Die gute Nachricht zuerst: New Horizons ist auf Kurs. Am 14. Juli, so der Plan, soll sie uns die ersten Detailaufnahmen von der Oberfläche des Zwergplaneten Pluto schicken. Seit etwas mehr als neun Jahren rast die Sonde mittlerweile durchs All auf ihrem Weg zum äußersten Planeten des Sonnensystems. Die schlechte Nachricht: Noch kann alles schiefgehen. Tatsächlich ist die Steuerung der Sonde zum Pluto eine der schwierigsten Aufgaben der Weltraumnavigation. In den nächsten zwei Wochen stehen die NASA-Verantwortlichen vor essentiellen Entscheidungen. Denn folgende Hürden müssen noch gemeistert werden:
Durchs Nadelöhr
Man stelle sich eine Zielscheibe im All vor, die die Raumsonde New Horizons treffen muss, um ihre Fotos zu schießen. Etwa 100 auf 150 Kilometer misst dieses erdachte Zielrechteck — gemessen an der Unendlichkeit des Alls eine ziemlich kleine Fläche. Fliegt die Sonde wie geplant durch diesen Korridor, muss sie zusätzlich auf einem präzise ausgerechneten Kurs bleiben, um zwischen Pluto und seinem Mond Charon hindurch zu schweben. Es gibt nur einen Versuch, diese Sphären zu erforschen: „New Horizons ist kein Orbiter, mit dem man später nachholen könnte, was an einem Tag nicht hingehauen hat“, sagte Bobby Williams, der Leiter des Navigationsteams, der Fachzeitschrift Nature.
Sitz, Pluto!
Alles wäre leichter, würde sich Pluto nicht bewegen. Die genaue Lage des Zwergplaneten ist den NASA-Wissenschaftlern nämlich gar nicht bekannt. Der Grund: Nach langer Suche wurde Pluto erst 1930 entdeckt. Weil er knapp 248 Jahre braucht, um die Sonne einmal zu umrunden, konnte die Umkreisung noch nie komplett verfolgt werden — über den Weg des Zwergplaneten liegen nur Berechnungen vor. Um das Ziel zu treffen, macht die Sonde mit ihrer Kamera täglich Schnappschüsse von Pluto. Die Bilder helfen dem Navigationsteam, seine Lage zu kalkulieren. Eine weitere Variable lässt sich jedoch überhaupt nicht berechnen: Die Schwerkraft des größten Mondes Charon zerrt an Pluto, er flattert daher auf seiner komplexen Flugbahn.
Nach Hause telefonieren
Etwa 4,7 Milliarden Kilometer liegen mittlerweile zwischen New Horizons und der Erde. Entsprechend lange dauert eine Kontaktaufnahme: Wie Nature berichtet, muss die Bodenstation neun Stunden warten, bis ein Signal die Sonde erreicht — und nochmal so lange bis wieder eins zurückkommt. Die Raumsonde ist also kaum noch zu steuern. „Für ein Manöver, durch das wir die Flugbahn entscheidend verändern könnten, fehlt uns jetzt schon die Zeit“, sagt William Owen aus dem Navigationsteam der Mission. Denn die genaue Entfernung zum Planeten könnten die Wissenschaftler erst kurzfristig erkennen — wenn die Fotos deutlicher werden. „Alles was wir tun können, ist herauszufinden, wann wir nun wirklich nah dran sind. Das vergleichen wir dann mit der geplanten Annäherungszeit.“ In anderen Worten: Die NASA kann die Sonde nicht mehr lenken, aber ihr immerhin noch mitteilen, wann sie die Fotos machen soll.
Stolpersteinchen
Kurz vor dem Ziel lauert noch eine letzte Gefahr für New Horizons: Weltraumstaub. Bisher konnte die NASA keinen Staub und keine Planetenringe um Pluto entdecken. Sollte doch noch ein derartiges Hindernis auftauchen, läuten die Alarmglocken: Schon kleinste Teile würden die Sonde zerschmettern. Um die Herausforderungen zu meistern, hat die NASA gleich zwei Teams angestellt, die die Steuerung der Sonde verantworten. Noch können sie die täglich gelieferten Fotos nach möglichen Stolpersteinen absuchen. Am 4. Juli hätten sie zum letzen Mal die Chance, die Flugbahn zu korrigieren.