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Forscher wollen anhand von Wikipedia-Zugriffen die Verbreitung von Grippe voraussagen

von Christopher Pramstaller
Wer in der Wikipedia nach Informationen zur Grippe sucht, könnte damit bald zur besseren Voraussage ihrer Verbreitung beitragen. Zugriffe auf Artikel über die Krankheit sollen schneller Daten über ihr Auftreten bieten – und deutlich bessere Ergebnisse liefern als der Algorithmus, mit dem Google dies auch versucht.

Grippe ist jedes Jahr für Tausende Todesfälle verantwortlich. In den USA sind es pro Grippe-Saison zwischen 3000 und 49.000, in Deutschland waren es im Winter 1995/96  bei ihrem bisher heftigsten Auftreten 24.000 Todesfälle. Sie ist damit hierzulande die Infektionskrankheit mit den meisten Todesopfern. Bessere und umfassendere Voraussagen können die Vorsorge verbessern und damit Leben retten.

Wann eine Grippewelle auftritt und wie sie sich entwickelt, ist schwer vorauszusagen. Daten sind durch das derzeitige Meldesystem ein bis zwei Wochen alt. Erfasst werden damit auch nur Patienten, die tatsächlich zum Arzt gehen und bei denen die Symptome eindeutig festgestellt werden. Erst im Nachhinein ergibt sich ein genaues Bild, in Echtzeit sind die Daten derzeit nicht zu bekommen.

Wikipedia-Zugriffe als Grippe-Indikator

In den USA hat das Center for Disease Control and Prevention (CDC) vor einem Jahr einen Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem Daten aus sozialen Netzwerken und dem Internet genutzt werden sollen, um bessere Vorhersage-Modelle zu entwickeln. Die Lösung von Epidemiologen am Los Alamos National Laboratory in New Mexico: die Klicks der Wikipedia.

Ihre Idee ist, die Veränderung der Zugriffe auf Artikel über Grippe als Indikator zu verwenden, um die Verbreitung der Krankheit zu beobachten. Diese Daten verglichen sie mit den bisher gewonnen Informationen des CDC und entwickelten daraus schließlich einen Algorithmus. Bereits in der vergangenen Grippe-Saison 2013/14 wurde dieser angewendet und lieferte laut Aussage der Epidemiologen sehr gute Resultate.

„Die Zugriffs-Logs der Wikipedia haben eine hohe Korrelation mit den klassisch erhobenen Daten“, sagte einer der Forscher der MIT Technology Review. „Wochen bevor die Daten bisher verfügbar waren, erlauben sie nun eine akkurate Voraussage.“

Bessere Voraussagen als mit Google Flu Trend

Die Forscher aus Los Alamos sind nicht die ersten, die eine Grippe-Voraussage durch Wikipedia-Zugriffszahlen testen. Im April veröffentlichte ein Team um Harvard-Professor John S. Brownstein ein Paper, das ein ähnliches Modell vorschlägt. Der Vorteil gegenüber Google, das mit seinem Flu Trend in die Kritik geraten ist und immer wieder seinen Algorithmus anpassen musste: Wikipedia wird von medialer Berichterstattung nicht so stark beeinflusst wie die Suchmaschine. Erst wenn Menschen bei sich konkrete Symptome ausmachten, würden sie Wikipedia aufrufen. Google hingegen diene als erste Anlaufstelle, um sich allgemeine Informationen und News zu besorgen.

Noch steckt die Forschung zur Vorhersage von Epidemien durch Internetdaten in ihren Anfängen. Sie könnte die Voraussage von Krankheitsentwicklungen bald jedoch schon vereinfachen und konkretisieren. 

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