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Manipulierte Bio-Schaltkreise helfen dabei, Zellen neu zu programmieren

von Max Biederbeck
Eine Forschergruppe an der ETH-Zürich hat eine neue Generation von veränderten Bio-Schaltkreisen entwickelt. Damit geht sie einen großen Schritt in Richtung Herstellung echter Bio-Computer. Die könnten vor allem in der Medizin eine Rolle spielen.  

Yaakov Benenson entwickelt eine intelligente Waffe, die eines Tages das Leben Tausender retten könnte. Sie soll in den Körper injiziert werden, den Feind selbstständig erkennen, ihn suchen und angreifen, ein „zelluläres Selbstmord-Programm“ auslösen, wie Benenson sagt. Die Waffe ist ein Bio-Computer. Der Feind ist ein Krebsgeschwür.

Die Idee von Computern gab es schon vor Prozessoren und Betriebssystemen

Yaakov Benenson, ETH Zürich

Der Professor für synthetische Biologie an der ETH Zürich forscht an biologischen Schaltkreisen. Sie sollen die Grundlage für eine neue Art von biologischen Computern werden. „Die Idee von Computern gab es schon lange, bevor wir sie mit Prozessoren und Betriebssystemen in Verbindung gebracht haben“, sagt Benenson. „To compute“, das steht für die Verarbeitung von Informationen. Die passiert in einem PC, aber auch im Gehirn, zwischen Nerven oder innerhalb einer Zelle. Genau dort, wo die DNA eines Menschen ausgelesen wird, setzt Benenson an.

Sein Team hat gerade neue Untersuchungsergebnisse veröffentlicht. Die Forscher beschreiben, wie sogenannte Bio-Schaltkreise innerhalb einer Zelle manipuliert werden können. Mit Strom haben solche Schaltkreise nichts zu tun. Sie senden einander biologische Signale in Form von Mikro-RNA und bestimmen so das Verhalten einer Zelle: Verändern sich die Signale, verändert sich das Verhalten.

Mediziner könnten Stammzellen durch Beeinflussung dazu bringen, sich zu bestimmten Gewebearten weiterzuentwickeln. Manipulierte Zellen in Krebsgeschwüren könnten Wucherungen daran hindern, weiter zu wachsen, oder sie sogar zur Selbstzerstörung zwingen.

„Das Problem mit bisherigen Schaltkreisen bestand darin, dass sie wahnsinnig schwer zu programmieren sind“, erklärt Benenson. Ein Schaltkreis besteht aus verschiedenen Molekülen, die miteinander kommunizieren. Diesen Prozess gilt es von außen zu hacken, damit der Schaltkreis in einer Zelle wirken kann.

Zeitzünder in Zellen können Reaktionen zu beliebigen Zeitpunkten auslösen.

Das funktioniert, indem die Forscher das Mengenverhältnis der verschiedenen Moleküle verändern – sozusagen deren Dosierung bestimmen. Je nachdem, welche Wirkung ein Schaltkreis haben soll, häuft Benenson eine bestimmte Art von Molekülen an oder verringert deren Zahl.  

„Wir können auch Zeitzünder für bestimmte Abläufe einbauen“, erklärt er. Ein bestimmtes Verhalten könne so auf einen beliebigen Zeitpunkt datiert werden. Auch andere Auslöser sind denkbar. Bio-Schaltkreise könnten sich zum Beispiel erst dann aktivieren, wenn sie einen Krebstumor im Körper bemerken.

Eine automatische Prävention gegen Krebs sei allerdings noch weit entfernt, sagt Benenson. Zu kompliziert sei die Krankheit und zu anpassungsfähig. Im Moment wollen er und sein Team vor allem die medizinische Behandlung von bereits erkrankten Patienten verbessern. Noch gibt es keine klinischen Tests für seine Bioschaltkreise. Benenson plant aber bereits in diese Richtung.

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