Wer den von der NASA neu entwickelten „Weltraum-Stoff“ sieht, denkt nicht gleich an Astronauten, die in Raumschiffen durchs All fliegen und fremde Planeten entdecken. Sondern an Ritter, die mit ihren Schlachtrössern durchs dunkle Mittelalter preschen, immer auf der Suche nach Königreichen, die erobert werden wollen. Denn das metallische Textil könnte auch Teil eines Kettenpanzers sein.
Während die eine Seite des doppelseitigen Stoffes aus kleinen silbernen Quadraten besteht, scheint die andere aus etlichen kleinen Schlaufen geflochten zu sein, so wie ein echter Ringpanzer eben auch. Ist sie aber nicht, denn das komplette Stück kommt aus einem 3D-Drucker und wurde in einem Teil produziert, nicht in wochenlanger Handarbeit hergestellt.
Dennoch scheint es all die Qualitäten eines echten Kettenpanzers aufzuweisen – und natürlich noch viele mehr: Der NASA-Ringpanzer soll Astronauten und ihre Raumfahrzeuge etwa vor Meteoriten schützen und passt sich wie ein Stück Textil dem Körper des Trägers oder der Form des Vehikels an. Doch der Weltraum-Stoff passt sich nicht wie sein Vorbild den Außentemperaturen an und lässt seinen Träger bei Minusgraden noch mehr erzittern, während es in der Sonne brennend heiß wird – er reguliert stattdessen die Wärme- wie Kältezufuhr. Die eine Seite des Stoffes reflektiert Licht, während die andere es absorbiert.
„Wir nennen es 4D-Druck“, sagt der NASA-Ingenieur Polit Casillas. Weil nicht nur die Form ausgedruckt werde, sondern durch das Design eben auch gleich die Funktion des Materials. Diese wird durch Muster und Oberflächenstruktur bestimmt. „Wenn das 20. Jahrhundert von der Massenproduktion angetrieben wurde, dann ist das hier die Massenproduktion von Funktionen“, so der Entwickler. Bisher sei die Herstellung und Umsetzung von Raumfahrzeugen schwierig und kostspielig gewesen, sagt Andrew Shapiro-Scharlotta, der für die Finanzierung von NASA-Forschungsprojekten verantwortlich ist. Mit dem 4D-Druck könne der Prozess günstiger werden und Türen zu neuen Designs öffnen.
Das Team um Casillas will den Weltraum-Stoff nicht nur im All testen, sondern ihn auch irgendwann einmal dort produzieren. Das Ziel ist, dass Astronauten ihre Materialien selbst ausdrucken und alte zu neuen recyceln können.