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Streaming-Dienste retten abgesetzte TV-Serien — weil dort die Zukunft liegt

von Dominik Schönleben
Das Science-Fiction-Drama „Firefly“ gilt als feuchter Nerd-Traum der seriellen Unterhaltung — dennoch endete die Show schon nach nur einer Staffel. Ein trauriges Schicksal, das zum Beispiel dafür avancierte, wie grausam das TV-Business zum Nischenfernsehen ist. Kann so etwas heute im Zeitalter der Streaming-Dienste überhaupt noch passieren? „Zu nischig“ ist kein Grund mehr, solch ein Meisterwerk einfach abzuservieren, meint unser Redakteur Dominik Schönleben in seinem Kommentar.

Im echten Leben bekommt niemand seine eigene Spin-Off-Serie.

Britta Perry in „Community“

„Wo ist Sherly hin, hat sie ihr eigens Spin-Off?“, kommentiert der Charakter Abed das unverhoffte Comeback der eigenen Serie. Das Comedy-Drama „Community“ beginnt in jeder Folge damit, dass sich alle Hauptcharaktere gemeinsam an einem Tisch versammeln — doch diesmal fehlt einer. Sherly hat den Übergang zur sechsten Staffel nicht geschafft. Die Antwort auf Abeds Frage lautet deshalb: „Im echten Leben bekommt niemand seine eigene Spin-Off-Serie.“ Was den Kern der Sache eigentlich ganz gut trifft, denn die Schauspielerin hinter Sherly, Yvette Nicole Brown, hat in Wirklichkeit zur Comedy-Show „The Odd Couple“ gewechselt.

Anstatt eine unglaubwürdige Ausrede zu erfinden, macht „Community“ das, wofür ihre Fans die Serie lieben. Sie greift die Problematik auf, dass in Serien eben manchmal Hauptcharaktere ersetzt werden müssen — besonders, wenn die Serie pausiert wurde. Die Charaktere begeben sich dabei auf die Meta-Ebene des Erzählens, brechen mit der unsichtbaren Wand zwischen Publikum und Bühne und geben offen zu: Ja, wir machen uns hier darüber lustig, dass unsere Serie eigentlich abgesetzt wurde.

Fanboys statt Massenmarkt

Doch jetzt geht es weiter mit „Community“: im Stream. Und die Serie ist damit ein Paradebeispiel für den Paradigmenwechsel im Entertainment-Business. Auf dem immer vielfältiger werdenden Streaming-Markt lohnen sich auch Serien ohne den Anspruch, einen Massenmarkt zu begeistern. Eine kleine, aber äußerst engagierte Fangemeinde reicht scheinbar. Und die besaß „Community“ von Anfang an.

Eigentlich hatte die Serie schon zu Beginn ein Problem: fallende Ratings. Während die erste Staffel im Durchschnitt von fünf Millionen Zuschauer gesehen wurde, sank die Quote jeder neuen Season um knapp eine halbe Million. Obwohl es bereits seit der ersten Staffel Gerüchte gab, war es nach der fünften dann soweit: Der amerikanische Fernsehsender NBC gab der Serie den Todesstoß. „Für uns ergibt eine weitere Staffel bei dieser Publikumsgröße einfach keinen Sinn“, sagte NBC-Vorsitzender Bob Greenblatt, als im Mai letzten Jahres das TV-Ende von „Community“ bekannt gegeben wurde.

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Es ist der oben beschriebene krude Meta-Humor, der „Community“ nicht salonfähig für den Massenmarkt machte. Gegen die im Lauf der Staffeln mehr und mehr mainstreamiger werdende Sitcom „The Big Bang Theory“, die im amerikanischen Fernsehen zeitgleich lief, hatte „Community“ nie eine Chance. Während „The Big Bang Theory“ mindestens noch bis zur zehnten Staffel im TV laufen wird und dabei konstant über 15 Millionen Zuschauer hat, ist es ein Wunder, dass „Community“ es bis zur fünften Staffel schaffte — vielleicht hatte NBC selbst keine Ahnung, wen es sonst gegen den Hit-Erfolg „Big Bang Theory“ ins Rennen schicken sollte.

Doch das TV-Ende von „Community“ war nicht der Tod der Serie. Bei Streaming-Diensten gelten andere Regeln. Yahoo! Screen kaufte die Serie und produzierte eine sechste Staffel, die werbefinanziert im Internet ausgestrahlt wurde. Kein Einzelfall, sondern ein Trend.

Angefangen hat alles, als Netflix 2013 die Comedy-Serie „Arrested Development“ sieben Jahre nach ihrem Tod wiederbelebte. Auch diese Show war auf dem amerikanischen Sender Fox eigentlich ein Flop gewesen, entwickelte sich aber im Lauf der Jahre zum Kultklassiker. Durch den Erfolg dieses Experiments wurde die Idee legitimiert, TV-Serien im Internet ein zweites Leben zu schenken. Es folgten neue Staffeln von „The Killing“ und demnächst kommt eine Fortsetzung von „Longmire“.

Dem Beispiel von Netflix folgt jetzt auch der amerikanische Streaming-Service Hulu mit einer Fortsetzung von „The Mindy Project“ und dem Ausstrahlen bereits abgesetzter Serien, deren letzte Episoden schon produziert sind. Für Yahoo! Screen ist „Community“ bisher die erste und einzige Serie.

Nischenformate sind die Zukunft

Selbst die Fernsehsender können sich dem nicht entziehen, was noch vor ein paar Jahren als unmöglich erschien: eine bereits abgesetzte Serie wiederzubeleben. Fox hat bereits angekündigt „Akte X“ in einer aus sechs Folgen bestehenden Mini-Serie fortzusetzen. Kein Reboot, sondern so wie früher, mit David Duchovny und Gillian Anderson in den Hauptrollen.

Während der Fernsehsender Fox also versucht, wieder Leben in eine klassische Mainstream-Serie zu bringen, greifen die Streaming-Services nach dem, was vermeintlich übrig bleibt. Doch die im TV gescheiterten Formate sind in Wirklichkeit die glorreiche Zukunft des Entertainment-Business. Gute Serien mit ungewöhnlichen Ansätzen sind nicht mehr vom Mainstream abhängig, sondern können sich entfalten. So lange eine Serie eine klare Nische bedient, kann sie sich durchsetzen — im Internet als Stream. 

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