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Wir sprechen anders, wenn wir Stress haben

von WIRED Staff
Wer nervlich unter Druck steht, benutzt andere Wörter als sonst. Das zeigt eine neue Studie, die helfen könnte, Stress früher zu erkennen – denn Menschen fangen schon an, anders zu sprechen, ehe sie selbst das Gefühl bekommen: Jetzt wird mir alles zu viel.

Zwei Tage lang trugen 143 Testpersonen Audio-Rekorder, die alle paar Minuten aufnahmen, wie die Teilnehmer der Studie sich ausdrückten. Zeitgleich prüften Forscher mehrerer amerikanischer Universitäten mit Blutuntersuchungen, wie gestresst die Menschen waren. Das verblüffende Ergebnis: Die Art, wie wir sprechen, lässt offenbar Rückschlüsse auf den Stresslevel zu – denn die Wissenschaftler fanden einen direkten Zusammenhang zwischen der Nutzung bestimmter Wörter und Veränderungen in weißen Blutkörperchen, die durch nervliche Belastung ausgelöst werden.

Wie das Magazin Nature zu der Studie schreibt, tendieren Menschen in stressigen Lebenssituationen dazu, insgesamt weniger zu sprechen, aber – wenn sie etwas sagen – mehr beschreibende Wörter wie „really“ oder „incredibly“ zu verwenden. Solche Begriffe haben aus Sicht der Wissenschaftler besondere Bedeutung, weil sie emotional aufgeladen sind, kaum zum Informationsgehalt eines Satzes beitragen und eher unbewusst gewählt werden. Dadurch „geben sie etwas mehr darüber preis, was in dem Sprecher vorgeht“, erklärt der Psychologe Matthias Mehl von der University of Arizona, der die Studie geleitet hat.

Bei der Analyse von fast 23.000 Tonaufnahmen stellten die Forscher auch fest, dass gestresste Menschen weniger in der dritten Person Plural über andere sprechen – für Mehl ein Zeichen, dass Stress als Bedrohung empfunden wird und Menschen dann stärker auf sich selbst fixiert sind, also weniger auf ihre Umgebung und andere achten.

Die neue Diagnose-Methode sei „enorm vielversprechend“, um die Auswirkungen von Stress auf die Gesundheit besser zu verstehen, erklärt der Psychologe David Creswell von der Carnegie Mellon University, der nicht an der Studie beteiligt war, gegenüber Nature.

Wissenschaftler wissen seit langem, dass psychologischer Druck auch dem Körper schadet. Dauerstress wird für eine Reihe von chronischen Krankheiten mit verantwortlich gemacht – darunter Bluthochdruck, Tumore und Magen-Darm-Geschwüre.

Allerdings fällt es nicht leicht, Stress frühzeitig zu erkennen. Der kalifornische Genforscher Steve Cole, einer der Co-Autoren der Studie, vermutet, dass das Gehirn psychologischen Druck eher unterbewusst verarbeitet. Das würde erklären, warum sich bereits Veränderungen im Blutbild zeigten, während noch Testpersonen angaben, nicht gestresst zu sein: Es war ihnen bis dahin nicht bewusst geworden.

Zur selben Zeit fingen die Probanden aber bereits an, anders zu sprechen. Diese Erkenntnis könnte helfen, Patienten künftig besser zu behandeln: Ärzte müssten dazu allerdings lernen, stärker auf „die Art, wie Menschen sich ausdrücken“, zu hören – und weniger auf den Inhalt selbst, sagt Cole. Im Gegenzug könnte man eventuell „auf Selbstauskünfte zum Stressempfinden sogar verzichten“.

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