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Wieso Radioblitze uns sagen können, wie schwer das Universum ist

von Anna Schughart
Forscher haben zum ersten Mal den Ursprung eines Radioblitzes ermittelt. Damit kann man herausfinden, wieviel Materie in unserem Universum ist.

UPDATE 3.3.2016: Die Wissenschaftler Edo Berger und Peter Williams haben Zweifel geäußert, dass das Nachglühen tatsächlich von einem Radioblitz stammt. Laura Spitler meint dazu: „Ich kann nur sagen, dass der Artikel von Keane durch die Peer-Review von Nature gegangen ist und daher schon mehrmals von Experten beurteilt wurde; der andere Artikel hat diesen Prozess noch nicht durchlaufen.”

Spitler und ihr Team haben unterdessen eine ganze Serie von Radioblitzen gemessen, die einen ganz anderen Ursprung haben als die gängigen Theorien bisher vermuteten.

Das Universum setzt sich zum größten Teil aus Dunkler Energie und Dunkler Materie zusammen. Gerademal fünf Prozent davon besteht aus gewöhnlicher Materie — aus Menschen, Tieren und Planeten. Doch selbst bei diesen fünf Prozent waren sich die Wissenschaftler bisher nicht zweifelsfrei sicher: Sind es wirklich fünf Prozent? Denn obwohl man sie berechnen kann, messen konnte man die Materie bisher nie komplett. Teleskope reichen einfach nicht aus. Was mit ihnen sichtbar wird, Galaxien, Sterne, Wasserstoff, ist gerade mal die Hälfte dieser fünf Prozent. Den Rest bezeichnen Forscher deshalb treffend als „fehlende Materie“.

Jetzt hat sie ein internationales Team an Wissenschaftlern gefunden. Mit Hilfe von sogenannten schnellen Radioblitzen (oder auch Radiostrahlungsausbrüchen), die rund 1000 Mal am Tag unsere Erde erreichen. Das Team hat einen dieser Radioblitze in Echtzeit gemessen und so erstmals seinen Ursprungsort festgestellt.

„Kennen Sie diese Störungen, die ihr Handy manchmal hat und die man dann über Lautsprecher hört? Dieses Biiep, Biiep, Biiep?“, fragt Laura Spitler, vom Max Planck Institut für Radioastronomie in Bonn, das auch an der jetzt veröffentlichten Entdeckung beteiligt war. „Das sind im Prinzip die Radioblitze, die ihr Handy ausstrahlt.“ Nur dass die „echten“ Radioblitze viel kürzer sind. Ein Biiep, der nur wenige Millisekunden anhält. Die Forscher hören ihn auch nicht, sondern messen nur seine Daten.

Was die Radioblitze aussendet, ist nicht klar. „Sie könnten zum Beispiel von einer explodierenden Supernova oder von einem Neutronenstern kommen“, sagt Spitler. Bei dem Radioblitz, den die Forscher am 18. April 2015 gemessen haben, spreche vieles dafür, dass er von der Kollision zweier Neutronensterne ausgesandt wurde, sagt der Astronom Evan Keane gegenüber nature.

Ein australisches Teleskop hatte den Radioblitz im April als erstes entdeckt. Keane alarmierte daraufhin Kollegen rund um den Globus — auch in Deutschland. Sie alle versuchten, den Radioblitz und sein Nachglühen zu erhaschen. Und tatsächlich: „Zum ersten Mal konnte man das Nachglühen eines schnellen Radioblitzes beobachten“, sagt Spitler. Durch die lange Beobachtungszeit konnte man die Position des Radioblitzes am Himmel viel genauer bestimmen als jemals zuvor. So ließ sich herausfinden, woher er kam: Aus einer Galaxie, sechs Milliarden Lichtjahre von uns entfernt.

„Auf dem Weg von dort zu uns hat er die intergalaktische Materie, die den Raum zwischen Galxien füllt, durchquert“, sagt Spitler. Aus der Länge des Signals, das jetzt gemessen wurde, kann man nun errechnen, wie die Materiedichte zwischen dem Ursprungsort und der Erde liegt. Das vergleicht man dann mit den gängigen Modellen der Materieverteilung im Universum. Und die Rechnung scheint aufzugehen: Die fünf Prozent, die man für die „normale“ Materie beanschlagt hat, stimmen. Damit hat ein Radioblitz zum ersten Mal eine kosmologische Beobachtung ermöglicht: Er hat das Universum gewogen.

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