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Der Ist-Stand der Rosetta Mission: Wie Sie sehen, sehen Sie nichts!

von Dominik Schönleben
Die ersten 60 Stunden nach der Landung von Philae auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko waren die entscheidendsten. Für die wichtigsten Experimente hatte der Lander eine volle Batterie mit an Board — jetzt ist sie aufgebraucht und Philae in den Schlafmodus versetzt worden. Alle zehn geplanten Experimente konnten aber vorher durchgeführt werden. Doch eines der wichtigsten unter ihnen, die Bohrung des Kometenkerns, ist vermutlich fehlgeschlagen.

Fred Goesmann, Principal Investigator des COSAC-Instruments, sollte schon 20 bis 30 Minuten nach der Landung mit einem Experiment analysieren, welche organischen Moleküle auf dem Kometen zu finden sind. Doch das stellte sich schwieriger heraus, als zuerst angenommen.

Der Philae Lander landete nicht direkt, sondern prallte zweimal vom Kometen ab, bis er schließlich knapp einen Kilometer vom eigentlichen Landeplatz zum Stehen kam. Während dieser Zeit hatte das erste Experiment des COSAC-Instruments bereits begonnen. Es war automatisch mit dem Landevorgang gestartet worden.

Bereits Stunden vor der Landung befürchteten die Forscher, dass die Landung nicht wie geplant durchgeführt werden könne. Und so kam es auch: Der Gasantrieb, der den Lander auf den Kometen drücken sollte, versagte. Auch die Harpunen zur Befestigung des Landers lösten nicht aus.

Die genaue Zusammensetzung des Kometen bleibt weiterhin ein Geheimnis.

Die ersten Messdaten des Landers wurden deshalb während seiner beiden Sprünge aufgezeichnet. Die dabei erhobenen Proben seien schwer vom Dreck im Instrument zu unterscheiden, sagt Goesmann im Interview mit WIRED Germany. Im sogenannten „Sniffing“-Modus wird das Instrument geöffnet und der Staub aufgefangen, der zufällig hineingeblasen wird. Erst später im zweiten Modus, der Analyse einer ausgewählten Bohrprobe, entsteht ein klares Bild. 

Der „Sniffing“-Modus funktionierte also einwandfrei, obwohl er im Flug stattgefunden hatte. Erst beim Bohren sei es zu Problemen gekommen. Dass der Komet organische Moleküle beherberge, sei nichts neues, so Goesmann. Die genaue Zusammensetzung hingegen bleibt leider weiterhin ein Geheimnis.

 

Die Datenkurve sei flach wie Ostfriesland gewesen

Fred Goesman, Principal Investigator des COSAC-Instruments

Für detailliertere Messungen hätte eigentlich der Kometenkern mit SD2 angebohrt werden sollen. Dabei ging scheinbar etwas schief: Flach wie Ostfriesland sei die Datenkurve gewesen, die Philae von der Bohrung zurück zur Erde gefunkt habe. Das einzige, was auf dem Ausdruck des Massenspektrometers klar zu erkennen ist, sei das Trägermaterial Helium, sagt Goesmann. Dies wurde Philae jedoch von den Forschern auf der Erde mitgegeben. 

„Der Bohrversuch war unsere Verzweiflungstat, solange noch Saft da war,“ beschreibt Goesmann das gescheiterte Experiment. Da Philae nicht verankert war, konnte keine ausreichende Gegenkraft aufgebaut werden, um in den Boden zu bohren. Man weiß nicht genau, ob Philae überhaupt eine Bohrprobe entnehmen konnte. Vielleicht sei überhaupt keine Probe im Rohr gewesen, als sie untersucht wurde. Die Alternative, ein ungewöhnlich flache Messung, scheint eher unwahrscheinlich. Vielleicht hat aber auch einfach das COSAC-Instrument versagt. 

Der einzige Weg zu klaren Messdaten wäre laut Goesmann eine erneute Bohrung: „Man kann den Teppich so lange ausklopfen, bis man Goldstaub findet. Aber da ist ja nichts drinnen in dem Teppich.“ Dass Philae wieder erwacht und genug Energie für eine erneute Bohrung bekommt, hofft Goesmann sehr. Derzeit bleibt ihm nichts anderes übrig, als Messungen, die Philae während seiner Hüpfer gemacht hat, auszuwerten. Doch auch hier: Die Auswertungen dauern lange, die Ergebnisse sind ungenau. 

Auch mit einem weiteren Gerät Philaes gab es Probleme.

Der Sensor MUPUS sollte eigentlich 40 Zentimeter tief in den Kometenkern gehämmert werden, um dort weitere Messungen durchzuführen. Obwohl die verfügbare Hammerkraft ausgeschöpft wurde, sei das misslungen. „Wir schätzen, dass die Thermalsonde unter einer zehn bis 20 Zentimeter dicken Staubschicht auf eine Eisschicht gestoßen ist“, sagt Tilman Spohn, Institutsleiter vom DLR (Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt). Im Laufe der Jahrmillionen wurde das Eis des Kometen vermutlich durch Temperaturanstiege und Abfälle „zusammengebacken“ und verhärtet.

Kurz nach der Landung, vor dem Bohrversuch, registrierte MUPUS eine Umgebungstemperatur von -153° Celsius auf dem Kometen. Weitere Sensoren von MUPUS befanden sich in den Harpunen. Da diese nicht abgefeuert wurden, konnten auch hier keine Ergebnisse zu Temperatur und Beschleunigung des Kometen eingeholt werden. Spohn hofft wie Goesmann auf einen zweiten Versuch. Falls es Philae gelingen sollte, seine Batterie aufzuladen, wollen die Forscher die Kometenoberfläche näher untersuchen.

Stammen die Bausteine für das Leben auf der Erde von Kometen?

Die entscheidende Frage der Mission bleibt: Stammen die Bausteine für das Leben auf der Erde von Kometen? 

Ob Philae wieder erwacht ist ungewiss. Dafür müsste sich der Komet drehen, damit die Solarpanele des Landers wieder mehr Sonnenlicht bekommen und so die Batterien aufgeladen werden können. Wir warten also weiter.

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