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Diese Uhr könnte unsere Vorstellung von Zeit verändern

von Christopher Pramstaller
Zeit ist das wohl eigenartigste Konstrukt der Physik. Nichts können wir genauer messen als sie. Wenn es darum geht zu beschreiben, was sie genau ist, wird es aber ziemlich schwierig. Eine neue Atomuhr in den USA misst Zeit noch viel genauer, als es bisher möglich war – und könnte damit unsere Vorstellung von ihr verändern.

In Boulder, Colorado, steht am National Institute of Standards and Technology eine der bisher akkuratesten Uhren der Welt. Sie ist America’s Master Clock, eine von über 260 Atomuhren an über 60 Instituten weltweit, die ihre Signale an das Bureau International des Poids et Mesures in Paris melden. Dort wird die Internationale Atomzeit als die Referenzeit der Welt festlegt. Jener Standard, nach dem wir unsere Wecker stellen, Züge fahren und abends das Licht ausmachen.

America’s Master Clock nutzt die Oszillation von Cäsium, um die Zeit auf 0.0000000000000001 Sekunden genau zu messen. Selbst wenn sie vor 300 Millionen Jahren gestartet worden wäre, würde sie auch heute noch die exakte Zeit anzeigen – auf die Sekunde genau.

Exakte Zeitmessung für fünf Milliarden Jahre

Nur wenige Kilometer entfernt hat ein Forscher-Team um den Physiker Jun Ye nun jedoch eine Uhr entwickelt, die noch viel genauer die Zeit messen kann. Im Basement Lab der University of Colorado Boulder haben sie die Zeitmessung so genau gemacht, dass sie die absolut exakte Zeit für die nächsten fünf Milliarden Jahre feststellen kann. Das ist ungefähr so lange, wie die Erde bisher existiert.

Im Kern dieser Uhr ist das Element Strontium. In einer extrem abgekühlten kleinen Kammer werden die Strontium-Atome in ein Netz von Laserstrahlen gesteuert. Anschließend werden sie von den Forschern angestoßen. Ihre Schwingung ist das tickende Metronom, das die Zeit misst.
Mit der Uhr gibt es jedoch ein Problem: Was wir Zeit nennen, tickt mit ihr nicht an allen Orten gleich.

In diesem Moment vergeht die Zeit auf dem Mount Everest ein kleines bisschen schneller als in Hamburg. Der Grund dafür ist, dass Zeit abhängig von Schwerkraft ist. An verschiedenen Orten im Gravitationsfeld verstreicht sie unterschiedlich schnell. Albert Einstein hat dieses Phänomen als Teil seiner Relativitätstheorie beschrieben.

Wie der Forscher Ye dem US-amerikanischen Sender NPR beschreibt, braucht es keine Extreme um dieses Phänomen zu beobachten. Würde man eine Uhr vom Boden aufheben und an die Wand hängen, so würde sie um einen Teil von 10 hoch 16 beschleunigen.

Zeit vergeht an der Wand schneller als auf dem Boden

Das ist zwar nur eine Winzigkeit, doch hat sie große Auswirkungen. Denn die Gravitation hat keinen Einfluss auf die mechanischen Komponenten der Uhr und lässt sie deshalb unterschiedlich schnell laufen. Es ist die Zeit selbst, die an der Wand schneller vergeht als auf dem Boden.

Die neue Uhr misst so exakt, dass sie selbst die kleinsten Veränderungen feststellen kann. Wenn ihre Entfernung zum Erdmittelpunkt um nur wenige Zentimeter verändert wird, registriert sie das schon. Zwei dieser Uhren würden nie exakt gleich laufen können.

Die einzige Möglichkeit, um mit den Strontium-Uhren die Zeit synchron halten zu können, wäre, wenn man sie ins All schießt. Weit weg von der Erdoberfläche und der Schwerkraft. Dort könnten sie ihre Zeit in etwa gleich halten und unsere Vorstellung von Tagen, Stunden und Sekunden weiter existieren lassen.

So verwirrend diese Uhren für unsere Vorstellung von Zeit sind: Sie könnten sehr nützlich sein. Wissenschaftler könnten mithilfe ihrer extremen Sensibilität beispielsweise das Innere der Erde kartographieren und Ressourcen entdecken. Im Weltall könnten sie Gravitationswellen von Schwarzen Löchern oder explodierenden Sternen aufspüren. 

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