Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

WIRED erklärt: So kommen Menschen auf den Mars

von Anna Schughart
Im Jahr 2024 will SpaceX die ersten Menschen auf dem Mars bringen. Das braucht noch einiges an Vorbereitung, ist jedoch gar nicht mehr lange hin. Wenn alles gut geht, könnten Menschen dort dann sogar siedeln. WIRED erklärt, wie die Mission funktionieren würde – und woran sie scheitern könnte.

MarsOne, SpaceX und NASA: Diese Organisationen und Unternehmen haben ein gemeinsames Ziel – die Besiedelung des Mars durch den Menschen. Doch wie erfolgreich wäre so eine Reise zum roten Planeten und welche Probleme gibt es bei der Planung? 

Was ist das Ziel?

1969 betrat Neil Armstrong als erster Mensch den Mond. Ein vergleichbares Highlight gab es seither nicht mehr in der Raumfahrt. Deshalb klingen die häufigsten Argumente für eine Marsmission auch teilweise etwas pathetisch: Es wäre inspirierend, würde zeigen, was die Menschheit alles kann, sie vielleicht sogar vereinen. Es geht aber auch fatalistisch: Elon Musk oder auch Stephen Hawking sind der Überzeugung, dass wir nur durch die Kolonisation eines anderen Himmelskörpers das Überleben unserer Spezies sichern können der beste Kandidat.

Es gibt aber auch handfeste Gründe für eine menschliche Marsmission: Bei der Umsetzung einer so aufwendigen Mission springen meistens auch einige Technologien heraus, die auf der Erde nützlich sind. Viele Experten, zu denen Jürgen Herholz von der deutschen Mars-Society gehört, glauben zudem auch, dass letztlich nur eine Crew herausfinden kann, ob es auf dem Mars Leben gab oder vielleicht sogar noch gibt.

Wie funktioniert das?

Elon Musk erklärte auf dem International Astronautical Congress, wie er sich die SpaceX-Mission vorstellt. Schon 2022 sollen mindestens zwei Versorgungsflüge starten, die Material und Ausrüstung zum Mars bringen. Zwei Jahre später fliegen dann vier Raumschiffe zum Mars – zwei von ihnen mit einer Crew an Bord. Wenn es nach Musk geht, dann setzt also bereits in sieben Jahren der erste Mensch seinen oder ihren Fuß auf die Oberfläche des Mars.

Musk ist aber nicht der Einzige, der sich über eine Flug zum Mars Gedanken macht. Es gibt verschiedene Pläne für den Ablauf einer solchen Mission. Manche sehen zum Beispiel den Zusammenbau eines Raumschiffs im All vor. Raumfahrtexperte Herholz hält dagegen eine Direktmission zum Mars für die wahrscheinlichste Version: Wenn die Konstellation von Erde und Mars die kürzeste Flugzeit ermöglicht, fliegt man direkt von der Erde zum Mars. Die Crew bleibt für zwei Jahre dort - versorgt durch vorausgegangene Frachtmissionen, die auch Infrastruktur bereitstellen. Und wenn der Abstand wieder günstig ist, geht es zurück.

Weil eine Landung auf dem Mars zwar leichter als auf der Erde, aber trotzdem noch tricky ist, könnten die ersten Menschen auch nur um den Mars herumfliegen. Das hätte viele Vorteile: kürzere Mission, kleinere Rakete, geringeres Risiko. Oder vielleicht landet man doch lieber erst mal auf dem Mars-Mond-Phobos?

Was steht momentan noch im Weg?

Technik

Der Flug ist nicht das Problem. Es ist auch möglich, eine Mega-Rakete zu bauen, die genügend Tonnen zum Mars transportiert. Die technischen Herausforderungen beginnen, wenn man an Bord Menschen am Leben halten will. Dazu kann man sich die Internationalen Raumstation anschauen: Auf der ISS leben seit einigen Jahren durchgängig Menschen. „Die Technologie, die man für eine Marsmission bräuchte, ist auf der ISS da“, sagt Herholz. Aber eins zu eins lässt sie sich nicht übertragen: „Die einzelnen Systeme müssen zuverlässiger sein, sie müssen sich leichter reparieren lassen“, sagt Herholz. Und: Die Raumstation ist keinesfalls autark. Immer wieder erhält sie Zulieferungen von der Erde.

Geld

Klar ist: Das alles wird jede Menge Geld kosten – wie viel genau, da variieren die Angaben. Für eine Direktmission zum Mars, schätzt Herholz, würden – je nach Raketentyp – bis zu 90 Milliarden Dollar anfallen. „Wenn man das Raumschiff im Weltall zusammenbauen will, kommt man auf bis zu 400 Milliarden Dollar.“ Wer kann – oder besser: wer ist bereit – dafür so viel zu bezahlen (siehe unten)?

Gesundheit

Doch Geld ist nicht alles, was der Marsmission im Weg steht: Ein langer Aufenthalt im All, fern von der Erde, kann krank machen. Und auch wenn sich wahrscheinlich Freiwillige finden, die für den Titel „erster Mensch auf dem Mars“ sogar ihr Leben aufs Spiel setzen würden: Wenn die Crew krank wird, kann die Mission scheitern. Was also erwartet die Menschen da draußen?

