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Peeling-Produkte sind eine Katastrophe für die Umwelt

von James Temperton / WIRED UK
Sie begannen als medizinischer Durchbruch und entwickelten sich zum kosmetisches Wundermittel, jetzt scheinen sie zum ökologischen Albtraum zu werden: Pflegeprodukte mit Peeling-Partikeln beseitigen vielleicht Hautunreinheiten, sie sind aber eine Katastophe für die Weltmeere. Umweltschutzorganisationen und britische Abgeordnete fordern nun ein weltweites Verbot des Einsatzes von den kleinen Mikroplastikteilchen.

1976 erzielte John Ugelstad etwas, das bis dato nur die NASA geschafft hatte: Er stellte eine Serie winziger Styroporkügelchen her, die alle dieselbe Größe hatten. Ein solches Mikrokügelchen wird nach der Größe definiert: typischerweise besitzen sie einen Durchmesser von 0,5 bis 500 Mikrometer.

Ugelstads Erfindung war ein medizinischer Durchbruch; die Perlen konnten bei der Behandlung von Krebs eingesetzt werden, sie halfen dabei, HIV zu erforschen und bildeten sogar die technologische Basis für Schwangerschaftstests. Sie sind aber auch ein ökologisches Disaster.

Vergangene Woche forderte das britische Audit-Komitee für Umwelt ein weltweites Verbot von kosmetischen Mikrokügelchen. Während ihr Wert für die Wissenschaft außer Frage steht, hat die Nutzung von Mikroperlen in Gesichtspeeling, Duschgel und Zahnpasta immense Auswirkungen auf die Natur. 

Mikrokügelchen wurden entwickelt, um an schwer erreichbare Stellen zu gelangen. In der Wissenschaft werden sie vorwiegend dazu genutzt, biologische Materialien voneinander zu trennen. Einmal magnetisch aufgeladen, werden sie beispielsweise an die Oberfläche bestimmter Typen von Zellen oder Bakterien angezogen.

Bei Schwangerschaftstests, die zuhause durchgeführt werden können, reagieren speziell behandelte und blau eingefärbte Mikrokügelchen mit Hormonen im Urin und bilden so entscheidende Auskunfts-Linie. Ihre Größe, ihre Oberfläche und die schiere Anzahl machen sie allerdings zu einem riesigen Problem, sobald sie in das marine Ökosystem gelangen.

2014 war die Niederlande das erste Land, das Mikrokügelchen in kosmetischen Produkten verbot. Im Dezember des selben Jahres setzten auch Österreich, Luxemburg, Belgien und Schweden ein Verbot durch und reichten eine Erklärung bei den EU-Umweltministern ein, in der sie ein EU-weites Verbot forderten. Auch USA und Kanada folgen diesem Beispiel.

Ein Eingreifen, das mehr als erforderlich erscheint, denn die Skala des winzigen Problems ist riesig. Schätzungen einer Studie vom September 2015 zufolge, die im Journal Environmental Science & Technology veröffentlicht wurde, werden 808 Billionen Plastikmikrokügelchen täglich von US-Haushalten den Abfluss heruntergespült. Von diesen schaffen es acht Billionen in Seen, Flüsse und Meere. Dem Audit-Komitee der britischen Regierung zufolge können durch einen einzigen Duschgang bereits 100.000 Plastikteilchen in den Abfluss gelangen.

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Weil die Teilchen so klein sind, bilden sie im Kollektiv eine große Oberfläche. Das erlaubt ihnen immense Mengen an Gift- und anderen Schadstoffen zu absorbieren. Zudem können sie sehr leicht von Meerestieren aufgenommen werden. „Wenn jemand sechs Austern isst, kann es gut möglich sein, dass er dabei auch 50 Mikroplastikpartikel zu sich genommen hat“, erklärt der Vorsitzende des Audit-Komitees Mary Creagh.

Die Unterscheidung zwischen Mikrokügelchen und Mikroplastik ist wichtig, aber das Problem, das sie verursachen, ist dasselbe. Es wird geschätzt, dass sich zwischen 15 und 51 Billionen Mikroplastikpartikel im Meer angesammelt haben. Europa allein spült zwischen 80.000 und 219.000 Tonnen Mikroplastik jährlich ins Meer.

Bei mehr als 280 Meeresgattungen wurde die Aufnahme von Mikroplastik bereits festgestellt – eine Zahl, die stetig steigt. Der Schaden, den diese Partikel anrichten, wird so immer deutlicher. Greenpeace spricht dabei von einer „giftigen Zeitbombe“. Sobald Mikroplastik in die marine Ökologie gelangt, kann es Gift freilassen und absorbieren, das dann über die Nahrungskette verbreitet werden kann.

Deshalb beschäftigen sich Wissenschaftler derzeit mit folgenden Kernfragen: Wie viel Mikroplastik ist in den Meeren? Welchen physischen Einfluss hat es auf marine Ökologie? Entscheiden sich Meerestiere dafür Mikroplastik zu konsumieren und bevorzugen sie diese möglicherweise sogar? Welches Risiko besteht für Menschen, die mit Mikroplastik verunreinigte Meerestiere essen?

Was einst das Verkaufsargument schlechthin für Kosmetikprodukte darstellte, ist nun zum Schlagwort für ökologisches Disaster geworden. Noch vor ein paar Jahren wurde triumphierend mit reinigenden Mikrokügelchen geworben, mittlerweile wird es in der Liste der Inhaltsstoffe als Polyethylene und Polypropylene verdeckt gehalten.

Doch auch die Kosmetikindustrie reagiert. Unilever hat bereits 2012 verlauten lassen, die Verwendung von Mikrokügelchen zu unterbinden. Auch andere Unternehmen wie Procter und Gamble, L’Oreal und Johnson & Johnson planen die Nutzung von Mikroteilchen bis Ende 2017 bei all ihren Produkten einzustellen.

Dieser Text erschien zuerst auf WIRED UK.

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