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In den Räumen, in denen das Internet zu Hause ist, liegt der Geruch von warmem Kunststoff und Öl in der Luft. Auch wenn es uns im Alltag so vorkommen mag, als bestünde das Netz allein aus den Signalen, die WLAN-Router und Sendemasten ausstrahlen: Das Internet ist kein rein materiefreies Universum. Es ist ein Netzwerk von Servern, Verteilerstationen und Kabeln in Gebäuden, in denen es riecht, surrt und blinkt.
Seit drei Jahren bereist der amerikanische Fotograf David Greer diese versteckte Welt. Als Internet-Tourist ist er unterwegs an der Ostküste der USA und in Kalifornien und besucht die Orte, durch die das Internet fließt. Manchmal ist das sogar wörtlich zu verstehen.
„Das Erste, was mich wirklich umgehauen hat, waren die Fiberglaskabel, die durch den Ozean laufen und beispielsweise die USA mit Europa verbinden“, sagt Greer. Seine liebsten Orte sind die, an denen sich das Netz unter einer unverdächtigen Oberfläche versteckt. Die Server selbst zu fotografieren, würde ihn nur langweilen. Für ihn ist seine Arbeit journalistische Dokumentation wie Kunstprojekt.
Die Koordinaten seiner Trips bezieht der 28-Jährige – der mit dem Fotografieren begonnen hat, weil er für sich und seine Freunde Skateboard-Sprünge festhalten wollte – aus öffentlich zugänglichen Quellen: aus dem Buch „Tubes – A Journey To The Center Of The Internet“ von Andrew Blum zum Beispiel (auf Deutsch 2012 erschienen mit dem missglückten Titel Kabelsalat – Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte) oder Dokumente der Federal Communications Commission, einer US-Behörde, die den Kommunikationsverkehr reguliert.
Greer macht sich keine Sorgen, dass er mit seiner Arbeit eine Art Lonely Planet schafft für Leute, die den globalen Datenverkehr sabotieren wollen, er verrät ja keine Geheimnisse. „Die neuralgischen Orte sind die Rechenzentren“, sagt er. „Und in denen gibt es alle erdenklichen Sicherheitsvorkehrungen. Ich habe keinen Zweifel, dass ich zu jeder Sekunde beobachtet wurde, als ich um sie herumfuhr, um die beste Perspektive zu finden.“