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Das deutsche Team beim Lunar X Prize will mehr als nur den Mond erreichen

von Karsten Lemm
Ein Landemodul, das sich flexibel an jede Trägerrakete anpassen kann: Damit wollen die Part Time Scientists aus Berlin den Lunar X Prize gewinnen, Googles privates Rennen zum Mond. Es winkt ein Millionengeschäft – selbst wenn andere das Preisgeld holen.

Wer sich zu früh festlegt, hat im Rennen zum Mond vielleicht schon verloren. Jede Rakete sieht anders aus, eine Ariane der ESA hat zum Beispiel andere Dimensionen als eine Falcon 9 von Space X. Was also tun, wenn man flexibel bleiben will, weil in der Raumfahrt immer mal unvorhersehbare Dinge passieren? Die Lösung der Part-Time Scientists aus Berlin, dem deutschen Team im Rennen um den Google Lunar X Prize: ein Landemodul, das sich flexibel an seine Umgebung anpassen kann.

Nach acht Jahren Tüfteln haben die Ingenieure um Robert Böhme am Donnerstagabend in Berlin ALINA vorgestellt, das Autonomous Landing and Navigation Module für ihre Mondmission. Das 330 Kilogramm schwere Trägersystem soll Ende 2017 zwei Rover und eine Reihe von wissenschaftlichen Experimenten zum Mond bringen. Der Vertrag mit Space X für den Flug ins All sei so gut wie unterschrieben, erklärt Böhme gegenüber WIRED – aber falls doch noch etwas dazwischen kommen sollte, habe sein Team theoretisch die Möglichkeit, auf eine andere Rakete umzusteigen: „ALINA ist nicht zugeschnitten auf ein bestimmtes Launch Vehicle“, sagt Böhme.

Sieben Kameras verleihen dem Modul, das eigenständig landen soll, Rundumblick. Acht Triebwerke an der Unterseite erlauben es ALINA, präzise zur Landestelle zu manövrieren – um dann, wenn die Triebwerke ausgeschaltet werden, federleicht im Mondstaub aufzusetzen. Zu den Besonderheiten des Landemoduls, das weitgehend aus ultraleichten Karbonfasern besteht, gehören Tanks von variabler Größe, Beine, die sich wegklappen lassen, und seine flexible Höhe – je nach Platzangebot in der Trägerrakete kann ALINA den Kopf einziehen oder ein paar Zentimeter größer werden.

Dabei denken die Erfinder auch an Missionen jenseits des Google-Wettbewerbs, der dem Gewinner 20 Millionen Dollar Preisgeld verspricht. Zwischen 2018 und 2030 gebe es Bedarf für „bis zu sechs Nachfolge-Missionen“, schätzen die Ingenieure. Etwa, um Nutzlasten zum Mond zu bringen oder Satelliten in die Mond-Umlaufbahn zu schießen.

Beim ersten Flug will das deutsche Team unter anderem eine neuartige Multispektrum-Kamera testen und im Auftrag der NASA untersuchen, warum Pflanzen im Weltall anfangen zu tanzen: Versuche auf der Internationalen Raumstation ISS zeigen, dass Pflanzen, die ohne Einfluss der Schwerkraft wachsen, dabei hin und her schwanken. „Eine sehr spannende Frage ist, ob die Pflanzen auch auf dem Mond anfangen zu tanzen“, sagt Böhme. Dort beträgt die Schwerkraft lediglich ein Sechstel dessen, was Pflanzen von der Erde kennen.

Doch zuerst müssen die 35 Part Time Scientists den Weg ans Ziel finden. Ein Teil der ehemaligen Hobby-Raumfahrer widmet sich inzwischen Vollzeit dem Projekt – von Audi finanziell unterstützt und technisch beraten. Auf dem Spiel steht nicht nur das Preisgeld, sondern auch ein womöglich sehr einträgliches Geschäft. Bei etwa 35 Millionen Euro Kosten für ALINA und die Raketenmiete könnte es schnell profitabel werden, Lasten zum Mond zu fliegen, rechnet Böhme vor: „Wir können ALINA zu einem Preis anbieten, bei dem es sich auch für uns lohnt, dass wir es machen.“ Eine komplett ausgebuchte Mission würde 70 Millionen Euro einbringen – ein stattliches Plus von 35 Millionen.

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Da wäre es dann fast schon egal, ob die Berliner sich am Ende gegen die übrigen 15 Teams durchsetzen, die mit ihnen um den Lunar X Prize streiten. Der 2007 ausgeschriebene Wettbewerb verspricht dem ersten Team 20 Millionen Dollar, dem es gelingt, mit privaten Mitteln ein Fahrzeug zum Mond zu schicken, das mindestens 500 Meter weit fährt und dabei hochauflösende Bilder zur Erde zurücksendet. Um auf Nummer sicher zu gehen, wollen die Part Time Scientists gleich zwei Rover mit ALINA auf die Reise schicken – sie sollen platzsparend an der Seite des Landemoduls hängen.

Bei einem Gewicht von jeweils zehn Kilogramm bleiben weitere 80 Kilo, die ALINA tragen kann. Sie werden Interessenten als Nutzlast zum Kauf angeboten. Kostenpunkt: 800.000 Euro für das erste Kilogramm. Wer mehr bucht, bekommt Rabatt. 

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