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Ernährung angepasst an eure DNA – geht das?

von Anna Schughart
Gib mir deine DNA und ich sage dir, was du essen sollst. Passgenau zugeschnittene Ernährungsempfehlungen werden zum Gesundheitstrend. Aber gibt es den Zusammenhang zwischen Genen und Nahrung überhaupt wirklich?

Die Unternehmen behaupten: „Wir schaffen eine wahrhaftig personalisierte Lösung, um dich aufzuschlüsseln“. Sie versprechen, ihre „Leidenschaft für Essen mit Wissenschaft“ zu verbinden. Und sie versuchten, Ernährung und Fitness auf die Gene ihrer Kunden abzustimmen.

Besagte Unternehmen heißen Habit, CoGAP, DNAfit – und hinter ihnen allen steckt die gleiche Idee: Ernährung ist persönlich. Zwar ist der Großteil der DNA bei Menschen identisch, aber trotzdem gibt es Unterschiede – und die haben Folgen. Warum also, so die Einstellung der Firmen, sollte die DNA einer Person nicht auch beeinflussen, wie sie Nährstoffe verarbeitet? Ob sie schneller dick wird? Oder, ob sie bestimmte Nahrungsmittel besser oder schlechter verträgt?

Tatsächlich: Für das so genannte FTO-Gen wurde so ein Zusammenhang nachgewiesen. Eine Mutation in diesem DNA-Bereich führt zu einem erhöhten Risiko, übergewichtig zu werden. Anderen Menschen wiederum fehlt etwa ein  Enzym, um bestimmte Aminosäuren abzubauen. Weil die aber in Milcherzeugnissen, Fleisch oder Fisch vorkommen, sollten Betroffene solche Nahrung besser vermeiden.

Und so poppt ein Unternehmen für intelligente Nahrung nach dem anderen auf. Habit, eines der neusten Startups in diesem Bereich, will beispielsweise bald seine ersten Testkits verschicken. Ein Labor werde dann „die DNA analysieren und das Level der Ernährungsbiomarker im Blut messen“. Ein Bild soll davon entstehen, wie die Systeme im Körper des Kunden zusammenwirken. Eine so genannte Nutrition Intelligence Engine ermittle dann den passenden Ernährungs-Typus und gebe Ratschläge. Auch die passenden Gerichte will Habit gleich mitliefern.

Die Nachrichtenseite Vox wollte herausfinden, wie das wissenschaftliche Prinzip hinter Habit funktioniert und stieß auf zwei Probleme: Die Firma hat ihren Ansatz (noch) nicht getestet und will auch nicht den Algorithmus verraten, mit dem ihr System angeblich funktioniert. Die Versprechen, die Unternehmen der Branche machen, sind momentan nicht einzulösen, glauben viele Wissenschaftler.

„Firmen, die persönliche Ernährungsratschläge anbieten, warten nicht auf die Beweise“, sagte etwa der Direktor des Human Nutrition Research Center an der Newcastle University, John Mathers, zur New York Times. So klar wie es scheint, seien die Zusammenhänge nicht.

Auch Hannelore Daniel von der TU München hält  Ernährungsberatung aufgrund von DNA-Analysen für intransparent: Man könne den Nutzen kaum einschätzen, weil „ich meist nicht einmal erfahre, auf welcher Basis die Empfehlung beruht.“ Daniel bezweifelt, dass die DNA-Ernährungsberatung überhaupt etwas bringt. In der europäischen Food4Me-Studie, an der Daniel beteiligt war, kamen die Forscher zum Ergebnis: Menschen ändern ihre Essgewohnheiten auch dann nicht, wenn man ihnen Empfehlungen auf Grundlage ihrer DNA gibt.

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Sollte man also aufhören, Gene und ihre Auswirkung auf den Stoffwechsel zu untersuchen? Georgne Patrinos von der Universität Patras hat untersucht, ob es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Genen und nährstoffbezogenen Krankheiten gibt. Er betrachtete dazu 38 Gene, die vermutlich einen Einfluss haben. Das Ergebnis: Bei keinem der 38 Genen konnte „ein statistisch signifikanter Zusammenhang identifiziert werden“, sagt Patrinos.

Patrinos glaubt dennoch, dass eine personalisierte DNA-Ernährung möglich, ja sogar in den nächsten Jahren wahrscheinlich ist. „Eine DNA-Diät hätten den Vorteil, dass Krankheiten, die mit der Nährstoffaufnahme zusammenhängen, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes, unwahrscheinlicher werden“, sagt Patrinos. „Die Lebensqualität der Menschen würde sich verbessern und die Gesundheitsausgaben würden reduziert.“

Bis es so weit sei, brauche es aber noch viel Forschung. Vor funktionsfähigen Tests stehe eine „gründliche und kontinuierliche Forschung, um den Zusammenhang zwischen genetischen Biomarkern, Nahrungsaufnahme und Krankheiten zu etablieren“, sagt Patrinos.

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