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Die Samsung-Krise könnte das Batterieproblem lösen

von Harry Hoster
Der Rückruf des Galaxy Note 7 ist am Ende vielleicht doch noch  zu etwas gut: Forscher wollen die Smartphones nutzen, um fehlerhafte Batterien zu testen und die Technologie für die gesamte Branche zu optimieren. Das würde auch Samsung helfen. 

Die meisten Autounfälle, bei denen Smartphones im Spiel sind, werden von unkonzentrierten Fahrern oder Fußgängern verursacht. Doch wenn ein Smartphone unerwartet in Flammen aufgeht – und das selbst in Flugzeugen – ist die Unsicherheit aller Beteiligten besonders groß. Das Samsung Galaxy Note 7 ist so ein Gerät.

Samsung selbst gibt zu, die technischen Details des Problems nicht zu kennen. Externe Spezialisten wissen über die Ursachen der Vorfälle noch weniger. Unter dieser Ungewissheit und Intransparenz könnte das Vertrauen der Verbraucher erheblich leiden. Die gesamte Smartphone-Branche sollte das Problem schnellstmöglich identifizieren und lösen. 

Indes warnte Samsung, das Debakel würde das Unternehmen in den kommenden sechs Monaten mehr als eine Milliarde Euro kosten. Hinzu kommen die Kosten, die durch den Rückruf der betroffenen Geräte entstehen.

Immerhin könnte das schiere Ausmaß des Problems eine einzigartige Gelegenheit bieten: Wenn es Samsung gelingt, die Sicherheitsstandards von Smartphone-Batterien zu erforschen und zu lösen, könnte einer gesamten Industrie damit geholfen werden. Dafür muss der südkoreanische Hersteller die schadhaften Batterien der Forschung zur Verfügung stellen.

Wissenschaftler und Ingenieure im Bereich der Batterieforschung kommen nämlich nicht ohne Weiteres an defekte Versuchsobjekte heran. Wird an künstlich produzierten Batterien geforscht, sind die Ergebnisse verfälscht, weil es sich um ein selbsterzeugtes Problem handelt. Die Millionen Geräte aus der Rückrufaktion des Note 7 könnten das ändern und – als kleiner Nebeneffekt – Samsung gleichzeitig aus der PR-Krise helfen.  

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Bereits 2006 hatte ein Hersteller Probleme mit mangelhaften Stromspeichern: Sony musste Batterien von Notebooks zurückrufen, in denen kleine Metallpartikel als Überbleibsel aus dem Produktionsprozess gefunden wurden. Diese heizten sich, beispielsweise beim Ladevorgang des Geräts, auf und entzündeten die Elektrolytlösung in der Batteriezelle.

Noch ist nicht klar, ob beim Note 7 ein ähnliches Problem vorliegt. Die Batterietechnologie hat sich in den vergangenen Jahren erheblich weiterentwickelt, mehr und mehr Energie wurde in den engsten Raum eingepasst. Moderne Technologien ummanteln die leistungsfähigen Elektroden im Inneren der Batterien, die auf dünnen Aluminium- und Kupferfolien liegen.

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Metallpartikel, wie sie in den Sony-Batterien gefunden wurden, würden den Stromkreis der modernen Batterien zerstören, noch bevor sie ausgeliefert werden würden. Das Problem des Note 7 könnte jedoch von viel kleineren staubartigen Partikeln verursacht werden, von kleinen Hohlräumen in den Elektroden etwa oder von produktionsbedingten Unstimmigkeiten.

Alle Lithiumionen-Batterien durchlaufen nach der mechanischen Herstellung einen Formationsprozess, der bis zu 24 Stunden in Anspruch nehmen kann. Er beinhaltet mehrmaliges Laden und Entladen des Geräts, wodurch sich interne Schutzschichten bilden. Jede Nebenreaktion kann so unter kontrollierten Bedingungen auftreten. Batteriezellen, die Unregelmäßigkeiten aufweisen, werden recycelt. Der gesamte Prozess kann aber (noch) nicht die Symptome aufdecken, die auf zukünftige Mängel hindeuten würden.

Samsungs Problem eröffnet sowohl dem Unternehmen als auch der gesamten Industrie die Möglichkeit, Batteriefehler eingehender zu erforschen. Dadurch könnten künftige Fertigungstechnologien optimiert und Defekte frühzeitig erkannt werden. Falls sich Samsung mit den Forschern über die Diagnosemethoden einig werden kann, könnte womöglich auch ein neuer Postproduktions-Check eingeführt werden, der Batteriemängel vorzeitig eliminiert.

Bisher besteht Samsung aber anscheinend noch auf seinem geistigen Eigentumsrecht. Obwohl es als gute Methode in der Branche angesehen ist, defekte Batterien extern prüfen zu lassen, weigert sich das Unternehmen noch, die Geräte freizugeben. Samsung fürchtet einen möglichen Imageschaden, der aus der Offenlegung von ein paar Betriebsgeheimnissen bestehen würde. Dieser Imageschaden wäre jedoch viel kleiner als das große Risiko, durch zukünftige Batteriefehler das Vertrauen des Kunden endgültig zu verlieren.

Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED UK

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