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Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf den Flugverkehr?

von Anna Schughart
Flugzeuge schaden dem Klima, aber mittlerweile schadet das Klima auch den Flugzeugen. Womit Flughäfen, Airlines und Passagiere in den kommenden Jahren rechnen müssen.

Wasser: Klimaforscher gehen davon aus, dass der Meeresspiegel steigt und Überschwemmungen zunehmen werden. Da viele Flughäfen am Meer oder großen Flüssen gebaut sind, könnten überschwemmte Startbahnen, Terminals oder Anfahrtswege zu einem echten Problem werden. In Regionen, in denen es sowieso schon einen starken Monsun oder tropische Stürme gibt, könnten der Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten den Flughafenbetrieb komplett bedrohen – wenn niemand etwas dagegen unternimmt. Die Flughäfen müssen also handeln. In Hongkong zum Beispiel soll die neue Startbahn durch eine Wand und ein Abflusssystem geschützt werden.

Hitze: Schon heute stellen hohe Temperaturen eine Herausforderung für die Luftfahrt in bestimmten Regionen dar. Ein Problem: Asphalt könnte schmelzen, Landebahnen aus Betonplatten sich bei großer Hitze wölben oder platzen. (Das Problem kennt man in Deutschland zum Beispiel in sehr heißen Sommern von den Autobahnen).

Auch die Flugzeuge haben eine Maximal-Temperatur, bei der sie noch fliegen dürfen. Ist die überschritten, muss die Maschine am Boden bleiben – so wie diesen Sommer in Phoenix geschehen. „Das ist aber weniger ein physisches Problem, als eine Frage des Papierkrams“, erklärt Ethan Coffel von der Columbia University in New York.

Coffel beschäftigt ein anderes Problem, das auf Airlines und Passagiere zukommt. Schon ein geringer Temperaturanstieg, so weiß er, bedeutet: dünnere Luft. Das macht es für Flugzeuge schwieriger abzuheben. „Um genügend Auftrieb zu erzeugen, müssen die Flugzeuge bei hohen Temperaturen schneller sein“, sagt Coffel. Dazu brauchen sie entweder mehr Anlauf oder ein geringeres Gewicht. Mehr Anlauf ist nur möglich, wenn die Startbahnen länger sind. Doch das ist teuer und aufwendig und nicht immer ist für eine Verlängerung der Startbahn überhaupt Platz. Heißt also: Fluggäste müssen sich in Zukunft auf strengere Gewichtsbeschränkungen einstellen: „Schon heute passiert das auf manchen Flügen und in Zukunft wird es wohl häufiger“, sagt Coffel. Eine Möglichkeit, das Problem zu umgehen, ist der vermehrte Start von Langstreckenflügen am Abend. Dann ist es kühler.

Wind: Fliegen wird in Zukunft wohl ungemütlicher. Denn sogenannte Clear Air Turbulences – die man im Flugzeug als „Luftlöcher“ erlebt – kommen dank des Klimawandels häufiger vor. „Das betrifft sowohl schwache als auch starke Turbulenzen auf der ganzen Welt und zu jeder Jahreszeit“, sagt Luke Storer von der University of Reading. Schuld daran sei der Jetstream.

Die Clear Air Turbulenzen werden von Winden verursacht, die auf verschiedenen Höhen in verschiedenen Geschwindigkeiten oder in unterschiedliche Richtungen wehen. „Man findet diese sogenannten Windscherungen vor allem im Jetstream-Bereich, in dem auch die Flugzeuge unterwegs sind“, sagt Storer. Wenn der Klimawandel die Geschwindigkeiten der Jetstreamwinde erhöht, führt das häufiger zu gegensätzlichen Windströmungen und so zu mehr Turbulenzen.

In ihrer Simulation sind Storer und seine Kollegen dabei vom Worst-Case-Scenario ausgegangen. Also dem CO2-Level, mit dem wir rechnen müssen, wenn der Klimawandel ungebremst weitergeht wie bisher. Unter diesen Bedingungen würden die schweren Turbulenzen mehr als doppelt so häufig auftreten, sagt Storer. Das ist gefährlich. Nicht unbedingt für das Flugzeug, aber vor allem für die Menschen darin. „Die Turbulenzen werden nicht dazu führen, dass Flugzeuge auseinanderbrechen“, sagt Coffel. Doch alle ungesicherten Objekte – und auch Menschen, die nicht angeschnallt sind – würden bei solchen schweren Turbulenzen in die Luft geschleudert.

Um die Schäden klein zu halten, muss man unter anderem versuchen, Turbulenzen besser zu prognostizieren, sagt Storer. Was im Prinzip heißt, dass man sie ähnlich wie Hurrikans mit Hilfe von sogenannten Ensemble-Vorhersagen vorhersagen sollte. Dann können die Piloten und Pilotinnen ihre Flugzeuge umlenken oder rechtzeitig das „Seatbelt“-Zeichen aufleuchten lassen.

Coffel und Storer glauben beide, dass den Flughäfen, Airlines und Flugzeugbauern erst so langsam klar wird, welche Auswirkungen der Klimawandel auf sie haben wird. Auch viele der Studien zu diesem Thema sind relativ neu. „Lange Zeit lag der Fokus auf dem Einfluss, den die Luftfahrt auf den Klimawandel hat“, sagt Storer. So langsam begreift man, dass das keine Einbahnstraße ist. Aber: „Es braucht noch viel Arbeit, um die Risiken des Klimawandels ganz zu verstehen und zu wissen, wie man sich an sie anpassen kann“, sagt Coffel.

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