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Unter Ostfriesland entsteht die größte Batterie der Welt

von Michael Förtsch
Der deutsche Energieversorger EWE will eine Batterie bauen, die ganz Berlin für eine Stunde mit Strom versorgen kann. Gespeichert werden soll die Energie in unterirdischen Salzkavernen, die mit Elektrolyten geflutet werden. WIRED hat mit dem Leiter des Projekts gesprochen. 

Ostfriesland ist für sein plattes Gelände und die idyllischen Küsten bekannt, die von kleinen Leuchttürmen geschmückt sind. Was eher weniger bekannt ist: Hunderte Meter unter der Erde befinden sich zahlreiche Salzstöcke. Durch das Auslösen und Abpumpen des Steinsalzes – die sogenannte Solung – geben sie riesige Kavernen frei. In den teils hunderte Meter in die Tiefe strebenden Hohlräumen werden heute schon Öl und Erdgas eingelagert. Das Unternehmen EWE will dort nun aber auch elektrische Energie abspeichern – und damit auch gleichzeitig die größte Batterie der Welt schaffen. Dafür sollen zwei der großen Hohlgebilde mit Bohrschächten und Pumpsystemen in eine Redox-Flow-Batterie umgewandelt werden.

„Das Prinzip der Redox-Flow-Batterie kommt aus den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts“, sagt uns Ralf Riekenberg von EWE Gasspeicher, Projektleiter beim brine4power getauften Kavernenprojekt. „Die Friedrich-Schiller-Universität Jena hat dieses Batteriesystem in den letzten Jahren optimiert und mit Elektrolyten versehen, die im Vergleich zu anderen Batteriesystemen sehr umweltfreundlich sind.“ Eigentlich werden bei dieser Batteriegattung nämlich Substanzen wie Schwefelsäure und Vandium verwandt. Beim EWE-Projekt sollen es nun Salzwasser und eine mit Kunststoff-Polymeren versetzte Lösung tun. Diese werden in zwei voneinander getrennten Behältern gelagert. Treffen sie getrennt durch eine Membran aufeinander, kommt es zum Ionenaustausch: Die Energie wird als elektrischer Strom freigegeben.

Dieses Prinzip soll damit im gigantischen Maßstab umsetzt werden. Momentan ist EWE noch auf der Suche nach den passenden Salzstockstrukturen. „Auf welchem unserer vier Speicherstandorte wir dann tatsächlich als erstes Kavernen für die Stromspeicherung nutzen werden, wird momentan noch untersucht“, gibt Riekenberg an. Denn angestrebt wird eine Batterie, die immerhin die Bürger von Berlin für eine Stunde mit Energie versorgen kann oder eine Kleinstadt für einen ganzen Tag. Das bedeutet eine Kapazität von 700 Megawattstunden – mehr als das fünffache der Tesla-Batteriefarm, die in Australien entsteht. Dafür sind zwei Kavernen mit je 100.000 Kubikmetern Volumen nötig. Bis Ende des Jahres 2023 könne die Mega-Batterie aber wohl als Pilotanlage in Betrieb gehen.

Davor würde aber noch viel getestet und austariert. „Noch in diesem Jahr soll eine kleine Testanlage mit 40 Kilowattstunden Speicherkapazität entstehen“, sagt Riekenberg. Die würde im Speicherwerk im ostfriesischen Jemgum gebaut und so groß ausfallen wie ein Schiffscontainer. Wobei das Grundprinzip exakt das gleiche sei wie für die natürlichen Gesteinskavernen: Zwei getrennte Tanks und eine galvanische Zelle, aus der die Energie gezogen wird. „Bis Ende 2018 wollen wir einen Prototyp mit bereits 500 bis 2500 Kilowattstunden Speicherkapazität und 100 bis 500 Kilowatt Leistung bauen“, führt der Ingenieur den Zeitplan weiter aus. „Aber da vieles an dieser Technik noch neu und nicht erprobt ist, sind das wirklich noch Terminwünsche.“

Gelänge aber alles, wie es sich die EWE-Ingenieure vorstellen, dann könnten die Kavernenbatterien zum „Schlüssel für das Gelingen der Energiewende“ werden. Denn wo entsprechende geologische Voraussetzungen gegeben sind, könnten sie eine günstige und vergleichsweise unkomplizierte Alternative zu Pumpspeicherkraftwerken oder Batteriefarmen wie von Tesla darstellen. In großer Menge könnten sie Energie von Solar- oder Windkraftanlagen auffangen und wieder bereitstellen. Aber vor allem: Das Redox-Flow-Prinzip skaliert. „Die Leistung der Batterie wird über die Menge des verpumpten Elektrolyts verändert“, sagt Riekenberg. Mit größeren Kavernen oder künstlichen Flüssigkeitsspeichern könnten also auch immer größere Batterien geschaffen werden.

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