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Kugeln, Steine, Gas: So passen sich Speicher an Ökostrom an

von Anna Schughart
Wind und Sonne sind unzuverlässige Energielieferanten. Bläst er besonders heftig, oder strahlt sie besonders stark, gibt es zuviel Strom. Bei Flaute oder Nacht zu wenig. Das stellt Energiespeicher vor besondere Herausforderungen. WIRED zeigt fünf Ideen.

Die Grundidee bleibt immer gleich: Überschüssige Energie muss irgendwo zwischengeparkt werden, damit man sie bei Bedarf wieder zurückgewinnen kann. Die Energiespeicher wandeln elektrische Energie in andere Energieformen- oder träger um. Noch können wir große Überschüsse nicht speichern, aber das könnte sich bald ändern. Denn Batterien – selbst wenn es sich dabei um die größte der Welt handelt – sind nicht die einzige Möglichkeit, um Energie zu speichern.

TESIS

Solarkraftwerke müssen schon seit Jahren einen Weg finden, auch nachts Strom zu erzeugen. Eine Möglichkeit ist, aus der Sonnenenergie Wärme zu erzeugen, sie zu speichern, um sie dann später bei Bedarf in elektrische Energie umzuwandeln. Die Wärme lässt sich grundsätzlich in vielen Formen speichern. Bei hohen Temperaturen ist flüssiges Salz effektiv. „Bei den Flüssigsalzspeichern wird eine Mischung aus Kaliumnitrat und Natriumnitrat geschmolzen und auf Temperaturen von bis zu 560 Grad erhitzt,“ erklärt Thomas Bauer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Mit Hilfe von Dampfturbinen kann man aus dieser Hitze dann Strom gewinnen.

In thermischen Solarkraftwerken kommen diese Wärmespeicher schon länger zum Einsatz. In Zukunft könnten sie aber noch häufiger und vielfältiger eingesetzt werden. Forscher am DLR in Köln arbeiten an der nächsten Generation der Flüssigsalzspeicher. Die neu eingeweihte Testanlage TESIS soll die Technologie auf die nächste Stufe heben. Dazu wird in der Anlage unter anderem getestet, ob man einen Teil des Salzes durch andere Stoffe wie Keramik oder Gestein ersetzen könnte. „Damit ließen sich bis zu 40 Prozent der Kosten senken“, sagt Bauer. Auch bei der Energiewende könnten große Flüssigsalzspeicher in der Kraftwerkstechnik noch eine Rolle spielen. Denn technisch sei es bereits möglich, überschüssigen elektrischen Strom aus Wind- oder Photovoltaikanlagen in Wärme umzuwandeln, diese in flüssigem Salz zu speichern und dann später wieder zurück in Strom zu verwandeln, erklärt Bauer: „Verglichen mit einem Batteriesystem wäre das deutlich günstiger.“

Future Energy Solution

Steine sind auch sehr gute Wärmespeicher. Nach einem heißen Sommertag geben sie noch lange Wärme an ihre Umwelt ab, auch wenn die Sonne schon längst untergegangen ist. Genau auf diese Eigenschaft setzt Future Energy Solution – eine Kooperation von Siemens, Hamburg Energie und der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Im Zentrum ihres Energiespeichers dreht sich deshalb alles um Steine, die dem Schotter in Bahngleisen ganz ähnlich sind. „Überschüssige Energie wird genutzt, um die Steine auf Temperaturen von rund 600 Grad aufzuheizen“, sagt Michael von der Heyde, der an der TU Hamburg-Harburg forscht. Wird wieder Strom gebraucht, leitet man kühle Luft durch das Steinbett. Dabei erhitzt sie sich und die Wärme wird in einem Kessel auf einen Wasserdampfkreislauf übertragen. Eine Dampfturbine produziert dann wieder Strom.

Bei diesem Prozess geht auch Energie verloren. Die Pilotanlage, die Siemens gerade in Hamburg (gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) baut, soll einen Wirkungsgrad von 25 Prozent und eine Speicherkapazität von 36 Megawattstunden haben. Die Turbine leistet 1,5 Megawatt. „Das Ziel lautet, mit dieser Technologie in den Maßstab großer Kraftwerken zu kommen“, sagt von der Heyde, – und dann auch mehr von der eingespeisten Energie wieder zurückzugewinnen.

