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Roboter sollen durch „Minecraft“ mehr Sinn für die Realität bekommen

von Thorsten Schröder
Sie sind eine der letzten Hürden für Roboter, um dem Menschen ähnlicher zu werden: Intuitive Entscheidungen. Ein US-Forscherteam will sie ihnen nun beibringen. Als Trainingscamp dient das Computerspiel „Minecraft“.

Die Welt ist komplex. So komplex, dass Roboter in ihr schnell überfordert sind. Während Menschen bei vielen Entscheidungen intuitiv handeln und von einem Moment auf den anderen wissen, was der nächste Handgriff sein soll, stoßen künstliche Intelligenzen schnell an ihre Grenzen. Denn Roboter sind nicht in der Lage, Objekte und Handlungen zu ignorieren, die sie für die eigentliche Aufgabe nicht brauchen, wenn ihnen nicht genau gesagt wird, was zu tun ist.

Forscher der Brown University arbeiten deshalb an einem Algorithmus, der Robotern helfen soll, ihre Handlungen besser zu planen und nur solche Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, die in einem bestimmten Moment nützlich sein könnten. Ausgerechnet das Videospiel „Minecraft“ soll den Maschinen helfen, mehr Bezug zur Realität zu bekommen.

In der realen Welt brauchen Roboter sehr viel Zeit für Bewegung und Analyse.

„Wir leben in einer spannenden Zeit, Roboter verlassen langsam ihre abgeschlossenen Umgebungen wie Fabriken und ziehen in unseren Alltag ein“, erklärt Stefanie Tellex vom Humans to Robotics Lab auf der Website des Instituts. „Sie haben das Zeug, fast alle Aspekte unseres Alltags umzukrempeln.“ Jetzt müssten sie eben nur noch lernen, welche von den Tausenden möglichen Handlungen sie vollführen müssen, um uns Menschen tatsächlich zu helfen.

„Minecraft“ bietet dafür laut den Forschern ideale Bedingungen. Die Spieler sammeln Ressourcen und bauen Strukturen aus virtuellen 3D-Blöcken, ein wirkliches endgültiges Spielziel gibt es nicht. Das Game hat inzwischen mehr als 100 Millionen Nutzer und gehört zu den erfolgreichsen Videospielen aller Zeiten.

Auf einer Art Trainingsparkour, einer abgespeckten „Minecraft“-Version, gaben die Wissenschaftler den Robotern für ihre Studie verschiedene Aufgaben. Durch ein Trial-and-Error-Verfahren lernt die Maschine, was die erfolgsversprechendsten Schritte sind, wenn sie etwa nach Gold gräbt oder eine Brücke bauen soll. Im einen Fall müssen 3D-Blöcke gesprengt, im anderen verschoben werden. Je mehr Aufgaben der Roboter gelöst hatte, desto besser war er anschließend in der Lage, auch neue, bislang ungekannte Probleme anzugehen.

Im Videospiel verwenden sie nur ihr Hirn — und das ist rasend schnell.

Um Robotern ähnliches Verhalten in der realen Welt anzutrainieren, müsse man viel Zeit investieren, sagt Tellex. Die Maschinen bewegen sich langsam und brauchen Zeit, um ihre Umgebung wahrzunehmen und zu analysieren. Im Videospiel verwenden sie dagegen nur ihr Hirn — und das ist schließlich rasend schnell. So können deutlich mehr Szenarien in deutlich kürzerer Zeit durchgespielt werden.

Aus dem virtuellen Trainingscamp soll der Roboter die Erfahrungen dann mit in die Realität nehmen — und so auch hier in der Lage sein, Probleme zu lösen, mit denen er vorher noch nie konfrontiert war. So konnten die „Minecraft“-erprobten Roboter deutlich schneller verstehen, wann ein Koch einen Schneebesen benötigt, als ihre unerfahrenen Kollegen.

Das große Ziel der Forscher: Irgendwann soll ihr Roboter nicht mehr nur auf dem Test-Parkour, sondern in der Vollversion von „Minecraft“ mitspielen können. „Wenn man alle Probleme in Minecraft lösen kann“, glaubt Tellex, „dann kann man im Grunde auch alle anderen Probleme lösen.“ 

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