Da ist zum einen die Schwerelosigkeit: Während ihrer Reise zum Mars würden die Astronauten monatelang in Zero-Gravity leben. Auf dem Mars angekommen, ist die örtliche Anziehungskraft nur etwa ein Drittel so stark wie auf der Erde. Starke Erdanziehung – Schwerelosigkeit – schwache Marsanziehung – und wieder zurück: Die Übergänge zwischen verschiedenen Schwerkraftfeldern sind schwierig und beeinflussen unter anderem die räumliche Orientierung und Koordination. Keine idealen Voraussetzungen, um ein Raumschiff sicher auf dem Mars zu landen. Dazu kommen der durch die Schwerelosigkeit ausgelöste Muskel- und Knochenabbau, Sehprobleme, Herz-Kreislauf-Dekonditionierung. „Die Astronauten müssen Sport treiben, das steht außer Frage“, sagt Thomas Berger, der am Institut für Luft-und Raumfahrtmedizin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) forscht. Noch besser wäre es, wenn – wie in den Filmen – auf dem Raumschiff Schwerkraft durch Rotation hergestellt würde.

Das noch größere Risiko ist allerdings die Strahlung. Die Astronauten, erklärt Berger, müssen auf ihrer Marsmission mit zwei „Arten“ von Strahlung fertig werden. Da ist zum einen die galaktisch kosmische Strahlung, vor der uns normalerweise das Magnetfeld und die Atmosphäre der Erde schützen. Im freien All prasseln die ionisierten Atomkerne beinahe ungehindert auf die Astronauten ein (und auch auf dem Mars ist der Schutz nicht viel besser). Die Teilchenstrahlung kann die DNA in den menschlichen Zellen beschädigen. Wenn die Zelle das repariert, ist alles gut. Wenn sie dabei Fehler macht, kann sie zur Krebszelle werden. „Die Wahrscheinlichkeit Krebs zu bekommen, ist für die Astronauten bei einer Marsmission erhöht“, erklärt Berger. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass die Strahlung auch unser zentrales Nervensystem beeinflussen könnte und so unter anderem zu Gehirnschäden führt: Erinnerungsverlust, Verhaltensstörungen oder Probleme mit dem Multitasking können die Folge sein.

Dazu kommen dann noch die so genannten „solar particle events“: Wenn die Sonne alle paar Jahre sehr aktiv ist, schleudert sie zahlreiche Teilchen ins All. Wenn sich die Astronauten nicht vor diesen stunden- oder tagelangen Ausbrüchen schützen, bekommen sie in kurzer Zeit sehr viel Strahlung ab. Je nach Dosis könnte das tödlich sein, wenn man nicht medizinisch interveniert, oder die Strahlenkrankheit auslösen.

Menschen sind durchaus in der Lage, unter widrigen Bedingungen lange Zeiträume zu überstehen

Viktor Oubaid

Was genau die Strahlung im Körper alles anrichten kann, muss noch weiter erforscht werden. Auch wie viel Strahlung die Astronauten einer Marsmission ausgesetzt wären, ist noch nicht ganz klar. Sicher ist aber: Die Astronauten müssen sich vor ihr schützen und brauchen bei Sonnenausbrüchen Schutzräume, in denen sie sich in Sicherheit bringen können. Vielleicht können auch Medikamente oder eine bestimmte Ernährung helfen.

Sehr viel besser handhabbar wirken da die psychologischen Auswirkungen einer Marsmission. Was passiert mit einem Menschen, der über Monate in einem engen Raumschiff praktisch gefangen ist? Immer die gleiche Handvoll Leute um sich herum hat und nicht kurz mal zu Hause anrufen kann? Wenn etwas schief geht, müssen die Astronauten selbst klarkommen, eine Rettung ist unmöglich – auch damit muss man umgehen können. Verhaltensstörungen seien praktisch unausweichlich, schreibt die NASA deshalb. Aber man kann im Vorfeld schon viel richtig machen: „Die Teilnehmer einer solchen Mission müssen genau ausgesucht werden“, sagt Viktor Oubaid vom DLR. „Egozentriker haben dort nichts zu suchen.“ Die Astronauten müssten gut vorbereitet sein und lernen, wie sie mit Stress oder anderen psychologischen Herausforderungen umgehen. „Aber Menschen sind durchaus in der Lage, unter widrigen Bedingungen lange Zeiträume zu überstehen.“

Wer ist dabei?

Neben SpaceX und der NASA könnten unter anderem auch Russland, China oder Indien eine Marsmission aktiv verfolgen. Auch Blue Origin hat Marspläne. Die ESA ist dagegen eher zurückhaltend. Dass die europäische Raumfahrtorganisation im Alleingang Menschen zum Mars befördert, ist unwahrscheinlich. Doch „Alleingang“ ist das richtige Stichwort: Wer sagt, dass sich das Ganze unbedingt zum Wettlauf entwickeln muss? Dass Musks neues Finanzierungskonzept aufgeht, muss er noch beweisen. Auch für einzelne Staaten könnten die Entwicklungskosten zu groß sein. Ein internationales Projekt würde zwar mehr Managment nötig machen, aber gleichzeitig die Kosten für einzelne Beteiligte senken.

Wann können wir damit rechnen?

Musks Ankündigung schon 2024 Menschen auf dem Mars abzusetzen, halten viele Experten für  überambitioniert. Trotzdem sind sie vorsichtig: Vor Musk und seinen Projekten und Visionen haben viele Respekt – wer weiß also, vielleicht zieht er das Ganze doch durch? Die NASA plant dagegen derzeit, in den 30er Jahren Menschen zum Mars zu bringen.

Doch inzwischen scheint sich auch der Fokus etwas zu verschieben, weg vom Mars, hin zum Mond. ESA-Chef Jan Wörner findet für seine Idee von einem Monddorf immer mehr Unterstützung. Das könnte Aufmerksamkeit und Geld vom Mars abziehen. Doch selbst Wörner sagt: Die Menschen werden zum Mars fliegen.

GQ Empfiehlt
So sehen die Mars-Pläne von Elon Musk aus

So sehen die Mars-Pläne von Elon Musk aus

von Michael Förtsch