Lageenergiespeicher

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Auch der Physiker und Ingenieur Eduard Heindl setzt auf Stein. Aber nicht, um so Wärme zu speichern, sondern für eine Art Pumpspeicherwerk. Pumpspeicherwerke sind bisher die Go-To-Energiespeicher. Dabei wird überschüssiger Strom verwendet, um Wasser einen Berg nach oben zu pumpen und bei Bedarf durch Turbinen nach unten laufen zu lassen. Doch: Die Zahl der Orte, an denen Pumpspeicherwerke gebaut werden können, sind begrenzt. „Als möglichen Standort eines Lageenergiespeichers, haben wir in Deutschland hundert Steinbrüche identifiziert“, sagt Heindl. Denn der Lageenergiespeicher ist im Prinzip ein gigantischer, massiver Steinkolben. Um auf acht Gigawattstunden zu kommen, hätte er einen Durchmesser 250 Metern und wäre etwa 340 Metern tief.

Bevor man ihn als Speicher verwenden kann, muss man den Steinkolben aus natürlichem Gestein ausschneiden und abdichten. Dann nutzt man Strom, um Wasser unter ihn zu pumpen. Durch den Wasserdruck hebt sich der Kolben an. In der Nacht – oder wenn sonst Bedarf herrscht – schaltet man die Pumpen in den Generatorbetrieb um. Der Kolben würde sich dann wieder Millimeter für Millimeter senken und dabei das Wasser durch die Turbinen pressen – Wirkungsgrad laut Heindl: 80 Prozent. Das Projekt klingt zwar ungewöhnlich, aber ingenieurstechnisch wäre der Bau möglich. Es gebe auch schon erste Interessenten, erzählt Heindl. In Saudi-Arabien soll bald ein Prototyp gebaut werden.

STENSEA

Auch beim STENSEA-Projekt orientiert man sich an Pumpspeicherkraftwerken. Die Idee: Große, hohle Betonkugeln werden auf dem Meeresboden installiert. Mit überschüssiger Windkraftenergie wird die Kugel leer gepumpt. Besteht wieder Energiebedarf, kann man sie sich mit der Hilfe eines Generators zurückholen, indem man langsam Wasser durch eine Turbine in die Kugel strömen lässt.

Eine kleine Testkugel (mit dem Durchmesser von drei Metern) haben die Wissenschaftler vom Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik bereits einige Wochen lang im Bodensee getestet. Später sollen die Kugeln einen Durchmesser von 30 Metern haben. Gerade in dicht besiedelten Regionen wie zum Beispiel vor den Küsten Japans, den USA oder Norwegens hätten die Meerespumpspeicher ein großes Potenzial, heißt es.

Store and Go

Eine andere Möglichkeit, Strom von Windrädern und Photovoltaikanlagen zu speichern, ist die Technologie „power to gas“. Dabei nutzt man die großen Stromüberschüsse, um Gas zu produzieren. Das funktioniert so: Bei der Elektrolyse (also der Spaltung) von Wasser wird der Strom genutzt, um Wasserstoff und Sauerstoff herzustellen. Der Wasserstoff kann dann mit der Hilfe von Kohlendioxid (oder Kohlenmonoxid) zu Methan umgesetzt werden. Dieses Gas kann man in großen Mengen speichern – und dann ganz unterschiedlich verwenden. „Man kann es zum Beispiel zum Heizen nutzen, als Kraftstoff für Autos oder in Gas- und Dampfturbinenkraftwerken wieder zur Strom machen“, erklärt Thomas Kolb vom Karlsruher Institut für Technologie.

Das von der EU-finanzierte Projekt Store and Go, das von Kolbs Institut koordiniert wird, will jetzt beweisen, dass die „power to gas“-Technologie reif für den Markt ist. In einer der drei Store-and-Go-Testanlagen, die im brandenburgischen Falkenhagen steht, wird zum Beispiel ein neuer Reaktor zur Methanisierung von Wasserstoff getestet. „Wir wollen mit unserer „power-to-gas“-Technologie einen Wirkungsgrad von 75 Prozent erreichen“, sagt Kolb.

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