August konnte Virgin Galactic bekanntgeben, von der US-Luftfahrtbehörde FAA die Genehmigung für Testflüge des neuen SpaceShipTwo namens Unity erhalten zu haben. Doch die Lizenz der FAA erlaubt einfach nur, in den kommenden zwei Jahren weiter zu testen. Bevor ein SpaceShipTwo die ersten sechs Passagiere auf eine Höhe von 110 Kilometern bringen darf, muss Virgin Galactic die Sicherheit seines Raumschiffs unter Beweis stellen. Wie lange wir also noch bis zum Anbruch der Ära des Weltraumtourismus warten müssen? Zum ersten Mal hat Branson sich jetzt auf keine Deadline mehr festgelegt.

Dieser Artikel stammt aus der Herbstausgabe 2016 des WIRED-Magazins. Weitere Themen: der Web.de-Gründer und seine Suche nach dem ewigen Leben, Künstliche Intelligenz, ein Blockchain-Krimi aus Sachsen, Udacity-Gründer Sebastian Thrun – und ein Punk, der uns vor der NSA schützen will.

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