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Das Altern lässt sich aufhalten

von Anna Schughart
Ewig Leben werden die Menschen in Zukunft wahrscheinlich trotzdem nicht, aber eine neue Studie hat gezeigt: Das Altern lässt sich umkehren. US-Wissenschaftlern ist dies zum ersten Mal bei einem Tier gelungen. Doch lassen sich die Forschungsergebnisse auch auf den Menschen übertragen?

Manche Menschen, etwa der Gründer von Web.de, träumen davon, den Tod für immer zu überwinden. Anderen dagegen würde es schon reichen, wenn das Leben im Alter etwas einfacher wäre, wenn der Körper schlicht länger mitmachen würde. Doch das Altern ist ein komplexer Vorgang, Forscher und Forscherinnen versuchen noch immer zu verstehen, wie er genau funktioniert. Eines hat eine neue Studie jetzt aber gezeigt: Altern ist keine Einbahnstraße.

„Altern ist nicht länger ein in eine Richtung laufender Prozess, wie wir zuvor geglaubt haben. Wir können das Altern jetzt verlangsamen oder sogar umkehren“, sagt Juan Carlos Izpisua Belmonte im Gespräch mit WIRED. Der Biologe arbeitet am amerikanischen Salk Institute und hat dort ein Experiment geleitet, das das Leben von Mäusen um 30 Prozent verlängerte. Dazu widmeten sich Izpisua Belmonte und seine Kollegen dem sogenannten Epigenom.

„Das Epigenom ist eine Sammlung chemischer Marker auf dem Genom, die unsere DNA reguliert und beschützt“, erklärt Belmonte. Es ist für die Genexpression zuständig, also das äußere In-Erscheinung-Treten der genetischen Information. Doch im Laufe eines Lebens verändern sich die Marker. Manche wechseln ihren Ort, werden hoch- oder runterreguliert, wieder andere modifiziert. Ein „Transkriptionsrauschen“ entsteht. Statt ordentlich zu steuern, werde mit dem alter auch genetisch alles „lose, weniger straff und weniger kontrolliert“, sagt Belmonte. Um das Altern umzukehren – so die Hypothese – muss man also die epigenetischen Marker wieder verjüngen.

Andere Experimente scheiterten bisher daran, dass die Mäuse Tumore oder Geschwulste entwickelten

Genau das ist Belmonte und seinen Kollegen nun erfolgreich in lebenden Tieren gelungen. Dazu brauchte es die Hilfe der sogenannten Yamanaka-Faktoren. Mit ihnen lässt sich eine Zelle wieder in ihren pluripotenten Zustand (in dem sie sich noch zu den verschiedenen Zelltypen ausbilden kann) zurückversetzen. Doch in einem lebenden Organismus will man natürlich nicht, dass die Zellen ihre Identität verliert – sie soll sich nur ein wenig verjüngen. Darin bestand für Belmonte und sein Team die Herausforderung. Andere Experimente dieser Art waren bisher daran gescheitert, dass die Mäuse Tumore oder Geschwulste entwickelten.

„Der Hauptunterschied ist die Dauer der Expression der Yamanaka-Faktoren“, erklärt Belmonte. Während vorherige Studien die Expression mehrere Wochen lang induziert hatten, geschah das bei den Mäusen in Belmontes-Experiment nur zwei Mal pro Woche. Die Gene wurden nur dann aktiviert, wenn die Mäuse ein spezielles, mit einem Wirkstoff versetztes Wasser tranken.

„Das ist ein Durchbruch“, sagt K. Lenhard Rudolph vom Leibniz Institut für Altersforschung. „Die Ergebnisse zeigen, dass das Epigenom grundlegend zur Alterung beiträgt und dass, wenn man es verjüngt, sich auch im Alter der Gewebeerhalt verbessern kann.“ Für Rudolph bestätigt sich damit, dass das Epigenom in der Altersforschung ein vielversprechender Ansatzpunkt ist. Denn: „Die altersabhängige Veränderung des Epigenoms, trägt zur Verschlechterung der Zellfunktionen, des Organerhalts und der Organfunktionen im Alter bei.“ Altern, so sieht es auch Belmonte, ist einer der größten Risikofaktoren für die meisten menschlichen Krankheiten.

Es geht vor allem darum, die Anzahl der gesunden Jahre im Alter zu verlängern

Dass sich das jetzt gezeigte Prinzip zur Epigenom-Verjüngung eins zu eins auf den Menschen übertragen lässt, glaubt Rudolph jedoch nicht. Stattdessen ließen sich aber beispielsweise die Enzyme hemmen, die das Epigenom verändern. „In einer unserer Studien hat das positive Auswirkungen auf die Regenerationsfähigkeit der alternden Muskeln gehabt“, sagt Rudolph.

Auch Belmonte will die Yamanaka-Faktoren nicht beim Menschen anwenden. Andererseits könnten aber chemische Stoffe genutzt werden, um Zellen mittels Cremes oder Injektionen umzuprogrammieren und so Haut, Muskeln oder Knochen zu verjüngen. „Wir denken, dass diese chemischen Ansätze in zehn Jahren in klinischen Studien beim Menschen getestet werden könnten“, sagt Belmonte.

Die maximale Lebenszeit von Menschen wird sich dadurch wahrscheinlich nicht groß verändern. Bei dieser Art der Forschung, betont Rudolph, gehe es vor allem darum, die Anzahl der gesunden Jahre im Alter zu verlängern.

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