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In England könnte das erste Kraftwerk entstehen, das CO2 absorbiert statt es auszustoßen

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Holz statt Kohle: Der britische Stromanbieter Drax ist schon seit Längerem dabei, seine Produktion komplett auf erneuerbare Energien aus Biomasse umzustellen. Bald könnte er das erste Kraftwerk der Welt besitzen, dessen CO2-Bilanz negativ ausfällt.

Der Drax-Konzern ist Englands größter Stromanbieter. Sein Kohlekraftwerk im nordenglischen Selby deckt allein rund sieben Prozent des Energiebedarfs des Landes, gilt allerdings auch als große Kohlendioxid-Schleuder und wurde dafür schon häufig von Umweltschützern kritisiert.

Nun könnte ausgerechnet das einstige Schadstoffmonster zum Vorreiter der Energiewende werden, berichtet New Scientist Denn Drax arbeitet schon seit einigen Jahren an der Umstellung auf erneuerbare Energien, investiert dafür Millionensummen und will Strom künftig komplett aus Biomasse produzieren: Statt Kohle werden Holzpellets verbrannt. Erste Erfolge haben sich bereits eingestellt. So konnte Drax die CO2-Emissionen für sein Kraftwerk im Jahr 2014 laut einem Bericht der britischen Umweltorganisation Sandbag um 18 Prozent senken.

Doch die Umstellung auf Holzpellets könnte die Umwelt mittelfristig sogar noch deutlich stärker entlasten: Wenn Drax seine Pläne konsequent umsetzt, ist das neue Bio-Kraftwerk womöglich sogar in der Lage, Kohlenstoffdioxid zu absorbieren statt auszustoßen. „Netto-Negativ-Emissionen können erreicht werden, wenn mehr Treibhausgase gebunden werden als in die Atmosphäre gelangen“, erklärte Jennifer Milne, Energieexpertin der Universität Stanford, schon 2013 — und bekräftigte es Anfang des Jahres beim Kongress des US-Wissenschaftsverbands AAAS in San Diego.

„Seit Anfang Juli wird die Hälfte der von Drax produzierten Elektrizität durch die Verbrennung von Biomasse generiert, vor allem mit Holz aus den Pinienwäldern aus dem Süden der Vereinigten Staaten“, sagt Richard Peberdy, Vice President für Nachhaltigkeit bei Drax. Im kommenden Jahr soll der vierte von sechs Stromgeneratoren in Selby auf Biomasse umgestellt werden.

Um den enormen Bedarf an Holz zu decken, das nur zu fünf Prozent aus englischen Wäldern stammt, hat Drax kürzlich Biomasse-Fabriken in Louisiana und Mississippi eröffnet, die die gefällten Pinien zu Pellets verarbeiten. Außerdem hat Drax einen Hafen in Baton Rouge gebaut, von wo aus das Holz nach Europa transportiert wird. Drax kauft außerdem Holz aus anderen Regionen im Süden der USA und aus Kanada und möchte künftig auch aus Brasilien importieren. Insgesamt sollen im kommenden Jahr sieben Millionen Tonnen Pellets über den Atlantik nach England gebracht werden.

Diesen Aufwand kritisieren Biomasse-Gegner wie Scot Quaranda, Direktor der amerikanischen Umweltschutzgruppe Dogwood Alliance. Wegen der Kosten und Emissionen sei in den USA und Kanada angebaute, geerntete und tausende von Meilen transportierte Biomasse „kein grüner Brennstoff“, sagt er. Stattdessen würden hier Wald- und Feuchtgebiete „unter dem Deckmantel der Grünen Energie“ zerstört.

Der nächste Schritt für Drax liegt laut New Scientist nun in der Einlagerung von Kohlenstoffdioxid in unterirdischen Lagerstätten mittels CCS-Verfahren. Im Laufe dieses Jahres, erwarten Experten, soll Drax von der britischen Regierung grünes Licht für das 500 Millionen Pfund teure White-Rose-CCS-Project erhalten. Dieses beinhaltet, dass ein 426-Megawatt-Kraftwerk das CO2 mit dem so genannten Oxyfuel-Verfahren abspaltet. Das Treibhausgas soll unter Hochdruck verflüssigt und über eine 165 Kilometer lange Pipeline in einen Speicher unter der Nordsee gepumpt werden. Ab 2020 könnten so jährlich zwei Millionen Tonnen CO2 unterirdisch abgespeichert werden. 

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