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Die weltweit erste zertifizierte Verhütungs-App

von Rowland Manthorpe
Natural Cycles wurde als weltweit erste App offiziell als Alternative zu Kondomen und der Pille anerkannt – und könnte vom britischen Gesundheitssystem NHS unterstützt werden.

Eine App, die mittels eines Algorithmus die weibliche Fruchtbarkeit misst, wurde als erste App offiziell als Verhütungsmethode zugelassen. In Großbritannien gibt es Pläne, sie in das Gesundheitssystem NHS zu integrieren. Sie könnte also sogar von Ärzten verschrieben werden – ebenso wie die Pille.

Natural Cycles wurde vom TÜV Süd zertifiziert – ein großer Schritt für das schwedische Startup, das momentan 100.000 Nutzerinnen hat, die jeweils 5,40 Euro im Monat bezahlen. „Die Anerkennung vom TÜV Süd ist begrüßenswert“, sagt Kristina Gemzell Danielsson, leitende Autorin der Studie und Professorin für Geburtshilfe und Gynäkologie am schwedischen Karolinska Institut. „Der TÜV ist eine glaubwürdige Quelle und ich sehe es als sehr positiv, dass Natural Cycles sich darum beworben hat und erfolgreich war“.

Die App, die von einem schwedischen Physiker-Paar entwickelt wurde, misst die weibliche Fruchtbarkeit mittels Temperaturmethode. Nach dem Eisprung steigt die Temperatur durch erhöhte Progesteronwerte im weiblichen Körper um 0,45°C. Die Nutzerinnen geben ihre täglichen Werte in die App ein, die mit App-eigenen Datensätzen verglichen werden.

Im weiblichen Zyklus gibt es etwa sechs fruchtbare Tage. Da Spermien im Körper zwei bis fünf Tage überleben können, gehören die vier Tage vor dem Eisprung zu den fruchtbaren Tagen dazu, ebenso der Tag des Eisprungs selbst und der Tag nach dem Eisprung. Errechnet die App, dass ungeschützter Geschlechtsverkehr in der jeweiligen Zeit ohne das Risiko einer Schwangerschaft möglich ist, wird im Kalender ein grüner Tag angezeigt. Fruchtbare Tage, an denen es nicht sicher ist, ungeschützten Geschlechtsverkehr zu haben, werden mit Rot gekennzeichnet. An diesen Tagen müssen Nutzerinnen eine alternative Verhütungsmethode finden – beispielsweise Kondome.

Der Algorithmus arbeitet auf Grundlage einer komplexen statistischen Methode, die die Mitgründerin Elina Berglund während ihrer Arbeit am CERN (der Europäischen Organisation für Kernforschung) entwickelt hat. Die 32-jährige war Teil des Teams, das an der Entdeckung des Higgs-Bosons gearbeitet hat und verließ CERN in 2012, als sie bereits begonnen hatte, an der App zu arbeiten.

„Ich wollte meinem Körper eine Pause von der Pille gönnen“, erzählt sie WIRED. „Aber ich habe keine gute Form der natürlichen Verhütung gefunden, also habe ich den Algorithmus einfach selbst geschrieben“. Um die Anerkennung vom TÜV Süd zu erhalten, musste Natural Cycles jeden Teil des Betriebes offenlegen – inklusive App-Design und Algorithmus, Kundenservice und internen Unternehmensprozessen. Außerdem musste das Startup die Ergebnisse von zwei klinischen Studien einreichen – eine davon analysierte die Daten von mehr als 4.000 Frauen zwischen 20 und 35 Jahren.

Während eines Jahres gab es innerhalb der Studie 143 ungeplante Schwangerschaften, von denen zehn an grünen Tagen entstanden waren. Dies gibt der App eine Effektivitätsrate von 99,5% – der gleiche Wert, den auch die Pille erreicht.

Laut Berglund ist Natural Cycles „eine natürliche Alternative zur Pille – ohne Nebenwirkungen“. Ihr Mitgründer und Ehemann Raoul Scherwitzl fügt hinzu: „Verhütung für britische Staatsbürger ist kostenlos und wir werden mit dem NHS verhandeln, dass Natural Cycle dabei auch abgedeckt wird“.

Da Natural Cycles auf täglicher Temperaturmessung beruht und in Kombination mit anderen Verhütungsmethoden genutzt werden muss, empfehlen Experten, die App mit Vorsicht zu genießen. „Natural Cycles wird nicht empfohlen für sehr junge Frauen oder solche, die auf gar keinen Fall schwanger werden wollen – da gibt es effektivere Methoden“, sagt Kristina Gemzell Danielsson vom schwedischen Karolinska Institut. „Die Effektivität ist weit unter der von Spiralen oder Implantaten und auf gleicher Höhe mit der Pille“.

„Die meisten unserer Nutzerinnen sind 20 bis 35 Jahre alt und weniger als 0,5% sind unter 20“, sagt Scherwitzl. „Wir haben keine Daten zu Teenagern und wir sprechen sie mit unserer Werbung auch nicht an. Unser Produkt ist ideal für Frauen in Beziehungen und solche, die mit ihrer aktuellen Verhütungsmethode nicht zurechtkommen. Damit die Verhütung mit der App funktioniert, ist es wichtig, an den roten Tagen zusätzliche Methoden zu verwenden.“

WIRED.uk

Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED.uk
Das Original lest ihr hier.

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