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Oh, toll: Diese KI erkennt Sarkasmus

von Katharina Nickel
Heute schon ins digitale Fettnäpfchen getreten, weil das „Super!“ vom Kollegen gar nicht so gemeint war? Keine Sorge, Forscher haben nun ein Programm entwickelt, das die automatisierte Sarkasmus-Ermittlung möglich macht.

An den Feinheiten der menschlichen Kommunikation scheitern wir häufig selbst. Online ist das noch viel schwieriger. Wie soll ein Normalsterblicher die aktuelle Gefühlslage des WhatsApp-Partners einschätzen können, wenn beim Chatten Tonlage und Bedeutungszusammenhang fehlen? Da werden Emojis und Wörter schnell falsch interpretiert – und auch Künstliche Intelligenzen scheitern an der Komplexität unserer Sprache.

Forscher der Universität Lissabon versuchen dieses Dilemma nun zu lösen. Mit ihrem Modell eines künstlichen neuronalen Netzes sollen Sarkasmus und Ironie in Facebook-Posts, Tweets und anderen Äußerungen im Netz präzise bestimmt werden können.

„Lexikalische Hinweise reichen allein nicht aus, um die ironische Absicht des Sprechers zu erkennen“, schreiben die Wissenschaftler. „Vielmehr ist es der Kontext unserer Äußerungen, der die menschliche Kommunikation beeinflusst.“

Um diesen Kontext dreht sich das in Lissabon entwickelte Modell: Das künstliche Nervensystem bettet die Aussagen von Social-Media-Nutzern anhand von früheren Posts sowie thematisch verwandten Interessen oder Accounts in anderen Netzwerken in einen Zusammenhang ein. Anhand dieser Faktoren ist es dem Programm dann möglich, User mit ähnlichen Kontexten zu Gruppen zusammenzuführen.

Und wenn das Gefühl, das hinter einem Tweet steckt, nicht mit dem übereinstimmt, was andere User aus der jeweiligen Gruppe für gewöhnlich ausdrücken, gibt es eine gute Chance, dass Sarkasmus im Spiel ist.

Die Betonung des Gesagten trägt die Botschaft häufig schon in sich

Dabei geht es den Wissenschaftlern nicht nur darum, die tägliche Online-Kommunikation zu erleichtern und Fettnäpfchen in Unterhaltungen zu umgehen. Die Betonung des Gesagten trägt die Botschaft häufig schon in sich und verrät darüber hinaus viel über das momentane Gefühlsleben des Sprechers. Außerdem ist das Wissen um den Unterschied zwischen einem positiv klingenden „Super!“ und seiner sarkastisch-enttäuscht gemeinten Bedeutung wichtig für die natürliche Entwicklung einer Sprache und ihrer Nutzer.

Die Wissenschaftler beschreiben ihr System als einen Durchbruch in der Computerlinguistik, die in ihren Forschungen zum Sprachverhalten im Netz noch ziemlich am Anfang steht. „Die Ergebnisse zeigen, dass unser Modell den aktuellen Forschungsstand übertrifft, indem es unserem umfassenden Set an Features zum Durchbruch verhelfen könnte.“

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Laut TechCrunch arbeitet das Modell immerhin effektiver als andere seiner Art. In 87 Prozent der untersuchten sarkastischen Äußerungen lag es richtig, die Konkurrenz kam auf 85 Prozent. Immerhin sei es relativ einfach möglich, das Nervensystem für verschiedene soziale Netzwerke zu konfigurieren.

Schon 2015 hatten die Informatiker David Bamman und Noah A. Smith von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh eine Methode entwickelt, mit der sie durch kontextuale Analysen Ironie und Sarkasmus auf Twitter erkennen wollten. Die portugiesischen Forscher nahmen dieses Modell nun zum Anlass, einen eigenen mathematischen Code aus Vektoren zu entwickeln, mit dem sie ihr Nervensystem fütterten. Dieser Prozess nennt sich Backpropagation (oder auch Fehlerrückführung) und ist beim Training von künstlichen neuronalen Netzen gängige Praxis.

Eine ausführliche Gebrauchsanleitung zu ihrem Modell haben die Forscher bereits öffentlich zugänglich gemacht. Künftig wollen sie sich noch stärker mit der Interaktion zwischen dem Verfasser einer Äußerung und seinen Empfängern beschäftigen und diese Beziehung in das Modell einbauen. Die Ergebnisse werden auf der CoNLL vorgestellt, einer von Google gesponserten Konferenz zum computerbasierten natürlichen Spracherwerb, die nächste Woche in Berlin stattfindet.

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